Ingolstadt
Vom Rotsünder zum Matchwinner

Thomas Keller erlebt als Doppeltorschütze des FCI schönstes Spiel seiner Karriere

03.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:21 Uhr
Thomas Keller (Zweiter von rechts) in der FCI-Fankurve. Nach dem Sieg gegen Kaiserslautern wurde der Doppeltorschütze der Schanzer von den Anhängern gefeiert. −Foto: Foto: Meyer

Ingolstadt - Gerade einmal zwölf Spiele hat Thomas Keller als Profi für den FC Ingolstadt in der 3. Liga bestritten.

 

Und dennoch hat der 20-Jährige dabei so viel erlebt wie andere in Jahren. Zweimal flog der Defensivmann mit Rot vom Platz, erzielte dennoch bereits drei Tore und wurde beim 2:1-Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern am vergangenen Samstag mit seinem ersten Doppelpack sogar zum Matchwinner.

Kein Wunder, dass der gebürtige Münchner nach dem Schlusspfiff aus dem Strahlen nicht mehr herauskam. "Das war das schönste Spiel in meiner Karriere", freute sich Keller. Auch die Fans waren aus dem Häuschen, als das 1,86 Meter große Eigengewächs in der Nachspielzeit zum Sieg einköpfte, und forderten ihn anschließend auf, im Block mit ihnen zu feiern. "Kelle", wie er von seinen Teamkollegen genannt wird, kam dem Wunsch gerne nach. "So etwas habe ich noch nicht erlebt. Diese Unterstützung von den Fans ist einfach schön. Das war ein Moment, den ich im Leben nicht vergessen werde", sagte Keller später gegenüber den Medienvertretern.

Eine Stunde nach dem Spiel hatte der gelernte Innenverteidiger, der von FCI-Trainer Jeff Saibene erst im Dezember ins defensive Mittelfeld beordert worden war, immer noch das rote Trikot an. Zeit zum Duschen und Umziehen war da noch nicht. Aber Keller, der in der Woche davor noch mit einer Erkältung das Spitzenspiel in Duisburg verpasst hatte und entsprechend niedergeschlagen war, war nach dem Glückwunschmarathon wieder bereit, das Geschehen noch mal Revue passieren zu lassen.

Den entscheidenden Treffer hatte er dabei kaum richtig wahrgenommen. "Ich habe nur gemerkt, dass mir der Ball auf den Kopf fiel und alle um mich gejubelt haben", schilderte Keller die Szene, die dem FCI drei Punkte bescherte. Dann drehte Keller mit ausgebreiteten Armen jubelnd ab, ehe er von seinen auf ihn zustürmenden Mitspielern begraben wurde. Gästetrainer Boris Schommers zertrümmerte derweil vor seiner Spielerbank wutentbrannt einen Stuhl.

Zufall war das Tor allerdings nicht. "Der Trainer fordert von den Sechsern immer, dass wir mit in den Strafraum sollen, und wir versuchen das umzusetzen", sagte Keller. Saibene bestätigt das. "Wir haben mehrere gute Kopfballspieler und sind uns unserer Stärke bei Standards bewusst. Da müssen die Spieler in die Box", meinte der FCI-Trainer. Dafür witzelte Marcel Gaus, der die Freistoßflanke getreten hatte: "Ich habe noch nie gesehen, dass ,Kelle' so in den Strafraum gelaufen ist. Ich weiß nicht, ob er die Orientierung verloren hat, aber von mir aus kann er gerne öfters dahinlaufen. "

Weniger glücklich kam Kellers erster Treffer zustande. Da leistete Maximilian Thalhammer nach einem Flankenlauf mit einer präzisen Vorlage die Vorarbeit, und Keller schloss aus 16 Metern überlegt ab. "Die Order ist, dass der Sechser mit nach vorne geht, wenn die Möglichkeit zum Flanken da ist. Ich habe gesehen, dass eine Menge Platz war und habe gehofft, dass Thale den Ball zurücklegt. Er bereitete das Tor super vor und ich habe den Ball einfach nur reingeschoben", beschrieb Keller die Entstehung des 1:0.

Auch vor dem Treffer war Keller präsent. Der 20-Jährige versuchte mit seiner Dynamik das Spiel aus dem Zentrum anzukurbeln, produzierte dabei gelegentlich einen Fehlpass, war aber andererseits der Einzige, der aufs gegnerische Tor schoss. "Ich weiß, dass ich einen ganz guten Schuss habe, und das versuche ich mir immer wieder selbst zu beweisen. Wenn ich in eine gute Schussposition komme, dann ziehe ich einfach ab. Gerade wenn der Ball flattert, ist es für den Torwart nicht so leicht. Da reicht es, wenn er ihn mal nach vorne klatschen lässt. "

Saibene ist froh, dass er so ein Juwel in seinem Team hat. Darum hat er ihm nach den beiden Platzverweisen zu Saisonbeginn weiter die Chance gegeben. "Thomas ist talentiert, bringt vieles mit, ist extrem robust und kopfballstark. Es geht schön aufwärts bei dem Jungen, aber er hat noch Potenzial nach oben", meinte der 51-Jährige über seinen Schützling, der ein Muster für die neue Vereinsphilosophie ist. Mit 17 wechselte Keller von der SpVgg Unterhaching ins Nachwuchsleistungszentrum des FCI, wurde mit 19 Profi und kann mittlerweile sogar vier Einsätze in der U20-Nationalmannschaft vorweisen.

Seit Samstag ist er auch Matchwinnner und hat sich wohl einen Stammplatz im FCI-Team erkämpft. Den nächsten Einsatz am kommenden Sonntag bei den Würzburger Kickers (13 Uhr) wird ,Kelle' kaum erwarten können.

DK

Gottfried Sterner