Verheerendes Zeugnis

Kommentar

14.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:57 Uhr

Die führenden Ökonomen kennen das: Mit stolzgeschwellter Brust nimmt die Bundesregierung ihr Gutachten entgegen, pickt sich einige Punkte heraus, und deutet das ganze Werk kühn als Bestätigung ihres Kurses. Dafür, dass ihr das nicht mehr gelingen kann, haben die Institute gesorgt.

Denn ihr Befund steht diesmal unter der Überschrift: "Moderater Aufschwung - Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert." Damit ist klar: Das Zeugnis, das die Experten der großen Koalition ausstellen, ist kein gutes.

Dass die Konjunkturprognose nur um 0,2 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent gesenkt werden musste, hat in erster Linie mit der ungebrochenen Konsumfreude der Deutschen zu tun. Die resultiert nicht aus einer klugen Politik, sondern aus hohen Löhnen, billigem Sprit und niedrigen Zinsen. Die Koalition hat vielmehr Glück, dass der Strukturwandel, den der wichtige Handelspartner China durchläuft, nicht größere Auswirkungen auf die Situation hierzulande hat.

Allerdings muss sich die Koalition vorhalten lassen, dass sie die vergleichsweise guten Zeiten nicht genutzt hat, um Zukunftsvorsorge zu betreiben. Der Bürokratieabbau lässt auf sich warten, bei Bildung und Investitionen in die Infrastruktur - gerade in die digitale - bleibt die Bundesrepublik hinter ihren Möglichkeiten zurück. Andere Länder sind zwar noch reformunfähiger, doch auch die Bundesregierung hat zu wenig getan, Deutschland für die Zukunft fit zu machen. Das dürfte sich rächen, wenn die düsteren Prognosen des IWF eintreten sollten, der eine neue Krise für möglich hält.