München
Weltraumfieber in der Kunst

Zum 50. Jahrestag der Landung auf dem Mond: Eine Ausstellung der Münchner Eres-Stiftung verspricht "Null Schwerkraft"

22.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:53 Uhr
Unglaublicher Fortschritt: Rauminstallation von Peter Kogler. −Foto: Dashuber

München (DK) Zu Anfang glaubt man, noch festen Boden unter den Füßen zu haben. Doch je länger man sich in den verschachtelten Räumen der Eres-Stiftung aufhält, desto schwankender werden Schritte, desto unsicherer wird die Wahrnehmung.

"Zero Gravity" - "Null Schwerkraft" verspricht die Schau, die aus Anlass des 50. Jahrestages der Landung von Apollo 11 auf dem Mond Exponate aus Kunst und Wissenschaft vereint.

Die Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 ist fest verankert im kollektiven Gedächtnis: Jeder weiß, wo er sich damals aufgehalten hat - sofern er schon auf der Welt war. Für die einen ein unglaublicher Fortschritt, eine Wirklichkeit gewordene Science-Fiction, für die anderen eine Entzauberung des fernen, schönen Satelliten der Erde. Wer wissen will, wie es sich für die Astronauten anfühlte, der begibt sich in den Galerieräumen der Eres-Stiftung in ein Ambiente, das zunehmend verunsichert. Peter Kogler, Mit-Kurator der Schau, hat die Wände und den Boden mit einer Folie verspiegelt, auf der ein Netz von gebogenen Linien die Koordinaten des Alltags außer Kraft setzt. Da braucht es kaum noch die mit Helium-Gas gefüllten Kissen, die sanft schaukelnd in der Luft schweben, um sich außerirdisch zu fühlen.

In die Räume hineingestellt und -gehängt sind Kunstobjekte und Gegenstände der Raumfahrt. Der Anzug von Astronaut Armstrong ist zwar eine Replik aus dem Technikmuseum in Speyer, aber die Tüte Grapefruitsaft ist tatsächlich zum Mond und wieder zurück zur Erde geflogen. Das Abbild eines Astronauten hat Peter Kogler auf Aluminium gedruckt und auf die verspiegelte Wand gehängt, in einem anderen Raum befindet sich das Abbild einer Frau als Siebdruck auf spiegelpoliertem Edelstahl von Michelangelo Pistoletto aus dem Jahr 1966.

Spannend ist, wie vielfältig die Auseinandersetzung mit Weltraum und Mondfahrt in den 1960er-Jahren erfolgte. Anna Jermolaewa hat in einer Collage Briefmarken zu den russischen Fortschritten der Weltraum-Eroberung gesammelt - über die amerikanische Mondlandung wurde in der Sowjetunion zunächst nicht berichtet. Die Pressefotos der Nasa und die Live-Berichterstattung - auch diese Medien sind zu sehen - fügen sich nahtlos ein in die Kunst der Zeit wie etwa die Film-Serie "2001: Odyssee im Weltall" von Stanley Kubrik oder James Bonds "Diamantenfieber". Die Weltraum-Begeisterung schlug sich auch in der Architektur nieder, zu sehen an dem Modell "The Cloud" - "Die Wolke" vom Architekturbüro COOP HIMMEL(B)LAU, 1968 als Gebilde aus Plexiglas-Halbkugeln geplant mit dem Zweck, als autonomes Biotop zu funktionieren. Es sieht aus, als sei ein monumentaler Astronautenhelm auf die Erde gefallen.

Werke von Sigmar Polke, Andy Warhol, Dan Flavin, Richard Serra oder Sol LeWitt sowie die LP der Rolling Stones "2,000 Light Years from Home" (1967) dokumentieren das damalige "Weltraum-Fieber" in der Kunst. Aber vielleicht sind in dieser Ausstellung nicht die Objekte der Kunst, sondern tatsächlich die Exponate aus der Wissenschaft besonders spannend. So zum Beispiel eine Aufnahme der Mondoberfläche aus dem Jahr 1902 von Maurice Loewy, die nur deshalb so detailreich und scharf ist, weil sich die Kamera ganz langsam im Rhythmus des Mondes mitbewegte. Und ganz behutsam sollten sich auch die Besucherinnen und Besucher dieser Ausstellung bewegen - sonst könnte sie die spiegelnde Galeriewelt von "Null Schwerkraft" aus dem Gleichgewicht bringen.

Bis zum 30. November in der Eres-Stiftung, Römerstr. 15, 80801 München, geöffnet Dienstag, Mittwoch, Samstag 11 bis 17 Uhr. Begleitprogramm unter www.eres-stiftung.de

Annette Krauß