Ingolstadt
Trunkener Träumer

Federleichte Komik: Leni Brem inszeniert "Eine Sommernacht" im Ingolstädter Altstadttheater

04.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:06 Uhr

Nuancenreiches Spiel: Laura Cuenca Serrano und Ferdinand Schmidt-Modrow in der Komödie "Eine Sommernacht". - Foto: Kimmel

Ingolstadt (DK) Was für ein magisches Wochenende! Eins, das am Freitagabend mit einem One Night Stand nach zu viel Dostojewski und Cabernet Sauvignon irgendwo in Edinburgh beginnt, das voller Verrücktheiten, tanzenden Hummern, geklautem Geld und philosophierenden Parkautomaten steckt und am Montag mit einem Vorgeschmack wahrer Liebe noch lange nicht endet. "Eine Sommernacht" haben David Greig und Gordon McIntyre ihr reizendes Stück genannt, das Leni Brem zunächst im Münchner Hofspielhaus in Szene gesetzt hat, bevor sie es in ihr eigenes Haus, das Altstadttheater, holte.

Dort feierte es seine viel beklatschte Ingolstadt-Premiere.

Aber der Reihe nach: Helena, eine erfolgreiche Scheidungsanwältin, wurde gerade von ihrem Lover versetzt. Nicht zum ersten Mal. Entsprechend groß ist ihre Wut. Und so spricht sie den Erstbesten an, der ihr in der Weinbar in die Quere kommt: Bob, einen unscheinbaren Kleinkriminellen, der dort auf seinen nächsten Auftrag wartet und dabei Dostojewski liest. "Möchten Sie sich heute Abend mit mir betrinken, Bob" Er will. Sie trinken. Und reden. Und trinken. Und so kommt eins zum anderen. Sie landen in Helenas Bett. Am nächsten Morgen: Erwachen. Ernüchterung. Katerstimmung. Übelkeit auf beiden Seiten. Sie trennen sich. Ende der Geschichte? Nicht ganz. Denn zufällig begegnen sie sich wieder. Da hat sie gerade die Hochzeit ihrer Schwester gesprengt. Und er hadert mit 15 000 Pfund in einer Plastiktüte, die seinem Boss Big Mini Tam Callaghan gehören. Kurz entschlossen verbringen sie auch den Nachmittag zusammen. Und eine berauschende Nacht, in der sie auf skurrile Gestalten treffen, Geheimnisse offenbaren und existenzielle Fragen wälzen.

Klingt nach einem simplen, romantischen Komödchen, ist aber ungewöhnlich gewitzt. Denn David Greig erzählt nicht linear, sondern lässt Helen und Bob als Erzähler ihrer eigenen Geschichte auftreten. Und die spielen nicht nur brav ihre Rollen, sondern springen zwischen Zeitebenen und Per-spektiven, wechseln Figuren im Sekundentakt, korrigieren und kommentieren selbstironisch die Intermezzi des jeweils anderen. Es ist ein Spiel mit doppeltem Boden. Es geht auch um das Geschichtenerzählen selbst, um das Erinnern, um Wort und Wirkung und Gefühl.

Reichlich Futter also für zwei erfindungsreiche Schauspieler. Und die hat Regisseurin Leni Brem in Laura Cuenca Serrano und Ferdinand Schmidt-Modrow gefunden. Beide beeindrucken durch nuancenreiches Spiel, das je nach Bedarf wild und komisch, federleicht und slapstickhaft, lustvoll überdreht und zärtlich leise, anrührend, aber unsentimental ist. Immer punktgenau. Immer wieder überraschend.

Brem arbeitet dabei mit den Mitteln der Reduktion und dem Gespür für Details. Fünf weiße Hocker sind Bar und Bett, Cabrio und Toilettenschüssel. Die Handymelodie wird gepfiffen. Getrunken wird aus Luftgläsern. Der feige Liebhaber trägt Moustache am Stiel. Auch aus der theatralen Behauptung erwächst Komik. Und die Musik, die im Untertitel angekündigt ist, kommt zauberhaft grazil zur Geltung (musikalische Leitung: Sascha Fersch). Ein charmantes sommernächtliches Vergnügen inmitten düsterer Herbsttage.

13. und 26. November, 4. und 15. Dezember, 15., 22. und 28. Januar, 20.30 Uhr. Karten bei den DK-Geschäftsstellen.