Ingolstadt
Überraschender Vorstoß des Oberbürgermeisters: Altenheim an der Jahnstraße?

22.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:02 Uhr

−Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) OB Christian Lösel geht in der Diskussion über einen neuen Standort für das Heilig-Geist-Spital mit einem neuen, sehr überraschenden Vorschlag an die Öffentlichkeit und am kommenden Mittwoch in den Stadtrat: Ein Ersatzgebäude für das Altenheim in der Altstadt könnte auf dem Grund des einstigen Hallenbads Mitte an der Jahnstraße entstehen.

Dort sollte eigentlich eine Jugendherberge gebaut werden, aber nachdem das Jugendherbergswerk am Montag mitgeteilt habe, in den nächsten Jahren nicht mit dem Projekt in Ingolstadt beginnen zu können, ergreift der OB die Chance - und macht Tempo. "Ich will in der Stadtratssitzung nächste Woche einen Beschluss!", sagte er am Freitag, "denn jeder Monat, den wir verlieren, kostet die Heilig-Geist- Spital-Stiftung viel Geld." Es gibt auch schlechte Nachrichten, die Glück bergen können. Je nach Perspektive natürlich. Am vergangenen Montag hat OB Christian Lösel genau das erlebt. Just zu einem Zeitpunkt, da in einer verfahrenen Situation Glück ganz besonders willkommen war. Zwei Tage zuvor, am Samstag vor einer Woche, hatte sich ein Freundeskreis für das Seniorenheim Heilig-Geist-Spital gebildet und sehr selbstbewusst zwei Ziele postuliert: Das Haus muss in der Innenstadt bleiben! Und: Finger weg vom Haslangpark! Denn dort hatte der Stiftungsrat einen Alternativstandort entdeckt.

Eine Protestwelle war gerade am Anrollen. Da meldete sich an besagtem Montag das Jugendherbergswerk bei Lösel und teilte mit, dass man den Bau einer Jugendherberge in Ingolstadt in nächster Zeit nicht beginnen könne, da bei anderen Herbergsbauten die Kosten aus dem Ruder gelaufen seien. So erzählte es der OB am Freitag dem DK. „Es war wirklich genau am vergangenen Montag!“ Dass es bei der Realisierung der Jugendherbergspläne auf dem Areal des einstigen Hallenbads Mitte Probleme gibt, habe man schon länger gewusst, sagte Lösel. Aber jetzt wisse man offiziell, dass es so schnell nicht losgehen wird mit den Arbeiten. „Die Ausschreibung ist damit rechtlich zwingend aufzuheben“, sagte Lösel. So laute die Rechtsauffassung der Stadt Ingolstadt. „Alle Referenten tragen den Vorschlag, ein Seniorenzentrum an der Jahnstraße zu bauen, mit“, berichtete er weiter. „Doch was gebaut wird und wie gebaut wird, entscheidet der Stiftungsrat der Heilig-Geist-Spital-Stiftung.“

Der OB will in der „glücklichen Situation“, die sich mit der schlechten Nachricht aus dem Jugendherbergswerk eingestellt habe, diese Chance sofort ergreifen – und drückt aufs Tempo: Der Altenheimträger erwirtschafte jährlich ein Defizit von vielen Hunderttausend Euro. „Jeder Monat, den wir verlieren, kostet die Stiftung viel Geld. Deshalb will ich im Stadtrat am nächsten Mittwoch unbedingt einen Beschluss über den Standort Jahnstraße – und wenn wir Stunden diskutieren müssen!“ Die Sitzungsvorlagen gingen noch am Freitag raus, jetzt können sich die Fraktionen einlesen. Lösel führt weitere Argumente für seinen Vorschlag und sein hohes Tempo an: Eine Sanierung des Heims an der Fechtgasse sei Bewohnern wie Besuchern nicht zuzumuten und außerdem unverantwortlich teuer. Der Alternativstandort im Haslangpark sei auf starken Widerstand gestoßen und deshalb jetzt vom Tisch. Andere realistische Optionen habe man trotz intensiver Suche in der Altstadt nicht gefunden. Bis sich die Gelegenheit an der Jahnstraße bot. Dieses Grundstück habe viele Vorzüge, es sei sogar „sehr geeignet“: Es besitze genau die benötigte Größe (rund 7000 Quadratmeter), sei Eigentum der Stadt Ingolstadt und liege in der Altstadt. „Die Bewohner könnten dann in den Künettegraben, ins Sportbad oder ins Freibad, ohne eine Straße überqueren zu müssen.“

Das Areal auf dem bis 2017 das alte Hallenbad stand, „kann sofort beplant und dann bebaut werden“. Mit unerfreulichen Überraschungen im Boden sei höchstwahrscheinlich nicht zu rechnen. „Falls doch, würden wir das in den Griff bekommen. Die Situation ist insgesamt nicht so komplex.“ Und nicht zuletzt: Die für den Hallenbadparkplatz angedachten Bebauungen – ein Funktionsgebäude für die Kommunalbetriebe und ein Parkdeck – „würden vom Bau eines Seniorenzentrums unberührt bleiben“. Für die neue Jugendherberge „finden wir eine andere Lösung, da haben wir keinen Zeitdruck“. Es sei jetzt wichtig, „etwas für das Wohl unserer Bürger zu unternehmen. Wir müssen jetzt springen!“ Die Stadt sehe sich „in der Verpflichtung, die Liquidität der Heilig-Geist-Stiftung zu sichern“. Lösel hat auch dafür schon mal was vorbereite.

 

Kommentar

Des einen Freud’, des anderen Leid.“ Dieser uralte Spruch gewinnt mit der Chance, die sich wie aus heiterem Himmel bei der Standort-Suche für den Heilig-Geist-Spital-Neubau auftut, an Bedeutung. Vielleicht war es tatsächlich ein Wink des Himmels, dass das Jugendherbergswerk ihr Bauprojekt just in diesem Moment zurückgestellt hat. Der Standort am alten Hallenbad scheint für ein Seniorenheim geradezu ideal. Er liegt in der Innenstadt, was vor allem für die noch mobilen Bewohner ein enormer Vorteil ist, hat eine Fläche, auf der man ein den neuesten baurechtlichen Bedingungen entsprechendes, modernes Seniorenheim hinstellen kann, und ist – zumindest auf der einen, dem Glacis zugewandten Seite – nah an der Natur. Und Parkplätze vor der Haustüre gibt’s auch jede Menge. Die Gebete unseres CSU-Oberbürgermeisters müssen erhört worden sein. Der Druck für ihn und seine Partei in Sachen Spital war immens. Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Lösung juristisch hält, was sie verspricht. Und, dass der Stadtrat mitspielt – obwohl es wie so oft ein löselscher Alleingang ist. Ruth Stückle

Christian Silvester