Eichstätt (ddk) Mindestens 55 Kilogramm Lebensmittel wirft jeder Bundesbürger pro Jahr in den Müll. Dieser teilweise vermeidbaren Verschwendung mit Informationen und Aktionen entgegenzutreten, hat sich der Verein "foodsharing" zur Aufgabe gemacht, der sich bundesweit und auch in Eichstätt einer großen Zahl an Mitstreitern erfreut.
Zum Abschluss der Vortragsreihe "Nachhaltig leben - Eine Utopie!?" des Umweltreferats der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt stellten Hannah Lachmann und Esther Zimmer als Vertreterinnen des Eichstätter Arbeitskreises "foodsharing" die Arbeit des gleichnamigen Vereins vor. "Foodsharing - Zu gut für die Tonne!": So lautete der Titel des sechsten und letzten Vortrags im Sommersemester in den Räumen von "Mensch in Bewegung".
4,4 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr wandern in Deutschlands Privathaushalten in den Mülleimer - eine erschreckend hohe Menge, finden Hannah Lachmann und Esther Zimmer. Seit 2012 schon engagieren sich in dem bundesweit und in vielen anderen europäischen Ländern aktiven Verein ehrenamtlich tätige "Foodsavers", die sich der aktiven Lebensmittelrettung verschrieben haben: "In Deutschland gibt es bereits über 50000 Foodsavers, die nicht nur Lebensmittel vor der Mülltonne bewahren, sondern auch Öffentlichskeitsarbeit leisten und Abhol- und Verteilstellen für Lebensmittel einrichten", erklärte Lachmann. Auch in Eichstätt ist das Engagement groß: Über 80 registrierte Lebensmittelretter gibt es im Landkreis Eichstätt; seit 2017 fanden 1103 "Rettungseinsätze" statt, und stolze 4477 Kilogramm Lebensmittel konnten seitdem vor dem Müll gerettet und Nutzern zugeführt werden, berichtete Zimmer.
Lebensmittel retten - das bedeutet viel Arbeit und feste Termine für die "Foodsavers". Denn die Lebensmittel, die vor dem Wegwerfen bewahrt werden sollen, müssen schließlich nach Absprache an verschiedenen Orten abgeholt, weitertransportiert, zwischengelagert, gekühlt und dann ver- oder - wie der Name der Gruppe beinhaltet - "geteilt" werden: "Wir kommen gegen Ende der Marktvormittage zu bestimmten Ständen, die uns nicht mehr verkaufbare Ware geben, holen Produkte bei Supermärkten und Bauernhöfen ab und bringen die Lebensmittel dann zu unseren beiden Fairteilern im Studihaus und im Haus der Jugend", erläuterte Lachmann. Die Fairteiler - das sind große, öffentlich zugängliche Kühlschränke, die die Ortsgruppe bislang an zwei Orten - in der Universität und im Haus der Jugend - eingerichtet haben. Jeder Bürger dürfe sich dort bedienen, so Lachmann und Zimmer. Sie bedauern allerdings, dass sie bislang noch keinen Fairteiler-Kühlschrank im Zentrum Eichstätts finden konnten, der für viele Bürger besser zugänglich als die beiden abseits des Zentrums gelegenen Verteilstellen wäre.
Doch wie kommt es überhaupt, dass es den Verein und Ortsgruppen von "foodsharing" mit Lebensmittelrettern geben muss? Viele Menschen, so Zimmer, glaubten, dass Lebensmittelverschwendung von Supermärkten ausgehe, doch die Verbraucher selbst seien dafür verantwortlich: "61 Prozent aller weggeworfenen Lebensmittel stammen aus Privathaushalten, je 17 Prozent aus der Industrie und vom Großverbraucher und nur 5 Prozent aus dem Handel", zeigte Lachmann ihren erstaunten Zuhörern anhand einer Statistik. Während in den Ländern des globalen Südens mangels adäquater Kühl- und Transportbedingungen bereits ein Drittel aller Lebensmittel dem Verderben ausgesetzt sei, stelle der Lebensmittelmüll in den Ländern des globalen Nordens das zentrale Problem dar. Gründe dafür seien nicht nur das relativ niedrige Preisniveau und die dadurch bedingte geringe Wertschätzung von Lebensmitteln, sondern auch das Kauf- und Konsumverhalten: "Wir kaufen meist eher zu viel als zu wenig ein, schauen auf Größe, Farbe, Aussehen der Produkte und leben heute auch oft weit entfernt von Herkunft- und Produktionsstätten der Lebensmittel, so dass ein Bezug dazu fehlt", so Zimmer.
Das Wegwerfen noch nutzbarer Lebensmittel stellt für die "Foodsavers" daher ein zentrales ethisches Problem dar, das nicht nur mit Bodenauslaugung und Verschwendung von Arbeitskraft und Energie, sondern auch mit massiver Ressourcenverschwendung verbunden ist. Denn allein schon für die Herstellung von einem Kilogramm Käse, so mahnte Lachmann, werden 8,5 Kilogram CO2 ausgestoßen und 5000 Liter Wasser benötigt.
Mit Herzblut setzen sich die beiden Lebensmittelretterinnen zusammen mit ihren Mitstreitern daher auch weiterhin für einen respektvollen Umgang mit allen Nahrungsmitteln ein, die noch gut zu gebrauchen sind. Sie leisten Aufklärungsarbeit, sensibilisieren bei Veranstaltungen und an ihrem Stand beim Hofgartenfest für das Thema, arbeiten beim neuen Eichstätter Nachhaltigkeitsnetzwerk "fairEInt? mit und freuen sich schon wieder auf das "Foodsharing Dinner? in der Katholischen Hochschulgemeinde, bei dem ausschließlich aus geretteten Lebensmitteln ein köstliches Dreigangmenü zubereitet und gemeinsam verspeist wird.
Der Arbeitskreis "foodsharing" trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat um 18.30 Uhr in der "Theke" der Katholischen Hochschulgemeinde, um sich auszutauschen und gemeinsam Aktionen zu planen. Bei Interesse an einer Mitarbeit kann sich jeder auf der Seite foodsharing.de anmelden oder bei einem der monatlichen Treffen unverbindlich vorbeischauen.
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