Tiefe Empfindung

MünsterVocalisten und Concerto de Bassus musizieren in Etting

23.12.2019 | Stand 23.09.2023, 9:57 Uhr
Neben dem Weihnachtsoratorium erklangen in St. Michael Advents- und Weihnachtskantaten von Johann Sebastian Bach. −Foto: Schaffer

Etting - Erstmals unter Federführung der MünsterVocalisten als Eigenveranstalter warteten die beiden traditionellen Bach-Konzerte am vierten Adventssonntag in der Ettinger St.-Michaels-Kirche mit noch einer weiteren Besonderheit auf: Diesmal wurden den üblichen Ausschnitten aus dem "Weihnachtsoratorium" nämlich die drei Advents- und Weihnachtskantaten "Wachet auf, ruft uns die Stimme", "Gelobet seist du, Jesu Christ" sowie "Sie werden aus Saba alle kommen" vorangestellt, welche die Ankunft und Menschwerdung des Gottessohnes oder den Einzug der drei Weisen aus dem Morgenland zum musikalischen Thema haben.

 


Das 15-köpfige Gesangsensemble präsentierte sich hier koloraturgewandt bei den Chorfugen und in deklamatorisch sicherer Prägnanz bei den Chorälen, balancierte einerseits die imitatorischen Umspielungen der Cantus-firmus-Melodien stimmlich ebenso klug wie agogisch präsent aus, vollzog andererseits die sich kunstvoll verflechtenden kanonischen Entwicklungen feinsinnig nach.

Allen vier Vokalsolisten des Abends lag Bachs unübertroffen grandiose Art des Komponierens hörbar ideal in den Kehlen: Anna Feith vermochte nicht nur als als "Seele" in wunderbar sehnsuchtsvoll bebender Erwartung ihres Bräutigams zu schwelgen, sondern ließ durch ihren berückend schönen, leicht dahinfließenden, warm perlenden Sopran auch große Innerlichkeit spürbar werden. Besonders ihre herrlichen Liebesduette im anmutig verschmelzenden Dialog mit Daniel Ochoa gerieten zu absoluten Glanzlichtern. Nicht nur in ihnen entfaltete der Bassbariton sein beeindruckend prächtiges Klangvolumen, das er mit tiefer Empfindung und freudiger Gelöstheit aufzuladen wusste. Sowohl in den Rezitativen als auch in seinen Arien verstand es Tenor Markus Schäfer aufgrund seiner enormen Stilsicherheit, die textlichen Inhalte, den musikalisch-rhetorischen Facettenreichtum hell timbriert, agil und empathisch auszudeuten. Nahtlos in das Quartett ein fügte sich die satt kolorierte, glutvoll auflodernde Altstimme von Freya Apffelstaedt.

Das Originalklang-Ensemble "Concerto de Bassus" brachte auf seinen authentischen Instrumenten eine vor allem in den Streichern reizvoll raue, verschlankte Klangfärbung ins Spiel, schritt zu Beginn im Stil einer französischen Ouvertüre punktiert-feierlich dahin, erzeugte anhand der tiefen Oboenregister gekonnt inszenierte nächtliche Stimmungen oder wurde geradezu orientalisch angereichert durch aparte Blockflöten. Eine stringente, lebendige Interpretation in (abgesehen von gelegentlichen intonatorischen Anpassungsschwierigkeiten der Hörner) überzeugend leichter Artikulation. Mit eben dieser brillierte auch Konzertmeisterin Theona Gubba-Chkheidze beim Solopart auf ihrer leidenschaftlich-virtuos gespielten Violine - unter der versierten Gesamtleitung von Franz Hauk, der die Rezitative wendig-flexibel vom Cembalo aus selbst begleitete.

So gelang eine festliche, effizient geformte Einstimmung auf die kommenden Weihnachtsfeiertage.

DK

 

Heike Haberl