Vom Wünschen endlich zum Handeln

17.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:56 Uhr

Zu "Wir dürfen die Zeit nicht ungenutzt verstreichen lassen" und dem Besuch von Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) im Manchinger Ankerzentrum (DK vom 4. Februar):

Es ist erfreulich, dass die Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, Annette Widmann-Mauz (CDU), das Ankerzentrum in der Region besucht. Verwunderlich ist, dass Sie eine "Wunschliste" mit fünf Punkten mitbringt. Ihre Wünsche sind: Zügige Asylverfahren, gut betreute Kinder und deren Schulung unabhängig von deren Aufenthaltsstatus, eine gute Asylberatung, Schutz für gefährdete Gruppen wie Frauen und Kinder und noch eine gute gesundheitliche Versorgung. Befremdlich dabei ist, dass sie diese Grundstandards "wünschen" muss, die Angelegenheiten von Geflüchteten fallen auch in ihren Zuständigkeitsbereich.

An wen richtet sich ihre Wunschliste? Wünsche haben einen gewissen Grad an Ungewissheit, deren Erfüllung ist nicht sicher. Wann kann damit gerechnet werden, dass sich ihre Wünsche erfüllen? Es kann doch nicht sein, dass eine zuständige Ministerin ihre Aufgaben nicht explizit wahrnimmt und umsetzt. Schon bei der Konzeption der Anker-Zentren hätte sie diese Bedingungen einbringen und für deren Umsetzung sorgen müssen.

Dann wäre es nie zu den menschenunwürdigen Zuständen gekommen. Es ist zu hoffen, dass die Ministerin vom Wünschen endlich ins Handeln kommt. Noch trauriger ist es, dass Frau Hasselfeldt als Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes die Konzeption der Ankerzentren richtig findet, sind diese doch organisierte Inhumanität.

Menschen leben hier isoliert, ohne Kenntnisse ihrer Lage, ohne Zugang zu einer unabhängigen Rechtsberatung, dürfen nicht einmal von ihren Freunden oder Familienangehörigen besucht werden, dürfen sich nicht selber versorgen, haben keine Rückzugsmöglichkeit, kaum Beschäftigung und dürfen sich nur im Bereich der Stadt Ingolstadt bewegen.

Die Menschen sind verzweifelt und hoffnungslos. Frau Hasselfeldt scheint hier mehr der CSU verpflichtet als dem Grundgedanken des Roten Kreuzes. Wenn ihr beispielsweise zur medizinischen Versorgung nur einfällt, dass ein Ultraschallgerät fehlt, ist das leider eine beschämende Uninformiertheit oder Ignoranz. Viele der Bewohner in den Ankerzentren sind durch Fluchtgründe und Erlebnisse auf den Fluchtwegen traumatisiert. Ihnen fehlen Behandlung, Betreuung und sichere Rückzugsmöglichkeiten.

Durch diese Art und Weise der Unterbringung kommt es im Gegenteil zu einer weiteren Verschlechterung ihres Zustandes, das bestätigen die vor Ort tätigen Fachleute. Frau Hasselfeldt täte gut daran, genau hinzusehen und ihre Verantwortung im Sinne ihrer Organisation wahrzunehmen. Aber auch als Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes setzt sie, wie ihre Partei, die CSU, scheinbar auf Abschreckung durch schlechte Behandlung: Geflüchtete sollen ihren daheimgeblieben Angehörigen vermitteln, wie schlecht es ihnen bei uns geht, und das soll als Abschreckung dienen für alle, die kommen wollen.

Dass das so funktioniert, ist durch nichts belegt, und der Zweck heiligt die Mittel nicht. Die meisten Menschen aus den Ankerzentren bleiben hier und werden Teile unserer Gesellschaft, es wäre besser angebracht, ihnen von Anfang an unsere vielbeschworenen Werte zu vermitteln. Stattdessen werden sie ihrer Kompetenzen beraubt und sollen, nachdem sie die unwürdige Behandlung ein bis drei Jahre durchgemacht haben, in unserem Gemeinwesen ankommen und wertvolle Mitglieder werden.

Die Hälfte der seit dem Jahr 2015 angekommenen Menschen haben Arbeit und können selbstständig leben. Sie waren nie in Ankerzentren, sondern in dezentralen Unterkünften und von Behörden und einer Vielzahl ehrenamtlicher Helfer betreut. Dieses humanere und kostengünstigere Modell ist für den Erfolg verantwortlich, mit der Einrichtung von Ankerzentren (sieben von den neun bundesweiten Ankerzentren sind in Bayern) wird dies jedoch leider unterbrochen und die Bayerische Staatsregierung schafft erst einmal jene Probleme, die sie zu bekämpfen vorgibt.
Monika Huber,
Ingolstadt