Ingolstadt
Vom Bischof kam nur eine Absage

18.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:26 Uhr

Ingolstadt (DK) Wirbelwind Ingolstadt mit seiner Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt betreut auch Missbrauchsopfer aus dem Umfeld der katholischen Kirche. Deshalb bat der Verein den Bischof von Eichstätt unlängst um finanzielle Unterstützung. Doch Gregor Maria Hanke hat abgelehnt.

"Wir betreuen schon seit Jahren Menschen, die von Mitarbeitern der Kirche sexuell missbraucht wurden", sagt Andrea Teichmann, Geschäftsführerin von Wirbelwind. Seit die Medien verstärkt über Missbrauchsfälle in kirchlichen Institutionen berichten, stieg jedoch auch in der Ingolstädter Beratungsstelle die Zahl der Meldungen. "Und zwar signifikant", betont Teichmann, ohne konkrete Zahlen nennen zu wollen. "Es handelt sich um Männer und Frauen, die sich nicht an die Kirche wenden wollen, weil sie das Vertrauen verloren haben."

Wirbelwind hilft Menschen aus der ganzen Region, ist unabhängig, gewährleistet Anonymität und ergreift grundsätzlich Partei für das Opfer. Es gibt aber noch einen Grund, warum sich die Betroffenen nicht der Kirche anvertrauen möchten: "Die Psychotraumatologie lehrt uns, dass in gewissen Stadien der Aufarbeitung eine Konfrontation mit dem Täter oder auch nur dessen Stellvertretern sogar gefährlich sein kann", so Teichmann.

Weil der Großteil der Betroffenen in der Diözese Eichstätt lebt, erschien es der Vereinsführung nur recht und billig, den Eichstätter Bischof zum finanzielle Unterstützung zu bitten. Denn für die Hilfesuchenden ist die Beratung kostenlos. Zudem leidet Wirbelwind seit dem Ausbau des Beratungsangebots an Geldsorgen: Spenden und Bußgeldzuweisungen sind weniger geworden, öffentliche Zuschüsse fließen kaum. Die Stadt Ingolstadt bezuschusst im Rahmen der Jugendhilfe nur eine halbe Stelle, auch der Landkreis Pfaffenhofen unterstützt die Arbeit finanziell, Neuburg-Schrobenhausen und Eichstätt hingegen nicht.

Und jetzt kam, nach zweimaliger Bitte um Förderung oder zumindest um ein Gespräch, die neuerliche Absage aus Eichstätt: Generalvikar Isidor Vollnhals erklärt, dass eine finanzielle Unterstützung freier Beratungsstellen grundsätzlich nicht möglich sei, da die Kirche genug eigene Hilfen anbiete. So gebe es auch in der Diözese Eichstätt eine neutrale Anlaufstelle für Opfer von sexueller Gewalt. "Dr. Werner Merkle ist ein unabhängiger Psychotherapeut mit einer Praxis in Eichstätt, also kein Angestellter der Kirche", so Vollnhals. "Auf ihn verweisen wir, wenn wir Meldungen bekommen."

Der Generalvikar versteht, dass sich Opfer aus dem Umfeld der Kirche nicht an ebendiese Institution wenden möchten. "Deshalb gibt es die Hotline vom Runden Tisch." Im Übrigen setzen die bayerischen Diözesen künftig verstärkt auf Prävention und wollen dafür eine eigene Stelle in München schaffen.

Wirbelwind bedauert die Absage aus Eichstätt: "Unsere unabhängige Fachberatungsstelle finanziell zu unterstützen, wäre für sehr viele Betroffene eine wirkliche Hilfe. Wir meinen, davon könnte auch die Kirche profitieren und weiterem Imageverlust vorbeugen", erklärt Teichmann. Es gehe schließlich auch um den Vorwurf, wieder alles nur intern regeln zu wollen.