Unterpindhart
Wenig sittsam, aber wirkungsvoll

Bei seiner Premiere in Unterpindhart sagt Ole Lehmann der Intoleranz mit Witz den Kampf an

15.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

"Erfrischend anders", so das Urteil von Besuchern, präsentierte sich Comedian Ole Lehmann bei seinem ersten Gastspiel auf der Unterpindharter Kleinkunstbühne. - Foto: Zurek

Unterpindhart (GZ) Ole Lehmann? Vor dessen erstem Auftritt war dieser Name für viele Stammgäste des Pindharter Brettls mit einem dicken Fragezeichen versehen. Nach einem amüsanten Sonntagabend lautete das Urteil über den Comedian: "erfrischend anders".

Zur Begrüßung wabern Nebelschwaden über die Bühne, buntes Discolicht pulsiert im Takt von "Money Money" durch den Saal und Ole betritt die Bühne. Und stellt sogleich klar: Wenn man von ihm - einem bekennenden Schwulen auf der Suche nach einem "Tagesabschluss-Gefährten" - Niveau erwarte, "kommen wir heut Abend hier nicht zusammen". Dass prüde Gemüter angesichts eines Wahl-Berliners mit Spaß an derben Witzen zunächst Berührungsängste haben würden, sieht er voraus. Und haut als Eisbrecher einfach mal ein paar Zoten raus. Um dann - politisch alles andere als korrekt oder gar sittsam, aber äußerst unterhaltsam - sein Credo "Geiz ist ungeil" zum Programm zu erheben. Die Kernbotschaft: Vor allem mit Humor sollte man nicht geizen. Weil Witze eine befreiende Wirkung haben. Allerdings nur, wenn sie nicht zensiert werden. Wer nicht mehr von Glatzköpfigkeit spricht, sondern von "Haar-Intoleranz" verfehlt sein Ziel.

Lehmanns Konzept würde "in die Hose gehen", wäre es tatsächlich so niveaulos, wie eingangs angekündigt. Aber das ist es eben gerade nicht. Kein Gag kommt um seiner selbst Willen daher. Stattdessen entlarvt er Homophobie und Fremdenfeindlichkeit stellvertretend für Vorurteile an sich. Ganz gemäß dem "Kulturauftrag" eines Comedian, der für Lehmann im "Verarschen dummer Menschen" besteht. Und die gibt es, wie er mit Szenen aus seinem Leben belegt, zuhauf. Schauspielerisch perfekt schlüpft der Musicaldarsteller mit klassischer Ausbildung und Theatererfahrung in die Rolle der esoterischen Öko-Tusse, der freundlich-sadistischen Thai-Masseurin und der mies gelaunten Dame an der Biomarktkasse, Oder in die des jungen Mannes, der sich davor fürchtet, durch "Tröpfcheninfektion" homosexuell zu werden. Voller Sarkasmus und Ironie nimmt Lehmann sich und andere auf die Schippe. Sein Plädoyer für eine Welt, in der für alle gilt: "Scheißegal, wie man lebt - Hauptsache man ist glücklich" kommt an.

Weil er auch selber glücklich sein möchte, tut er denn auch Dinge, die eigentlich gar nicht zum Programm passen. Singt zum Beispiel mit geschulter Stimme "I don't like Mondays" oder "Walkin €˜ in Memphis" und erntet nicht nur dafür Bravorufe.