Ingolstadt
Von wegen unpolitische Jugend

Hohe Beteiligung an "Juniorwahl" im Katharinen-Gymnasium

21.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Neunt- und Zehntklässler des Katharinen-Gymnasiums durften gestern abstimmen wie bei der Bundestagswahl am Sonntag - im Rahmen der bundesweiten Aktion "Juniorwahl". Sie soll junge Leute an den Parlamentarismus heranführen. Die Schüler beteiligten sich sehr rege.

9.40 Uhr. Die große Pause ist vorbei, das Wahllokal geschlossen. Jetzt wird es richtig amtlich. Zehn Elftklässler bereiten im Filmsaal des Katharinen-Gymnasiums alles für die Auszählung der Stimmen vor. Sie tragen die Wahlurne auf den Tisch. Gegenüber stehen fünf Wahlkabinen. Dort durften gerade alle Neunt- und Zehntklässler des Gymnasiums ihre zwei Stimmen für die Bundestagswahl abgeben. Mit der Betonung auf "dürfen"; die Beteiligung ist freiwillig.

Wahlvorstand Michael Erber wacht streng und mit Kennerblick darüber, dass alle Formalien eingehalten werden - auch wenn das hier nur eine Simulation ist, die der politischen Bildung dient. "Die Urne ist ordnungsgemäß versiegelt. Bitte achtet darauf, dass sie nach dem Öffnen auch wirklich leer ist!" Erber unterrichtet am Katherl Sozialkunde und Geschichte. Er engagiert sich seit vielen Jahren bei richtigen Wahlen als Vorstand (in seinem Stimmbezirk beaufsichtigt er die Briefwahl). Dass seine Schüler als einzige in Ingolstadt an der Aktion "Juniorwahl", die vom Deutschen Bundestag unterstützt wird, teilnehmen können, verdankt sich auch Erbers Leidenschaft für Wahlen.

Vorsichtig schütten die Elftklässler die Stimmzettel auf den Tisch. Die sind exakt so bedruckt wie jene, die am kommenden Sonntag in den Wahllokalen des Wahlkreises 216 (Ingolstadt, Neuburg, Eichstätt) liegen werden - nur eine Nummer kleiner und blau statt weiß, um Manipulationsversuche zu verhindern.

Theresa Schwab, die Schriftführerin, notiert die Ergebnisse. "Immer alles zweimal auszählen!", sagt Erber. Die Wahlhelfer legen jene Zettel auf einen Stapel, auf denen bei Erst- und Zweitstimme dieselbe Partei angekreuzt wurde. Geht eine Stimme zum Beispiel an die CSU und die andere an die SPD "nennt man das splitted votes", erklärt der Lehrer.

Zweifelsfälle, die einer Prüfung bedürfen, landen auf einem eigenen Stapel. "Was machen wir damit" Ein Schüler hält einen Stimmzettel hoch, auf dem erst der SPD-Kandidat Werner Widuckel bedacht wurde. Aber dann hat der junge Wähler oder die junge Wählerin das Kreuz durchgestrichen und dafür den Namen Reinhard Brandl (CSU) angekreuzt (die Zweitstimme bekommen hier übrigens die Grünen). Eine klare Sache für Wahlvorstand Erber: "Die Stimme ist gültig, weil das Wahlverhalten eindeutig zum Ausdruck kommt."

Sonst muss er seine Wahlhelfer nicht groß unterstützen. "Die machen das so schön selbstständig!" Es geht Hand in Hand. Die Schüler stapeln die Zettel, zählen alles nach, dann melden sie die Resultate. Theresa, die Schriftführerin, notiert die Ergebnisse der ersten Auszählung in Blau und die des Kontrolldurchgangs in Rot. Die Werte stimmen überein. Alles läuft korrekt.

Schon kurz nach Beginn der Auszählung steht die Wahlbeteiligung fest: Wahlberechtigt waren die 274 Neunt- und Zehntklässler des Gymnasiums. Teilgenommen haben 252. Das sind 92 Prozent. Schulleiter Rudolf Schweiger, ein Mathematiklehrer, prüft die Berechnung. Passt. Erber strahlt. "Ein tolles Ergebnis!" Von wegen, die Jugend von heute hat nichts mehr für Politik übrig. Das stimme wirklich nicht. "Die Juniorwahl ist ein hervorragendes Mittel, um junge Leute früh an die Politik heranzuführen", sagt Schweiger. "Und eine bessere Möglichkeit, als sie wählen zu lassen, gibt es nicht."

Veronika Kramschuster und Edona Kuqanaj, ebenfalls Wahlhelferinnen an diesem Vormittag, dürfen am Sonntag nicht abstimmen. Sie sind noch keine 18. Das bedauern sie sehr, denn sie würden wirklich gern zur Wahl gehen. "Wir wollen, dass das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt wird! Denn es wäre der richtige Ansatz, auch Jüngeren die Chance zu geben, an dem, was sie bisher nur im Fernsehen gesehen haben, richtig teilzunehmen", sagen Edona und Veronika. Man möge der Jugend bitte vertrauen. "Wir sind schließlich im Sozialkundeunterricht sehr gut über die Parteien und das Wahlsystem aufgeklärt worden." Wenn sie wählen dürften, "wüsste ich zwei Parteien, zwischen denen ich mich entscheiden müsste", erzählt Edona. Bei ihrer Klassenkameradin ist es ähnlich. Den Wahlkampf fanden sie insgesamt "eher langweilig". Provozierende Plakate "sind nicht sehr angenehm", sagt Veronika, nennt aber keinen Namen. Auch hier wahren die Wahlhelferinnen strikte Neutralität.

Kurz vor 11 Uhr steht fest, wie die 252 Katherl-Schüler gewählt haben. Vor der Bundestagswahl dürfen die Resultate aber noch nicht an die Medien gehen - eine Auflage der "Juniorwahl". Eine Beeinflussung der Wähler auf jeden Fall vermeiden! Erber wird die Zahlen am Sonntag nach 18 Uhr den Projektleitern schicken. Und dann dem DK.

Eines sei aber schon verraten: Mit erkennbarer Neugier inspiziert Rudolf Schweiger die Zahl der Stimmen für die AfD im Katherl. Das Ergebnis: kein Schweißausbruch. Er bleibt gelassen wie immer.