Berlin
Wege aus dem Dauerstau

Datensammler aus Mexiko-Stadt gewinnt Audi Urban Future Award

10.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:00 Uhr

Berlin/Ingolstadt (DK) Er ist mit 100 000 Euro der höchst dotierte Preis weltweit für Mobilitätslösungen für die Städte der Zukunft. Gestern wurde der dritte Audi Urban Future Award in Berlin an ein Architektenteam aus Mexiko-Stadt vergeben. Es setzte sich gegen Experten aus Berlin, Seoul und Boston durch.

Die Freude war immens bei den Gewinnern – und die Spannung zuvor ebenfalls, bis die neunköpfige, international besetzte Jury den Sieger bekannt gab. Denn bei allen Wettbewerbsteilnehmern spielte die Vernetzung von Daten in Verbindung mit technologischem Fortschritt – in Infrastruktur, Städteplanung und in den Entwicklungsabteilungen der Autobauer die entscheidende Rolle. Verbindend war bei aller Unterschiedlichkeit der Visionen die Überzeugung, dadurch den Lebensraum in den Städten wesentlich zu verbessern und individuelle Lösungen für die Verkehrsteilnehmer und Bewohner zu bieten.

„Weniger Lärm, saubere Luft, mehr Lebensraum, mehr Lebensqualität – das ist unsere Vorstellung von Mobilität der Zukunft“ sagte gestern bei der Preisverleihung Audi-Vorstandsvorsitzender Rupert Stadler, der am Vorabend auch zum Abschluss der Berliner Falling Walls Conference gesprochen hatte. Die Herausforderungen der Zukunft seien Urbanisierung und Digitalisierung, so Stadler. „Die beiden Megatrends werden die Mobilität der Metropolen radikal verändern.“ Mit moderner Technologie, die Verkehrsbewegungen vorhersehbar mache, lasse sich jedoch auch der städtische Raum besser nutzen. „Intelligentere Verkehrsleitsysteme, die Muster des städtischen Lebens erkennen und so Bewegungen von Menschen vorhersagen, können dabei helfen, das Straßennetz gleichmäßiger auszulasten.“

Von aktuellen Daten über Verkehrsströme in der Megastadt Mexiko-Stadt können die Fachleute nur träumen. Fakt ist jedoch, dass die Menschen zweieinhalb Stunden im Schnitt für den Weg ins Büro und zurück brauchen – meist im Stau stehend. Und eben dort setzten der Städteplaner Jose Castillo, der IT-Experte Carlos Gershenson und die Leiterin des Innovationslabors der Stadt, Gabriella Gomez-Mont, an. Sie setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe: Pendler werden – freiwillig und anonymisiert – zu Datenspendern.

Castillo spricht dabei von einer „Bürgerbeteiligung 2.0“. 14 000 Datensätze hat das Team bereits gesammelt. „Die Menschen stellen ihre sensiblen Mobilitätsdaten der Allgemeinheit zur Verfügung, wenn der individuelle Nutzen größer ist als Datenschutzbedenken“, sagt Castillo. „Denn das Problem Dauerstau ist die Bremse einer ganzen Gesellschaft.“ In Zusammenarbeit mit Unternehmen und städtischen Institutionen wird daraus eine öffentliche Datenbank, „ein Betriebssystem für urbane Mobilität“, das in Echtzeit über die Schwachstellen im Verkehrsnetz informiert. Nach und nach können die Menschen ihr Verhalten an die Vorhersagen anpassen und so wiederum selbst den Verkehr beeinflussen.

Doch nicht nur die Städte profitieren von den Ideen. Die Erkenntnisse aus dem Urban Future Award fließen im regen Austausch mit den Wettbewerbsteilnehmern in die Abteilungen des Ingolstädter Autobauers, der seinerseits Partnerschaften mit Städten anstrebt: der Urban Future Award als Plattform, als Ideenschmiede für die Mobilität der Zukunft, die schon längst begonnen hat.