Unterwegs im Kampf gegen Lepra

Seit 1979 arbeitet Manfred Göbel in Brasilien als Entwicklungshelfer. Der gebürtige Eichstätter hat dort unter anderem eine Gesundheitsversorgung für Leprakranke aufgebaut. Wir haben den 65-Jährigen vor Ort besucht - ein letztes Mal: <?ZE> Er will zum Ende des Jahres in den Ruhestand gehen.

19.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:13 Uhr |
Zu Fuß geht es für Manfred Göbel und seine Helfer zum Indianerdorf Bakalana. Regelmäßig wird die dortige Gesundheitsstation besucht. Die Mitarbeiter dort freuen sich darüber natürlich sehr (unten). − Foto: Fotos: Ludwig

Seit 1979 arbeitet Manfred Göbel in Brasilien als Entwicklungshelfer. Der gebürtige Eichstätter hat dort unter anderem eine Gesundheitsversorgung für Leprakranke aufgebaut. Wir haben den 65-Jährigen vor Ort besucht - ein letztes Mal:

Manfred Göbel ist wieder unterwegs. Heute besucht er ein Projekt der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe in der Nähe von Barra do Bugres im Bundesstaat Mato Grosso. Es geht um die Basisgesundheitsversorgung im Indianerdorf Bakalana. Der Weg dorthin ist mühsam. Schotterpiste, dann Kanuüberquerung eines Dschungelflusses und Fußmarsch in sengender Hitze. Der Eichstätter ist die Strapazen gewohnt, schließlich arbeitet er seit Jahrzehnten schon als Repräsentant des Würzburger Hilfswerkes in Brasilien. "Der Fluss ist voller Anacondas und Krokodile", erwähnt er. "Kein Scherz, hier wurden schon Tiere und auch Menschen ins Wasser gezogen und tauchten nie mehr auf."

Für Manfred Göbel wird es wohl das letzte Mal sein, dass er in den Ort kommt, denn der 65-Jährige geht Ende dieses Jahres in Rente. Dabei ist Mara Silva de Souza von der städtischen Gesundheitsbehörde. Das einfache Boot schaukelt, als es den Fluss überquert. Nach 15 Minuten ist das gegenüberliegende Ufer erreicht. Noch ein paar Kilometer Fußmarsch sind es bis zum Dorf des Indianerstammes Aldeia Umutina.

Dort angekommen begrüßt ihn das Gesundheitsteam: Es freut sich über Göbels Besuch, denn er ist auch zugleich eine Anerkennung für die Leistung in einer zwar idyllischen, aber doch sehr entlegenen Region.

Ana Cardina Prado Silva arbeitet gerne in der Basisgesundheitsversorgung. Und am liebsten in entlegenen Gebieten wie der Region Xingu bei den Indianerstämmen. Das sei, so sagt die junge Krankenschwester, die Erfüllung ihres Lebens. Alles hat sie darauf ausgerichtet, diese Herausforderung zu ihrem Beruf zu machen. Die Krankenpflegeausbildung wurde von der DAHW unterstützt. Sie erlebt die Härte, die mit diesem Beruf einhergeht, selbst. "20 Tage arbeiten wir am Stück, zehn Tage sind dann frei", erklärt sie. Wenn sie jenseits jeglicher Zivilisation tätig ist, sei es schwer, die Freizeit entsprechend zu gestalten. Denn oft ist die Anreise schon mit tagelangen Bootstouren verbunden, um überhaupt erst in das Einsatzgebiet zu kommen. "Dort gibt es weder Straßen noch einen Flughafen", sagt die Endzwanzigerin.

Vor Ort arbeitet sie mit einem Allgemein- und einem Zahnarzt, zwei Hilfskräften und indianischen Gesundheitsagenten zusammen. "Wir gehen direkt in die Häuser. Die lokalen Mitarbeiter sprechen die Sprache", sagt Ana Cardina Prado Silva. "Im Amazonasgebiet gibt es allein 72 registrierte Sprachen", erklärt Reinaldo Bechler, DAHW-Programmdirektor für Brasilien. "Die zwei Hauptsprachen können die meisten verstehen." Bereits seit drei Jahren unterstützt die DAHW ein neues Telemedizin-Projekt für Indianer. "Wir wollen mit den indigenen Mitarbeitern in schwer erreichbare Dörfer gehen. Im Gepäck haben diese Videoaufnahmen von Lepra-Erkrankungen, sozusagen als Vorreiter des geplanten Tele-Medizin-Vorhabens, das schon in anderen Bundesstaaten erfolgreich angewendet wird."

Nur wenige Gesundheitsstationen in den Urwäldern Brasiliens sind mit Satellitenanlagen ausgestattet. "Die Nachfrage nach Telemedizin wächst. Zumal es große Lücken in der medizinischen Aufklärung gibt. Denn viele Patienten haben keine Möglichkeiten, eine Sprechstunde zu besuchen", betont Maria Conceicao Encamacao Villa, die frühere Vize-Gesundheitsministerin des Staates Mato Grosso. Sie arbeitet jetzt als Telemedizin-Koordinatorin am Universitätskrankenhaus Julio Müller in Cuiabá. Von diesen Errungenschaften hat Prado Silva gehört. Sie findet die Idee und geplante Umsetzung gut. Erst vor Kurzem wurde sie ins Dorf Bakalana im Bundesstaat Mato Grosso versetzt, wo sie in der Gesundheitsstation arbeitet. "Das ist Zivilisation", scherzt sie. Denn die Stadt Barra do Bugres ist in wenigen Stunden erreichbar. "Man muss halt den Fluss überqueren und einige Kilometer auf holprigen Feldwegen fahren, bis man zur Bundesstraße gelangt", erklärt Prado Silva. "In Mato Grosso gibt es vier Indianerdistrikte", berichtet Göbel. "Die DAHW hat das indigene Gesundheitspersonal ausgebildet. Lepra- und Tuberkulosekampagnen werden in der jeweiligen Lokalsprache abgehalten." Partizipation ist das Zauberwort. Kinder haben Zeichnungen zu den Kampagnen entworfen, die in den gedruckten Aufklärungsmaterialien verwendet werden. "Die Kampagne war von Anfang an erfolgreich", ergänzt de Souza. "Die Lepra ist mittlerweile im Gedächtnis der Bevölkerung angekommen. Es gibt so gut wie keine Spätdiagnosen mehr." Durch das Engagement der DAHW, die jedes Jahr das gesamte Gesundheitspersonal ausbildet und groß angelegte Kampagnen veranstaltet, ist eine beispiellose Nachhaltigkeit entstanden, die nun der Bevölkerung zugutekommt.

Doch damit nicht genug. Um die gute Arbeit weiterzuführen, werden Preise für die besten Aufklärungsarbeiten ausgeschrieben. In ganz Mato Grosso nehmen 35 Städte teil. "Sie alle sind bemüht, eine Urkunde von der DAHW zu bekommen", erklärt de Souza. "Die Anerkennung durch ein erfahrenes Experten- Hilfswerk ist dabei für sie das Erstrebenswerteste."

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