Über dem Wasser untergegangen

14.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:24 Uhr

Vergeblich gestreckt: Thomas Assenbrunner und die Green Devils Schrobenhausen zeigten in Nördlingen lange Zeit eine starke Vorstellung, aber dann unterlagen sie doch deutlich. - Foto: F. Gründer

Nördlingen (SZ) Den amtierenden Deutschen Meister im Damenbasketball lassen sie quasi links liegen. Dass in der Nördlinger Hermann-Keßler-Halle an diesem Sonntagnachmittag die TV Saarlouis Royals zu Gast sind und sich mit dem heimischen WWK Donau-Ries messen, interessiert exakt 14 Fans der Schrobenhausener Green Devils herzlich wenig.

Ihre Endstation nach einer rund 80 Kilometer langen Autofahrt: der Ort, wo ihre Lieblinge ihr letztes Punktspiel des Kalenderjahres 2009 austragen. Ihr letztes Hinrundenmatch, dass dann am Ende eine bittere 85:101-Auswärtspleite beschert.

Hallenbad das Ziel

"Sie haben ihr Ziel erreicht", spricht der Navi brav direkt vor dem Gebäude in der Gerhart-Hauptmann-Straße 3, der zuvor eingegebenen Adresse. Dass jenes so ganz nebenbei das Nördlinger Hallenbad ist, verwundert zunächst schon ein bisschen. Sollen hier tatsächlich die SSV-Korbjäger um Punkte fighten?

Ja sie sollen, und zwar im ersten Stock – mehr oder minder genau über dem großen Becken. Vor der Halle herrschen Verhältnisse fast schon wie in einem amerikanischen Schnellrestaurant, beinahe alles gibt es für einen Euro: Kaffee, Wurstsemmeln mit Gurke, Kuchen. Über die Kleinigkeit, dass Kaltgetränke an diesem Tag nicht angeboten werden – der dafür zuständige Automat beim Eingang ist kaputt – wird bei diesen Billigpreisen gerne hinweggesehen.

Zumal es ja Wichtiges gibt: das Match an sich nämlich, das Kräftemessen der Green Devils mit dem so heimstarken TSV 1862 Nördlingen. Ein Teil des Schrobenhausener Anhangs ist sogar besonders nah dabei, seine Stühle befinden sich unmittelbar hinter der Mannschaftsbank. Jede taktische Anweisung von Headcoach Andreas Bernitt, jede Gefühlsregung eines jeden einzelnen SSV-Spielers – quasi im Eintrittspreis von zwei Euro mit inbegriffen. Dafür verzichtet man am dritten Advent gerne auf einen Weihnachtsmarktsbesuch, auf Glühwein oder pappsüßen Kinderpunsch.

Einmal ganz davon abgesehen, dass es hier in Nördlingen zunächst auch eher besinnlich zugeht. Laute Anfeuerungsrufe? Nein, die Anhänger der Hausherren halten am Anfang der Partie nicht viel davon – obwohl die Ihren bereits nach drei Minuten mit 8:2 vorne liegen. Die Strafe dafür gibt es prompt – und zwar auf dem Platz, wo die Green Devils plötzlich zu großer Form auflaufen, sich verdientermaßen die Führung erarbeiten und das erste Viertel immerhin noch mit 24:23 gewinnen.

Schade nur, dass es im zweiten Abschnitt kurzzeitig mit dem vorweihnachtlichen Frieden vorbei ist. Erster Leidtragender: Winfried Amann, der von einem Nördlinger regelrecht über den Haufen gerannt wird und sich hierbei einen Riss im Jochbein zuzieht. Kurze Zeit später ergeht es Philipp Distl ähnlich, nur dass er anstelle im Gesicht dort getroffen wird, wo es einem Mann am meisten weh tut. "Nimm’ etwas Eis und mach’ Dir warme Gedanken", gibt es prompt als Tipp von der eigenen Mannschaftsbank. Der Ratgeber hat leicht reden . . .

Frage an Schiedsrichter

Apropos reden: "Du magst uns wohl überhaupt net, oder? Ich kann damit schon umgeh’n, aber sag’ halt einfach, dass es so ist", ruft plötzlich ein Schrobenhausener Schlachtenbummler aufs Feld. Sein Adressat: einer der beiden Referees. Die Reaktion auf das Ganze: Schmunzeln allerorts – auch bei den Zuschauern aus Nördlingen. Kleiner Trost am Rande: Wenigstens schafft es das Schiedsrichtergespann, beide Lager mit unverständlichen Entscheidungen gleichermaßen zu benachteiligen.

Das Match selbst bleibt spannend. Einen zwischenzeitlichen 32:39-Rückstand wandeln die Green Devils schnell wieder in einen 43:41-Vorsprung um, um dann beim Stande von 45:45 in die Halbzeitpause gehen zu dürfen. Ach ja, und dann kommt tatsächlich auch bei den heimischen Fans so etwas wie Stimmung auf: "Teee Esss Vauuu", hallt es kurzzeitig durch die Halle, drei blauweiße Fahnen werden geschwenkt. Und auch der eine Trommler in der Halle weiß auf einmal, wie er sein Instrument zu bedienen hat.

Dumm nur für die Nördlinger, dass dies anscheinend nur ihre Gegner motiviert: Schon eine Minute nach dem Seitenwechsel liegen die Schrobenhausener um fünf Zähler vorne (50:45), nach sechs Minuten sind es sogar schon zehn Punkte Vorsprung (62:52). Und das, obwohl die SSV-Basketballer mit Johannes Mahl (Fersenprobleme) inzwischen einen weiteren Verletzten zu beklagen haben.

Nach dem dritten Viertel steht es nur noch 68:64. Also doch wieder Zittern beim Anhang der Green Devils, doch wieder Hoffnung bei den Fans des heimischen TSV 1862. Und jetzt endgültig eine tolle Basketballatmosphäre – beinahe so wie in der Schrobenhausener Hauptschulsporthalle. Das Ganze hat aus Sicht der SSV-Korbjäger lediglich einen Haken: Die Stimmung im ersten Stock des Nördlinger Hallenbades wird nur deswegen so gut, weil die Hausherren jetzt immer besser in Fahrt kommen! Fünf Minuten vor Spielende übernehmen die Hausherren wieder die Führung (78:77), 90 Sekunden später bauen sie ihr Polster bereits auf zehn Zähler aus (89:79) – um dann 23 Sekunden vor der Schlusssirene das Ergebnis sogar dreistellig zu gestalten. So müssen die Green Devils doch noch eine herbe 85:101-Abfuhr verkraften. Ihre 14 Schlachtenbummler bereuen es aber trotzdem nicht, sich gegen einen Besuch des benachbarten Damenbundesligaspiels entschieden zu haben. Gegen die Royals aus Saarlouis . . .

Die unterlegene Truppe der Green Devils: Winfried Amann, Thomas Assenbrunner (23 Punkte), Marcus Burg (7), Vehbi Davul, Philipp Distl, Benjamin Lang (2), Claus-Jürgen Ludwig (18), Johannes Mahl (2), Florian Mair (5), Matthias "Matcho" Straub (20) und Peter Trübswetter (8).