Eichstätt
Unsichere Perspektiven, schlechte Bezahlung

Die Eichstätter Grünen diskutierten die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Attraktivität universitärer Berufe

06.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:42 Uhr

 

Eichstätt (ct) Trotz Sonnenscheins, Volksfest und Semesterferien kamen rund 20 Interessierte zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema „Beruf Wissenschaft – Traumjob oder Sackgasse“ ins Alte Stadttheater nach Eichstätt.

Dazu hatte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Agnes Krumwiede, die auch durch den Abend führte, eingeladen. Extra dazu aus Hamburg angereist war die Wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Krista Sager. Sie diskutierte mit dem Landtagskandidaten der Grünen, Thomas Knott, der Gleichstellungsbeauftragten der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU), Maria Brems, und Kerstin Merkel, Honorarprofessorin für Kunstgeschichte an der KU. Krumwiede – selbst studierte Pianistin – merkte zu Beginn an, dass es zwischen den Anstellungsverhältnissen bei Kulturberufen und wissenschaftlichen Berufen durchaus Parallelen gebe: „In beiden Bereichen schwindet die Zahl der Festanstellungen“, sagte Krumwiede. Dies führe zu unsicheren Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Krista Sager stimmte dem zu, es gebe zu viele Frist- und Kurzanstellungen an deutschen Universitäten, aber: „Die Wissenschaft war schon immer ein Bereich, in dem hohe Flexibilität herrscht“, so die Politikerin. Dem Engagement der Lehrenden habe dies aber keinen Abbruch getan.

Für KU-Professorin Merkel sei es jedoch ein Unding, dass etwa sogenannte Privatdozenten so gut wie unentgeltlich an den Universitäten lehren: „Das sind die Sklaven an den Unis“, formulierte sie die Situation vieler wissenschaftlich Tätigen drastisch. Doch für sie steht auch fest, dass viele Jungdozenten sich freiwillig in diese „Fron“ begeben, um irgendwann als Außerplanmäßiger Professor (APL) anerkannt zu werden. „Auf diese Weise spart man in Deutschland fast 1000 Professuren“, resümierte Merkel.

Die Gleichstellungsbeauftragte der KU prangerte unterdessen auch die Frage der Finanzierung an. Brems forderte mehr staatliche Mittel und weniger Drittmittel zur Finanzierung von Universitätsstellen. So ließen sich feste Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs schaffen, die für die nötige Planungssicherheit sorgten: „Besonders Frauen geben für einen Job an der Universität den Wunsch nach Kindern auf“, so Brems, die selbst fünf Kinder zur Welt gebracht hat, und aktuell ihr dadurch versäumtes Studium nachholt. Um beides zu vereinen – Universitätsarbeit und Kinder –, sei zudem eine bessere Kinderbetreuung für wissenschaftlich arbeitende Frauen wichtig. Dem stellte Sager allerdings entgegen, dass es sicherlich nicht nur am Mangel an Kinderbetreuung liege, dass Frauen es noch immer schwer hätten, Karriere an der Hochschule zu machen. „Es ist ja nicht so, dass Frauen ohne Kinder in Deutschland immer Karriere machen“, sagte sie augenzwinkernd.

Mit Blick auf Eichstätt beschrieb Thomas Knott die Finanzierungsverteilung an der KU. Nach seinen Angaben finanziere die Katholische Kirche die Universität mit lediglich 15 Prozent – den Rest trage der Freistaat. „Dafür ist der Einfluss der Kirche, etwa beim Besetzen neuer Posten, doch recht hoch“, sagte er. Und Sager ergänzte, dass es bei der Vergabe neuer wissenschaftlicher Stellen natürlich auch nach wissenschaftlichen Standards gehen solle. Hier sei der Staat in der Pflicht – eine eventuelle Scheidung oder andere private Kriterien dürften eine mögliche Beschäftigung nicht verhindern. Dazu kritisierte Merkel, dass es in der Wissenschaft allgemein häufig vorkommt, dass die besten Kräfte aus der Lehre abgezogen würden, um Finanzmittel zu akquirieren: „Lehrkräfte werden somit oft danach bewertet, wie viel Geld sie der Universität bringen“, erklärte sie.

Abschließend suchte die Runde nach Lösungsansätzen für die oft schwierige Situation von Nachwuchskräften an den Universitäten. Brems etwa möchte den Ist-Zustand aufbrechen, dass es immer weniger Frauen gebe, je höher die Besoldungsklasse sei. Für Sager ein Problem, das es schrittweise zu lösen gelte – Ebene für Ebene. Merkel befand indes, dass sich viele Universitäten auf den Kurzzeitverträgen und unbezahlten Privatdozenten ausruhten. „Bei aller Begeisterung für unseren Beruf – aber je mehr Leute mit solchen Verträgen an der Universität arbeiten, desto schlechter werden die Preise für den wissenschaftlichen Nachwuchs“, erklärte sie. Überspitzt formulierte sie, dass eigentlich all jene aufhören müssten zu lehren, damit sich die Universitäten bewegen.