Eichstätt
Wenn der Klapprechner von Apfel stammt

18.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr
Denkerpose mit Gutmann-Weizen: Fatih Cevikkollu −Foto: smo

Eichstätt (EK) Eines kann Fatih Cevikkollu verdammt gut: reden. Bewiesen hat er das bei seinem ersten Auftritt im Gutmann am Sonntagabend. Und selbst bemerkt hat er es spätestens, als er nach rund anderthalb Stunden auf die Uhr blicken ließ und feststellte, dass erst der erste Teil seines Programms vorbei ist.

Bis nach 23 Uhr sezierte der Kölner zum Amüsement der Eichstätter die deutsche Sprache und die Gesellschaft – immer im Tenor "Ich bin Türke, und ihr" Und so ganz nebenbei machte Fatih Cevikkollu (Cevikkollu über Cevikkollu: "Seine Tarnung war perfekt: Er kam als Kabarettist") noch Werbung für die Hausmarke der Kleinkunstbühne – sicher zur Freude von Brauerei-Junior Fritz Gutmann, der sich im Publikum befand. "Ich bin bei Euch, weil Gutmann das beste Bier der Welt ist." Er trinke zwar sonst nie Alkohol auf der Bühne, aber in Eichstätt müsse das sein – zwei Halbe ließ er sich während des Programms servieren.

 
Und urplötzlich wird er ernst: "Was ist aus Eurer Sprache geworden" Es sei völlig "okay", deutsch zu denken, schließlich habe man "den Krieg verloren, nicht die Sprache", meinte er. Und die Amerikaner hätten damals ja das Land "nur besetzt, nicht besprochen", das dürfe man nicht vergessen.

Weit ausholend – manchmal leider fast ein bisschen zu langatmig – schimpft er über die Anglizismen in der Welt und lässt ganz bewusst so manchen einmal weg. Dann hat das Auto plötzlich einen Prallsack und der Klapprechner kommt von Apfel. "Wenn wir früher international sein wollten, haben wir bombardiert, heute lernen wir die entsprechende Sprache."

Messerscharf und meistens punktgenau bringt Fatih Cevikkollu, dessen Programm "Komm zu Fatih" sein zweites Solokabarett ist, die Pointen ins Publikum, das ihm dann auch einmal gerne ins Wort fällt, verbessert oder Bayerisch beibringt. "Basst scho" ist schließlich am Ende des Abends das Lieblingswort des Rheinländers mit türkischen Wurzeln: "Ich seh aus wie Ali, spreche aber wie Hans."

Man muss Fatih Cevikkollu unwahrscheinlichen Respekt zollen, wie er auf der Bühne mit der Sprache balanciert, sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt und auch nach gelegentlichen Ausflügen, die er in der Konversation mit dem Publikum unternahm, wieder schnell zurückfindet zu seinem eigentlichen roten Faden.

Der wird im zweiten Teil die Erzählung von den Stunden, in denen er und seine Frau die Geburt des gemeinsamen Kindes erleben. "Ich musste nur eines tun: Hand halten und Fresse halten." Man hätte schon fast das Gefühl gehabt, live dabei zu sein, so detailliert und eindrucksvoll schildert Cevikkollu die 18 Stunden bis zu dem Moment, "der so viel größer ist, als du es selber bist". Stille. Punktlandung. Eindrucksvoller geht es nicht. Seine Drohung wird er schon nicht wahr machen und "nie wieder" nach Eichstätt kommen. Schad’ wär’s.