Hilpoltstein
Vom Skandal profitieren die Kleinen

Hilpoltsteiner Bauernmarkt boomt in Zeiten von Pferdelasagne und Kennzeichnungsschwindel bei Eiern

01.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:26 Uhr

„Ich habe letzte Woche ganz viele neue Kunden gehabt“, sagt Robert Regnet (links). Der Landwirt und Metzger aus Göggelsbuch profitiert wie alle Direktvermarkter auf dem Hilpoltsteiner Bauernmarkt von den jüngsten Lebensmittelskandalen - Foto: Kofer

Hilpoltstein (HK) Auf dem Hilpoltsteiner Marktplatz herrscht am Freitagmorgen rege Betriebsamkeit. An den Ständen des Bauernmarkts stehen die Menschen Schlange nach Fleisch, Eiern, Obst, Brot, Kartoffeln und Gemüse. Die Lebensmittelskandale der letzen Tage beflügeln das Geschäft.

„Die Leute fragen mehr nach“, sagt Barbara Kotzbauer aus Winkelhaid. „sonst merkt man nichts.“ Kotzbauer verkauft nur Eier vom eigenen Bauernhof. Ihr Auftragsbuch mit Bestellungen für Ostern füllt sich schon am Morgen kräftig, obwohl ihre Eier seit heute um zwei Cent teurer geworden sind. Die Kunden quittieren das mit einem Kopfnicken, mehr nicht. Der Preis ist nicht entscheidend. „Wir stehen seit 20 Jahren hier, da haben die Kunden Vertrauen“, sagt Kotzbauer. „Erzeugernähe ist das Allerbeste.“

Hans Binder vom Leitelshof bei Rohr bestätigt diese Einschätzung. Neben seinem Stand auf dem Bauernmarkt betreibt er einen kleinen Hofladen in Leitelshof. Dort hat er vergangene Woche Rind aus eigener Schlachtung verkauft. Die Leute hätten ihn schon gefragt, wo das Fleisch her sei, aber das wisse er natürlich ganz genau, bei den geringen Mengen, die er verarbeitet. „Wenn ich drei Mal im Jahr ein Rind schlachte, kaufe ich doch keine Pferdefleisch dazu und mische es unter“, sagt Binder und lacht. Das würde sich nicht einmal rentieren. Ganz zu schweigen vom Imageschaden, den er durch einen Skandal hätte. „Da macht man sich ja die ganze Existenz kaputt“, sagt Binder und schüttelt den Kopf. Nein, einen Skandal könne sich nur erlauben, wer in großem Stil anonym riesige Mengen liefert. Kleine Landwirte und Direktvermarkter könnten das gar nicht. „Vom Skandal profitieren die Kleinen“, sagt Binder.

Karl Winter aus Ruppmannsburg, der Sprecher des Marktes, kann zwar keine konkreten Zahlen nennen, aber rein vom Gefühl her, glaubt er, dass der gut florierende Hilpoltsteiner Bauernmarkt in den beiden vergangenen Wochen noch zugelegt hat: „Normalerweise ist es zwischen Fasching und Ostern ruhiger hier. Das war jetzt nicht so.“ Winter mit seinen 20 Jahren Markterfahrung schreibt das den Negativschlagzeilen über den Lebensmittelbetrug zu: „Wir profitieren davon. Das war bisher bei allen Skandalen so, egal ob BSE oder Dioxin.“ An all die anderen Skandale kann er sich gerade gar nicht erinnern.

Auch Robert Regnet, Landwirt und Metzger aus Göggelsbuch, spürt den Zulauf. Vor seinem Verkaufswagen hat sich eine Schlange gebildet. Robert Regnet und seine Frau Jutta bedienen im Akkord. Die Familie hält auf ihrem Hof Hühner, Schweine und Rinder, die ausschließlich im eigenen Laden vermarktet werden. „Ich verkaufe nichts an andere“, sagt Regnet. Heute hat er Lamm im Angebot. „Die kommen vom Eulenhof“, sagt der Metzgermeister, der von sich behauptet, er kenne jedes Stück Fleisch, das er verkaufe. Zu 95 Prozent lebe er von seinen Stammkunden, die alle mit Namen begrüßt werden.

Neue Gesichter seien heute nicht so viele vor seinem Verkaufsanhänger. Diesmal sei der Boom schwächer gewesen als bei den vorangegangen Skandalen, findet Regnet. „Die Welle hat nur eine Woche angehalten“, sagt er. „Da habe ich ganz viele neue Kunden gehabt.“ Sonst würde so ein Boom länger dauern. Der letzte Hähnchenskandal zum Beispiel, als krebserregendes Dioxin im Futter gefunden worden ist, habe ihm ein mehrwöchiges Verkaufshoch beschert. „Da war Gift im Essen, da haben die Leute länger dran gedacht“, sagt Regnet. Jetzt sei der Pferdefleischskandal ja gleich vom Eierskandal abgelöst worden.

Aber schon nächste Woche werden Regnet und die anderen Direktvermarkter auf dem Hilpoltsteiner Marktplatz wohl neuen Zulauf bekommen: Am Freitag wurde wieder ein Futtermittelskandal bekannt. Über 3500 Höfe in Niedersachsen sollen mit krebserregendem Mais beliefert worden sein, das mit einem hochgiftigen Schimmelpilz kontaminiert ist. Der Mais soll als Mischfutter für Schweine, Rinder und Geflügel verwendet worden sein.