Berlin
Viele Zuwanderer lernen zu wenig und zu langsam deutsch

12.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:13 Uhr
Teilnehmerin an einem Deutschkurs für Flüchtlinge. −Foto: Hendrik Schmidt

Sprache ist ein Schlüssel für die Integration. Doch die Deutsch-Kurse bestehen viele Zuwanderer nicht. Die Länder fordern Verbesserungen und setzen auf ein Treffen des Bundeskabinetts in der nächsten Woche.

Wegen des hohen Anteils von Migranten, die Deutschkurse nicht bestehen, dringen die Integrationsminister der Länder auf passgenauere Angebote. Kurse sollten in Modulen aufgebaut und besser aufeinander abgestimmt werden.

Außerdem müsse es mehr Lernstunden für Migranten mit geringem Bildungsstand geben, hieß es am Freitag zum Abschluss eines zweitägigen Treffen der Länder-Ressortchefs in Berlin.

Die Vorsitzende der Konferenz, die Berliner Senatorin Elke Breitenbach (Linke), zeigte sich aber zuversichtlich, dass dies gelingen werde. „Hier gibt es tatsächlich Hoffnung“, sagte sie. Von der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), und vom Bundesinnenministerium sei signalisiert worden, dass am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett das Thema Sprachförderung beraten werde.

Breitenbach verband damit die Hoffnung, dass Sprachkurse für mehr Menschen geöffnet werden und eine bessere Abstimmung mit Ländern und Kommunen gelingt. Von Bundesseite sei zudem bestätigt worden, dass man sich des Themas Qualitätssicherung annehmen werde. Breitenbach betonte: „Es ist für viele erwachsene Menschen eine große Herausforderung, eine fremde Sprache zu lernen.“ Für manche gehe es darum, neue Schriftzeichen zu lernen, andere seien Analphabeten.

Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage des AfD-Abgeordneten René Springer hervorgeht, haben im vergangenen Jahr 51,5 Prozent der 172 471 Migranten, die erstmalig am Deutsch-Kurs teilnahmen, das Kursziel „Sprachniveau B1“ nicht erreicht. Im Vorjahr waren es rund 48 Prozent gewesen. Im Jahr 2016 hatten knapp 38 Prozent der Teilnehmer beim ersten Mal das Kursziel verfehlt. Darüber hatte zuerst die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet („NOZ“).

Wer den „Deutsch-Test für Zuwanderer“ mit B1 abschließt, weist laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nach, dass er auf der unteren Stufe des Bereichs „Selbstständige Sprachverwendung“ Probleme des Alltags flexibel bewältigen kann. Also: Indem er zum Beispiel ein Gespräch aufrecht erhält und in alltäglichen Situationen ausdrücken kann, was er sagen möchte.

Widmann-Mauz hatte im August Vorschläge für eine „Qualitätsoffensive Integrationskurse“ gemacht. Dazu zählten finanzielle Anreize für Kursanbieter und Lehrkräfte, „damit ausreichend Alphabetisierungskurse angeboten werden, um den gestiegenen Bedarf zu decken.“

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Freitag in Berlin, die Qualität der von den verschiedenen Anbietern organisierten Kurse werde ständig überprüft, „da sind wir dran und haben auch Fortschritte erzielt“. Gerade für „Menschen aus bildungsfernen Schichten“ sei es nicht einfach, das Sprachniveau B1 zu erreichen. Für Menschen, die nie eine Schule besucht hätten, sei es schon ein Erfolg, wenn sie das niedrigere Niveau A2 erreichen.

Die Integrationsminister verständigten sich auf der Konferenz auch darauf, sich gegen die mögliche Kürzung von Bundesmitteln für die Flüchtlingskosten zu stemmen. Das würde bedeuten, dass viele Kommunen und Länder einiges nicht mehr leisten könnten, sagte der bayerische Ressortchef Joachim Herrmann (CSU). Der Bund könne sich nicht aus der finanziellen Verantwortung stehlen.

Die Flüchtlingskosten sind ein Streitthema zwischen Bund und Ländern. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will die Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen für die Integration der Geflüchteten von bisher 4,7 Milliarden auf rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr senken. Das wollen die Länder nicht hinnehmen.

dpa