Eichstätt
Wenn es södert, stoibert und aiwangert

Kabarettist Wolfgang Krebs begeisterte mit "Geh zu, bleib da!" 250 Besucher im Alten Stadttheater

12.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:25 Uhr
  −Foto: Buckl

Eichstätt (EK) Man weiß ja, dass Wolfgang Krebs ein großer Komödiant und begnadeter Stimmen-Imitator ist, das akustische Chamäleon unter den Kabarettisten.

Aber am Freitag konnte man auch erfahren, mit welcher Spontaneität er sein Programm aktualisieren kann. Das Publikum konnte an diesem Abend in der Polit-Revue "Geh zu, bleib da! " erleben, wie geschickt Krebs Nachrichten vom selben Tag darin einbaute: So spielte Stoibers Ehrung in Ungarn eine kleine, die Entdeckung von "Udo", dem zwölf Millionen Jahre alten Zweibeiner "Danuvius Guggenmosi" sogar eine große Rolle - sehr zum Vergnügen der nahezu 250 Besucher, die mit dem Kaufbeurer wieder einen grandiosen Abend erlebten.

Das Thema dieses sechsten Solo-Programms von Krebs ist das Verhältnis von Stadt und Land: Als Vorsitzender aller 30 Vereine seines "ganz weit hinten" gelegenen Heimatortes Untergamskobenzeißgrubengernhaferlverdimmering", wo man in der Kneipe noch in Mark bezahlt und wo es mit dem Wolfi und dem Gustl nur zwei SPD-Wähler gibt ("Woher ich das weiß? Ja, ich bin auch Wahlvorstand"), führt Schorsch Scheberl durch den Abend, dem es darum geht, die Landflucht zu stoppen und die Dörfler im Dorf zu behalten. Dazu hat er diverse Politgrößen als Gastredner eingeladen. Zu hören sind auch die Bayerischen Löwen, die Krebs in diesem Programm nur in Eichstätt als Musiker zur Seite stehen und die sich einerseits als mit Verve und Vitalität agierende Bläser zeigen ("Mia spuin Blech, Blech, Blech-Blas-Rock'n'Roll"), in ihren Songtexten aber auch Kostproben eines recht schrill-schrägen Humors ablegen. Zwischen den einzelnen Auftritten sind Werbespots zu hören, die durchweg Produkte preisen, die allesamt der Scheberl-Holding zuzuordnen sind.

Es treten auf: Als Welterklärer Edmund Stoiber, der "den lieben Eichendörffern" darlegt, warum Großbritannien mit dem Brexit zu Kleinbritannien schrumpft und vor der "gelben Gefahr - im Weißen Haus" warnt, oder als Eichstätt-Fan Horst Seehofer: "Hier ist man weit genug weg von Angela Merkel - und nah genug dran an Markus Söder! " Weiter sind, stets mit passender Perücke, zu hören Markus Söder als Aktivist für den Umweltschutz ("Wir pflanzen in fünf Jahren 30 Millionen Bäume - oder war's andersrum? ") und "Gschaftl-Hubert" Aiwanger, der zu gehäufter Abtönung heller Vokale neigt, wenn von "Opfelsoft, Ononos, Ponomo-Hüten und Onokondos" die Rede ist, sowie König Ludwig, der es mit Johannes Heesters hält: "Seit Jahren tot, aber noch kein einziger Termin abgesagt! "

Krebs präsentiert sich hier aber auch als Wolfgang Krebs, ohne Perücke, um so Joachim Gauck und Inge Meysel zu intonieren. Ihr Fett weg kriegen Verteidigungs-Ministerin AKK ("Wenn die zurücktritt, wird beim Großen Zapfenstreich ,O happy Day! ' geblasen") oder der Siemens-Konzern, der zunächst für einen Welt-Milchkonzern gehalten wird, weil der Chef Käser heißt.

Krebs brilliert mit kreativen Wortspielen ("Die Franzosen mit ihren Gelbwesten und die Italiener mit ihren Geldresten"), mit denkwürdigen Sentenzen (da kommt Stoiber "aus einer Vergangenheit, wo wir noch eine Zukunft hatten") und mit Versprechern, wenn er "diese Greta Garbo aus Schweden" als Gründerin der "Fridays for Future" sieht, die Koalition mit den Freien Wählern zur "Kopulation mit den Freien Quälern" gerät und "die Spitze der Pandora" geöffnet wird. Knallharte Kritik kleidet Krebs in markige Vergleiche: "Das Bau-Kindergeld hilft den Familien so viel wie zwei Eimer Wasser dem örtlichen Schwimmbad. " Und er serviert auch skurrile Gags, wenn er vorschlägt, wie man den schulischen Lehrplan straffen kann, etwa im Fach Geografie: "Bald fallen mit dem Klimawandel ja viele Inseln weg", oder wie sich der Schadstoff-Ausstoß verringern lässt - indem Andreas Scheuer in weniger Mikrofone spricht. Und er hat eine plausible Erklärung, warum Genschers Satz "Ich bin gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Nacht Ihre Ausreise?" abrupt endet: Da brach der Text auf dem Zettel ab.

Nicht zuletzt lotet Krebs "Grenzen der Peinlichkeit" aus (die liegen "zwischen Kanada und Mexiko") und appelliert an die Wähler "außerhalb und innerhalb der Urnen". Kurzum: Krebs zündete ein Pointen-Feuerwerk, das in der Erinnerung der Besucher noch lange nachglimmen wird.

Walter Buckl