Scheyern
Verhärtete Fronten

Fernhager beantragen seit Jahren ein Baugebiet - Die Planungen der Gemeinde spalten den Scheyrer Rat

27.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:24 Uhr

Scheyern (PK) Gleich mehrere Fronten haben sich am Dienstagabend im Scheyrer Gemeinderat aufgetan: zwischen Bürgermeister Manfred Sterz (Freie Wähler) und WGS-Fraktionssprecher Hans-Herbert Mooser, zwischen FW-Chef Andreas Mahl und Markus Fiederer von der Wählergruppe Gemeinde Scheyern - und zwischen Bürgermeister Sterz und einigen Fernhagern im Zuschauerraum.

Die Zeichen standen offenbar schon zu Beginn der Gemeinderatssitzung auf Konflikt. Denn mit Blick auf die Tagesordnung für Dienstagabend - insgesamt waren es 14 öffentliche Punkte, dazu noch eine Handvoll Unterpunkte - schwante WGS-Fraktionssprecher Mooser wohl Übles. "Ich möchte den Antrag stellen, dass wir jetzt vor der Sitzung besprechen, welche Punkte wir heute abarbeiten und welche wir von vorne herein streichen wollen", schlug Mooser daraufhin vor. Doch Bürgermeister Sterz nannte hier ein anderes Vorgehen: "Wir machen es jetzt so weit, wie wir kommen und verschieben den Rest auf die nächste Sitzung." Ein Vorgehen, das Mooser so nicht akzeptieren wollte: Schließlich würden dann einfach die hinteren Tagesordnungspunkte wegfallen, darunter als Top zwölf womöglich auch ein Antrag der WGS-Gemeinderäte. Doch Bürgermeister Sterz stellte klar: "Ich bin der Vorsitzende und ich habe 14 Punkte festgesetzt." Ohne Abstimmung sollte daher die Tagesordnung so weit wie möglich abgearbeitet werden, die hinteren Punkte kommen Anfang April nochmals auf die Agenda.

Weiter ging es im Laufe der Sitzung schließlich mit einem Zwist zwischen Andreas Mahl von den Freien Wählern und Markus Fiederer von der WGS, der sich vor allem rund um die Überlegungen zur gemeindlichen Bauleitplanung zuspitzte. Denn dieser Punkt war während der Gemeinderatsklausur Anfang März diskutiert worden, bei der Fiederer fehlte. In der Sitzung brachte er das Thema wieder aufs Tapet.

Eigentlich hatten sich die Klausurteilnehmer auf eine Priorisierung der geplanten Baugebiete geeinigt: Drei Areale sollen hier verfolgt werden, nämlich die große Grünfläche im Scheyrer Ortskern, ein Baugebiet in Euernbach und ein Areal in Mitterscheyern - andere Vorhaben sollen erst danach in Angriff genommen werden. Im Gemeinderat ging es daher am Dienstagabend um eine Fläche in Fernhag, die von den Eigentümern gern zu Bauland gemacht würde: Nahe der Luitpoldstraße haben sich drei Eigentümerfamilien zusammengetan und die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefordert. Doch die Gemeinderäte wollen das Gebiet vorerst nicht voran treiben.

Fiederer sah das kritisch: "Wenn hier die Bereitschaft der Eigentümer da ist, dann müssen wir das Eisen im Feuer halten", sagte er. Auch Albert Wolf (Bürgerblock) sagte: "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man dieses Verfahren parallel laufen lassen könnte."

Andreas Mahl (FW) konnte es nicht nachvollziehen, dass diese Diskussion wieder neu aufgerollt wurde. "Wir haben das in der Klausur zwei Tage lang erörtert und dabei hat eine Priorisierung stattgefunden. Diejenigen, die nicht bei der Klausur dabei waren, fangen jetzt wieder damit an", kritisierte er die beiden Gemeinderatskollegen Fiederer und Wolf. Fiederer wollte diesen Vorwurf so nicht stehen lassen: "Der Bürgermeister sagt, dass diese Priorisierung während der Klausur ja kein Beschluss war - aber jetzt steht es hier doch als gefühlter Beschluss im Raum." Dass Fiederer von dieser Priorisierung offenbar nichts wusste, wollte Mahl nicht hinnehmen. "Wir haben auf der Klausur auch gesagt, dass die Gruppierungen die Ergebnisse kommunizieren sollen", sagte Mahl. So sollten die Teilnehmer den fehlenden Parteikollegen eben im Nachhinein die Resultate erklären. "Das funktioniert hier nicht einmal innerhalb der eigenen Gruppierung", sagte Mahl.

Neben Fiederer zeigten sich auch andere WGS-Gemeinderäte noch nicht von der Priorisierung überzeugt. "Zum Gebiet in Euernbach höre ich seit drei Sitzungen immer wieder, es geht nichts vorwärts", sagte Tilly Grubwinkler. "Dann müssen wir das vielleicht abhaken und ein neues anfangen." Auch Gerhard Eisinger sah das ähnlich: "Warum priorisieren wir auf drei und sagen nicht: Wenn eines nichts wird, dann machen wir ein anderes?"

Zur Abstimmung stand in diesem Moment eben das gewünschte Baugebiet in Fernhag - der Vorschlag der Gemeinde war entsprechend, diese Anträge abzulehnen. Bürgermeister Sterz sprach hier ein Problem an: "Es stellt sich auch die Frage, ob ein Baugebiet in dieser Größenordnung städtebaulich machbar ist." Hans Hösl (CSU) äußerte hier eine ähnliche Vermutung: "Das Landratsamt wird wahrscheinlich sagen, dass ein Baugebiet in der Größe nicht machbar ist." Eine Einschätzung, die für einen Fernhager im Zuschauerraum das Fass zum Überlaufen brachte: "So groß war es eigentlich gar nicht geplant. Aber Bürgermeister Sterz hat gesagt, ich soll eine Fläche mehr noch mit reinnehmen", warf er ein und verließ den Saal.

Auch andere Beteiligte kritisierten das Vorgehen der Gemeinde und wiederholten auch Vorwürfe, die unter anderem während der Bürgerversammlung im November schon laut geworden waren. "Das geht seit Jahren hin und her", sagte beispielsweise eine Fernhagerin während der Gemeinderatssitzung. Sterz versuchte zu erklären, dass dieses Vorhaben schon seit Längerem besprochen werde und nicht von Anfang an alle Nachbarn mit im Boot gewesen waren. Eine Ferhagerin sagte daher: "Wir werden immer abgelehnt - und später heißt es dann, andere Baugebiete waren vor uns da. Eigentlich läuft das aber seit 2007." Sie übte zudem harsche Kritik an Sterz: "In Einzelgesprächen wird immer versprochen und später ist alles anders."

Alice Köstler-Hösl vom Bürgerblock versuchte noch zu vermitteln. "Wir haben die Priorisierung ja früher schon einmal festgelegt", erinnerte sie. "Trotzdem frage ich mich: Müssen wir das jetzt alles beschlussmäßig bereinigen?" Sie schlug stattdessen vor, das Verfahren ruhen zu lassen. "Wenn es eh schon eine Zeit lang liegt, dann lassen wir es noch weiter liegen."

Bürgermeister Sterz stellte letztlich zur Abstimmung, die Anträge auf dieses Baugebiet in Fernhag abzulehnen. "Wir sind in der Situation, dass wir erst abarbeiten. Dann können wir uns über neue Baugebiete unterhalten", sagte er. "Hier ist nicht die Finanzlage entscheidend, sondern die städtebauliche Situation: Wenn im Innenbereich kein Bauen mehr möglich ist, dann ist der Außenbereich der nächste Schritt."

Das Ergebnis fiel knapp aus: Mit Sterz, Walter Häring (CSU), Hösl und Mahl sowie Andreas Reichhold, Johann Schmid, Michael Wenger und Kilian Koch (alle Freie Wähler) stimmten acht Gemeinderäte dafür, die Anträge abzulehnen. Dagegen war die WGS geschlossen mit Eisinger, Fiederer, Grubwinkler, Mooser und Mathias Hofmann sowie Wolf und Köstler-Hösl. Bei der Sitzung fehlten Pater Lukas Wirth (Bürgerblock) und Katja Limpert (FW).

Die Überlegung, dass die Pläne zu diesem Gebiet in Fernhag wieder besprochen werden können, sollte eines der drei geplanten Areale scheitern, kommentierte eine Fernhagerin abschließend: "Wir sind nicht nach hinten gerutscht, wir sind abgelehnt."

In der öffentlichen Sitzung hat der Scheyrer Gemeinderat übrigens neun Punkte samt Unterpunkten geschafft. Auf die nächste Sitzung im April verschoben wurden am Dienstagabend schließlich ein Antrag auf ein Baugebiet "Westlich der Fürholzener Straße" in Mitterscheyern, der Antrag eines Scheyrer Jugendlichen auf Errichtung eines Dirtparks und auch der Antrag der WGS, die Turnhallen in den Ferien für Sportvereine zu öffnen sowie das Protokoll einer Ausschusssitzung.

Claudia Lodermeyer