Warum alle deutschen Männer Helmut heißen

Zum 70. Geburtstag eines früheren Zweiten Bürgermeisters

22.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:28 Uhr

Trägt gern kariert: Helmut Eikam (l.), der diesen Sonntag seinen 70. Geburtstag feiert, hier mit dem früheren Thiersnoiser Bürgermeister Maurice Adevah-Poeuf (r.) - Fotos: SZ-Archiv

Frankophil

In Anlehnung an ein bekanntes französisches Volkslied nannte er sein Buch, in dem er Anekdoten um die Städtepartnerschaften zusammentrug, „Sur le Pont“, auf Deutsch „Auf der Brück' (von Avignon)“: Helmut Eikam. Als dreijähriger Bub an der Hand seiner Mutter aus dem Sudetenland vertrieben, gehört er zu der Generation, die die Folgen durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs bewusst erlebt hat und daraus die Konsequenz zog: nie wieder Krieg auf europäischem Boden. Und so begann er, Brücken zu bauen, nach West und Ost, zu anderen Menschen und Kulturen.

Dabei kannte sein Enthusiasmus keine Grenzen. Weit über die offiziellen Kontakte hinaus baute er private Kontakte nach England, Österreich und Frankreich auf. Brücken haben nur dann einen Sinn, wenn Menschen auch darüber gehen. Keine Fahrt in die Partnerstädte war ihm zu mühsam, kein Aufenthalt zu kurz. Dabei entstanden viele persönliche Freundschaften. Und Legion war die Zahl der ausländischen Gäste, die von ihm und seiner leider viel zu früh verstorbenen Frau Ingrid bewirtet wurden und im Hause Eikam nächtigten.

Bald war er in den Partnerstädten so bekannt und anerkannt, dass sich trotz aller Bemühungen um den Abbau von Vorurteilen dort lange Zeit das Gerücht hielt, dass nach Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Helmut Eikam alle deutschen Männer Helmut hießen und beim Feiern über unendliches Standvermögen verfügten – außer beim Tanzen.

Aber das alleine reicht nicht als Erklärung, warum er in Schrobenhausens Partnerstädten ein gern gesehener und geschätzter Gast ist. Denn neben dem Feiern wurden auch sehr ernste und zum Teil für alle Beteiligten schmerzhafte Themenbereiche angesprochen. Er bestach seine Gesprächspartner durch seine Belesenheit und die Kenntnis historischer Details, die einem Geschichtslehrer zur Ehre gereichen würde. In England wie in Frankreich konnte er Politiker wie Verwaltungsfachleute in fundierte Diskussionen sowohl über historische als auch gesellschaftliche Zusammenhänge in ihrer Muttersprache verwickeln – obwohl, was Frankreich angeht, seine Frankophilie seine Frankophonie deutlich übertrifft.

In letzter Zeit widmet er sich mehr den Brücken zu der Heimat seiner frühen Kindheit, dem Sudetenland. Und auch da hat er, wen mag das nun noch erstaunen, Kontakte geknüpft zum ehemaligen Herrscherhaus über die Sudeten, einem Nachfahren der österreichischen Kaiser.

70 Jahre und kein bisschen müde. Wir werden uns noch auf einiges gefasst machen können. Alles Gute zum Geburtstag.

Helmut Mevissen