Von guten und bösen Wassergeistern

23.08.2019 |
Vor ihm muss man sich nicht fürchten: "Der kleine Wassermann", dessen Geschichte in der Augsburger Puppenkiste regelmäßig auf dem Spielplan steht, ist ein sympathischer Wicht. Die meisten Flussgeister sollen dagegen alles andere als freundlich gewesen sein. − Foto: Augsburger Puppenkiste

Mythen, Märchen und Legenden - unsere Region ist voll davon. Auch Wassergeister soll es einst gegeben haben, etwa den "Hacklmo" in der Glonn. Er war eine furchteinflößende Figur, ebenso wie die "lange Agnes". Aber auch von guten Geistern wird berichtet.

Die riesigen Augen glotzen, die Haare sind ganz grün, der Mund ist nur eine schreckliche Fratze. Beine hat er nicht - dafür einen Fischschwanz voller Schuppen. So schrecklich soll der Flussgeist "Hacklmo", der sich zwischen Hohenkammer und Herrschenhofen herumtrieb, ausgesehen haben. Wer ihm zu nahe kam, wurde von ihm gepackt und in die Fluten der Glonn gestürzt. Manche konnten sich retten, manche gingen elendig zugrunde Auf Männer, die unerlaubt fischten, hatte er es ganz besonders abgesehen. Viele Bewohner von Hohenkammer und den umliegenden Dörfern beteuerten, ihn gesehen zu haben. Es war in der Zeit, in der die Glonn noch nicht begradigt war und zuweilen regelrechte Haken bildete. An einem besonders großen Haken soll der "Hacklmo" umgegangen sein.

Die Herren von Hohenkammer duldeten nicht, dass jemand auf ihrem Grund angelte. Ein junger Bursche aus Mittmarbach trotzte aber einmal dem Verbot: Er nahm sich einen Dreizack, ging an den Ufern der Glonn entlang und kam zu der Gumpen, in der sich der "Hacklmo" zu verbergen pflegte. Der Bursche glaubte einen riesigen Hecht zu erkennen und stieß seinen Stock in den Fluss. Da griff der "Hacklmo" nach der merkwürdigen Angel und zog sie mitsamt dem Dieb in die Glonn hinein. Zwar tötete er den Burschen nicht, allerdings fand der Schlossfischer am nächsten Tag dessen Hut und Dreizack. Der Dieb wurde überführt und zu zwei Tagen "im Stock" verurteilt.

Allershausen liegt nur wenige Kilometer von Hohenkammer entfernt. Hier mündet die Glonn in die Amper. Mitglieder esoterischer Internetforen behaupten, sie hätten nachts in den Altwässern der Amper das Plätschern eines Fasses vernommen. Ist es das Fass der "langen Agnes", deren Seele keine Erlösung findet? Als Burgherrin vom "Weißen Berg" regierte sie hart und grausam. Knechte und Mägde, die aufbegehrten, wurden unmenschlich bestraft. Sie wurden in ein Weinfass gelegt, das die lange Agnes zunagelte und über den Berg hinunterrollen ließ. Dort versank es in den Fluten der damals noch ungebändigten Amper. Die lange Agnes wurde bitter bestraft. Ein Blitzschlag entfachte ein Feuer, das die ganze Burg vernichtete. Agnes verbrannte bei lebendigem Leib. Ihrer Seele wurde Schlimmes auferlegt: Immer zur Geisterstunde muss sie den Fluten der Amper entsteigen und ein schweres Fass den "Weißen Berg" hinaufrollen. Kurz vor dem Ziel vermag sie ihre Last nicht mehr zu halten: Das Fass rollt hinab zur Amper und die vergebliche Mühe beginnt aufs Neue. Der erste Hahnenschrei ruft ihre unerlöste Seele in das modernde Gewässer zurück.

Auch in Bad Abbach erzählt man sich von einer "langen Agnes" - und auch sie war eine böse Frau. Dort, wo heute die Abbacher Schwefelquelle sprudelt, breitete sich einst ein kleiner See aus. Man nannte ihn den Schwefelsee. In mondlosen Nächten um Johanni zeigte sich die Agnes dort besonders gern. Sie schritt dreimal um den See, der sich in eine riesige Flamme verwandelte. Jeder, der sich ihr nähern wollte, war auf der Stelle tot. Nicht ganz so schlimm wütete die "lange Agnes" auf der alten Straße zwischen Viechtach und Patersdorf. Dort führt eine Brücke über den Weißbach. Jeden Wanderer erschreckte sie mit einem Bündel kaltem, nassen Stroh. Wer sich aber über sie lustig machen wollte, bezahlte das mit seinem Leben.

Das Wasserfräulein von Nussing bei Pfarrkirchen war weder gut noch böse, sondern nur wunderschön. Ihre Haut war schneeweiß und die Haare glichen goldenen Fäden. In der Nähe der Wührmühle verbreitet sich der Gollerbach zu einem dunklen Teich. Nach Einbruch der Dämmerung vernahm man hier oft munteres Rauschen, als würde eine Frau Wäsche waschen. Zwei Burschen wollten das Fräulein unbedingt sehen. Sie schlichen zum Tümpel und sahen die Jungfrau in all ihrer Schönheit. Wie ein Kind schien sie sich am Spiel der Wellen zu freuen. Da stieß einer der Burschen mit dem Fuß an einen Stein, der ins Wasser rollte. Die Schöne verschwand sofort. Nur noch ganz selten hörte man sie von da an im Teich plätschern.

Im Gegensatz zu dem Wasserfräulein waren die drei adeligen Jungfrauen vom Plöckensteinsee nicht schön, sondern so hässlich, dass man sie an den Dreisesselberg verbannte. Eines Tages kamen drei Prinzen auf der Suche nach neuen Ländern in dieses Gebiet. Sie sahen die drei Jungfrauen und auch die kostbaren Kronen, die sie in ihren Schürzen bargen. Die jungen Männer versprachen, sie zu heiraten, wenn sie ihnen nur die Kronen schenken würden. Die drei Fräulein überreichten ihnen die Kronen, aber die Prinzen hielten nicht Wort. Sie verwünschten die Jungfrauen in den Plöckensteinsee, der schon auf tschechischem Gebiet liegt, und verschwanden. Nun warten die Jungfrauen auf Erlösung. In der Nacht auf Heilig-Drei-König soll man sie um ihre Kronen klagen hören.

Auch Waldmünchen liegt nahe der Grenze zu Tschechien. Auf der Straße von Waldmünchen nach Ast gelangt man zu einem dunkel schimmernden Weiher, den ein Föhrenwald umgibt. Dort hauste die "Föhra-Lena". Arglosen Wanderern bot sie Getränke zur Stärkung an. Jeder, der trank, wurde sofort im Weiher versenkt. Man durfte ihr aber auch nichts anbieten. Ein Bierhändler, der viele Kästen Bier auf einem Karren über den Weiher transportieren wollte, bat die Lena um Hilfe. Als Dank ließ er sie vom Bier trinken. Dies schmeckte der Lena so gut, dass sie den ganzen Karren mitsamt dem Händler in die Tiefe zog.

Gab es denn keine Wassergeister, die Gutes taten? Doch. Der Manchinger "Prüllbauern-Wasch", der 1915 starb, durfte so einen guten Geist kennenlernen. Mit seinem kleinen Kahn fuhr er gerne nachts paaraufwärts. Einmal war es so dunkel, dass er nichts mehr sehen konnte. Da sprang ein feuriges Männlein, das in der Paar bei Manching umging, auf. Es lotste den "Wasch" sicher den Fluss entlang. Nachdem die gefährlichsten Stellen überwunden waren, bedankte sich der "Wasch" bei dem Männlein, das sofort verschwand.

Reinhard Haiplik

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