Neuburg (DK) Organist Alberto Marsico, Schlagzeuger Tommy Bradascio und Gitarrist Lorenzo Petrocca ergeben zusammen das Italian Organ Trio. Die Kombination dieser drei Instrumente ist im Jazz gar nicht mal so selten und es gab und gibt sie in den verschiedensten Epochen und Sub-Genres. Jimmy Smith, Joey DeFrancesco, Raphael Wressnig oder gar Niacin gehen von den gleichen Voraussetzungen aus, klingen aber völlig unterschiedlich.
Das Besondere bei dem Trio, das an diesem Samstagabend im Birdland auf der Bühne steht, ist die italienische Komponente. Ein neapolitanisches Liebeslied? "O Sole Mio?", "Volare"? - Sobald sich das Trio selbst so jazzferner Stücke annimmt, werden sie zu wunderschönen Beispielen herausragender Adaptions- und Bearbeitungskunst. Entscheidend ist einmal mehr nicht das Original, sondern das, was die Band aus ihm macht. Und das ist großartig. Wenn sich die Orgel - clusterartig und mit gehörig Hall unterlegt - in eine Ballade quasi hineinschleicht, hält das Publikum kollektiv den Atem an. Wenn anlässlich des Klassikers "All Of Me" der Organist im wahrsten Sinne des Wortes alle Register zieht, wenn Bradascio bei der wunderschönen Bearbeitung von "Estate" auf Besenatmung umstellt und man beim nächsten Stück meint, mal eben Gene Krupa und eine komplette Big Band vor sich zu haben, wenn Petroccas Gitarre klingt wie einst die von Wes Montgomery, dann sind alle in ihrem Element. Die Band, die einen teils angriffslustigen, teils eher dezenten, aber immer unwiderstehlichen Killergroove an den Tag legt, und auch das Publikum, das sich der ungeheuren Dynamik, mit der das Trio zu Werke geht, nicht entziehen kann.
Es ist erstaunlich, welche Intimität man entstehen lassen, welche Emotionen man wachrufen kann mit einem Kasten, in dessen Eingeweide sich ein Generator befindet, in dem stählerne Tonräder mit einem gewellten Rand vor elektromagnetischen Tonabnehmern rotieren. Alberto Marsico kann das. Er spielt mit feinem Gespür für das, was das jeweilige Stück braucht. Sein kraftvoller Zugriff bei den heftigen Stücken ist zweifelsfrei spektakulär, seine sachte, feingliedrige Vorgehensweise bei den Balladen aber kriecht beim Zuhörer unter die Haut, erzeugt Gänsehaut und Wohlbefinden.
Die Aussage, der Abend mit dem Italian Organ Trio sei einfach nur "schön" gewesen, mag schlicht sein. Dennoch ist sie wahr. Es lag an der Musik, an der Klasse der Musiker, an der Dynamik, an der Spannung, am Feeling und an diesem ganz speziellen Sound der Orgel aus dem Hause Viscount. Und es lag an der ungemein sympathischen und humorvollen Art, wie Lorenzo Petrocca das Publikum durch den Abend führte. Aber "einfach nur schön"? - Doch, genau das trifft es ziemlich gut.
Karl Leitner
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