Geisenfeld
Viel Hightech fürs Tierwohl

In Michael Schneiders Hühnermobil haben die Hennen immer wieder frisches Grünfutter vorm Schnabel

25.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:31 Uhr
Sehr menschenbezogen sind die Hennen von Michael Schneider, der hier gerade am Eingang seines Hühnermobils steht (links). In diesem gibt es Wasser- und Futterstationen, die ihren Strom über eine Photovoltaik-Einheit beziehen, sowie ein automatisiertes Kotförderband. Ein Prachtexemplar der Rasse Tetra hat im mit Dinkelspelzen ausgelegten Familiennest gerade ein Ei gelegt. −Foto: Zurek

Geisenfeld (GZ) Die Zahl der Verbraucher, die beim Eierkauf auch auf das Tierwohl achten, wächst.

Landwirte wie der Geisenfelder Michael Schneider tragen dem Trend Rechnung und nutzen dabei salopp gesprochen "Hightech im Hühnerstall", um die Haltungsbedingungen zu optimieren.

Wer den Hof der Schneiders in Zell betritt, wird derzeit von unzähligen Rauchschwalben umschwirrt, die eifrig Fliegen für ihren Nachwuchs fangen. Ihre Nester dürfen sie hier noch im Kuhstall mit dem Milchvieh bauen. Dem Landwirt liegen "alle Viecher am Herzen" - und zwar nicht nur die wilden.

Daher sein neuestes Projekt in Sachen Hühnerhaltung. Zu begutachten auf einer saftigen Wiese am Moosgraben, wo Besucher von ausgiebig meckernden westafrikanischen Zwergziegen empfangen werden. "Die adoptieren und beschützen alles, was kleiner ist als sie selbst", so der Landwirtschaftsmeister, dessen Hennen sich vor Fuchs und Greif nicht zu fürchten brauchen. Während die vierbeinigen Helfer in einer Holzhütte untergebracht sind, nächtigen deren gefiederte Schützlinge in besagtem Hühnermobil. Also der als Markenname geschützten High-Tech-Variante eines beweglichen Stalles, für die der Hersteller Weiland 2003 mit dem Förderpreis des Ökologischen Landbaus ausgezeichnet wurde.

Aus dem großen Container dringt kurz nach Sonnenaufgang schon aufgeregtes Gegacker. Dann öffnet sich die längsseitige Klappe, und die gefiederten Bewohner stürmen heraus. Am Abend werden sie ihren Schlafplatz freiwillig wieder aufsuchen. Und die Klappe wird sich automatisch hinter ihnen schließen. Gesteuert wird der Mechanismus mithilfe einer Astro-Uhr, die den Sonnenstand am Standort misst. Ihren Strom bezieht sie, ebenso wie die autarken Wasser- und Futterstationen im Inneren des Stalls, über eine Photovoltaik-Einheit auf dem Dach.

Im rückwärtigen Teil des Hängers hat ein Prachtexemplar der Rasse Tetra gerade im Familiennest - der Boden mit Dinkelspelzen bedeckt - ein Ei gelegt. Glucksend lässt sie es geschehen, dass ihr Besitzer sich auf Schatzsuche begibt. "So an die 220 Eier pro Tag kommen da bei 250 Tieren pro Mobil zusammen", rechnet Schneider vor und betont, dass die aus seiner Sicht artgerechteste Haltung "trotz Hightech auch die arbeitsintensivste ist". Derweil picken ein paar neugierige Artgenossen an seinen Schnürsenkeln. "Die sind sehr menschenbezogen und haben keine Scheu", erklärt Schneider. Während einige der Hennen schnurstracks zum eigens angelegten Kräuterhügel marschiert sind, nehmen andere ein Wellness-Bad im "Sand-Pool" mit Schattendach.

Ein Blick ins Innere des gut isolierten, ganzjährig nutzbaren Hühnermobils zeigt hölzerne Sitzstangen, Einzelspender für Futter und Wasser und einen sogenannten Kalt-Scharrraum (sollten die Tiere wider Erwarten mal gar nicht raus mögen). Für die Sauberkeit sorgt ein automatisiertes Kotförderband. Die Qualitätsbezeichnung "Freilandhaltung" setzt vier Quadratmeter Freifläche pro Huhn voraus - die aber können ob des ständigen Scharrens und Pickens schnell öde oder matschig werden. Der Vorteil einer mobilen Unterkunft, die hier in Zell auf dem 6500 Quadratmeter großen Areal regelmäßig um 20 bis 30 Meter versetzt wird: die Tiere haben immer wieder frisches Grünfutter vorm Schnabel, weshalb sie laut stolzem Ziehvater "wohlgenährt, gesund und ausgeglichen sind". Und weil der Feldversuch mit einem gebrauchten Hühnermobil so erfolgreich lief, hat Michael Schneider inzwischen ein zweites angeschafft und nennt 500 Hennen sein eigen.
 

ETLICHE MOBILE HÜHNERSTÄLLE IM LANDKREIS

Pionier dieser modernen Freilandhaltungs-Variante war im Landkreis Pfaffenhofen die Familie Klinger aus Gerolsbach-Stockhausen.

Was mit "ein paar Gickerl im Gartenhäusel" und zwei fix installierten Bauwagen begann, fand 2016 im Hühnermobil seine Fortsetzung. Im gleichen Jahr stieg auch das Kloster Scheyern ein - heute leben dort in zwei Mobilen je 400 Hennen und fünf Hähne.
"Nicht alle der mittlerweile im Landkreis betriebenen mobilen Hühnerställe sind fabrikmäßig hergestellt", lässt indes Reinhard Repper vom Veterinäramt wissen. Manch findiger Bastler hat auf der Basis von Bauwagen oder gar Überseecontainern nach tierschutzrechtlichen Vorgaben seinen Legehennen eine in der Regel baurechtlich genehmigungsfreie, bewegliche Unterkunft gebastelt. Natürlich gebe es zudem "nach wie vor auch viele kleine und große, temporär im Freiland gehaltene Legehennen-Herden", so der Abteilungsleiter. Verkauft werden die Eier meist direkt ab Hof, oft per Selbstbedienung rund um die Uhr. Die Rückmeldung der Kunden, die sich mit eigenen Augen vom Wohlergehen der Hennen überzeugen können, sei sehr positiv, sagt nicht nur Sandra Klinger, die auch die örtliche Milchtankstelle und den Gemeindekindergarten beliefert. Pater Lukas macht ähnliche Erfahrungen.

"Leider ist aber wohl für die Mehrheit immer noch der Preis das entscheidende Argument" bedauert er. "Unsere Entscheidung zu einer ökologisch verantworteten Landwirtschaft entspringt dem christlichen Schöpfungsverständnis" so der Cellerar. Alle Lebewesen seien "nicht einfach zur Ausbeutung", sondern zur Hilfe für den Menschen gegeben. Und als Benediktiner wolle man im Sinne der Nachhaltigkeit einen Beitrag leisten, "auch künftigen Generationen eine Lebens- und Wirtschaftsgrundlage zu erhalten."

Maggie Zurek