Riedenburg
Teurer Schulweg

Landkreis Eichstätt zahlt die Busfahrkarte für Realschüler von Pförring nach Riedenburg nicht mehr

06.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr
Die Monatskarte für die Schulbuslinie zwischen der Gemeinde Pförring und Riedenburg wird für künftige Fünftklässler, die im September auf eine der beiden Riedenburger Realschulen wechseln möchten, nicht mehr vom Landkreis Eichstätt bezahlt. −Foto: Missy

Riedenburg (DK) Schüler aus der Marktgemeinde Pförring, die zum kommenden Schuljahr auf eine der beiden Riedenburger Realschulen wechseln wollen, müssen die Kosten für die monatliche Buskarte künftig selbst bezahlen. Das hat das Landratsamt Eichstätt beschlossen.

Damit steht für einige Familien künftiger Realschüler aus Pförring eine einschneidende Veränderung bevor - entweder für die Schulwahl oder für den Geldbeutel. Bislang wurde die Monatskarte für den Bus von Pförring nach Riedenburg wie auch nach Kösching oder Ingolstadt vom Landkreis Eichstätt bezahlt. Künftig wird nur noch der Weg nach Kösching und Ingolstadt übernommen.

Grund für diese Änderung sind gesetzliche Rahmenbedingungen - wegen der allgemein sinkenden Schülerzahl entsteht eine neue rechtliche Situation. Die Ausgangslage stellt sich folgerndermaßen dar: Wenn Grundschüler aus der Gemeinde Pförring nach der vierten Klasse auf eine Realschule wechseln möchten, stehen einige Optionen zur Verfügung. Im Westen befinden sich die Staatliche Realschule Kösching und vier Realschulen in Ingolstadt, darunter die Gnadenthal-Mädchenrealschule der Diözese Eichstätt. Im Osten liegen in Riedenburg die Staatliche Johann-Simon-Mayr-Realschule und die katholische St.-Anna-Mädchenrealschule.

Wegen des Rechts auf freie Schulwahl können die Schüler und ihre Eltern frei entscheiden, welche der weiterführenden Bildungseinrichtungen besucht werden soll. Aktuell besuchen von 109 Realschülern aus Pförring 31 die St.-Anna-Realschule und 26 die Staatliche Realschule Riedenburg. 48 Schüler besuchen die Realschule in Kösching, vier die Gnadenthal-Realschule.

Die Wahl blieb dabei bislang frei von monetären Aspekten, da für jede Schule die Buskosten vom Landkreis Eichstätt übernommen wurden. "Grundsätzlich gilt laut Schülerbeförderungsverordnung die Kostenfreiheit für die Schule mit dem geringsten Beförderungsaufwand", erklärt Christian Geyer, stellvertretender Sachgebietsleiter Schülerbeförderung im Landkreis Eichstätt. Wenn zwei Schulen das gleiche Bildungsangebot haben, wird der billigere Anfahrtsweg von der Kommune übernommen. Ausschlaggebend sind also nicht die Entfernung oder die Fahrtzeit, sondern einzig und allein der Preis für die Monatskarte.

Für die Schüler aus Pförring kostet die Monatskarte nach Kösching und Ingolstadt 102 Euro, nach Riedenburg 133,50 Euro. Die Anfahrt aus den Ortsteilen Dötting und Wackerstein kostet 127,20 Euro, aus Ettling 139,50 Euro. Diese Preisdifferenz bestand zwar bereits in der Vergangenheit, die Gnadenthal-Mädchenrealschule in Ingolstadt und die Köschinger Realschule hatten in den vergangenen Jahren aber kaum Kapazitäten, um neue Schüler aufzunehmen. Deswegen griffen die gesetzlichen Regelungen nicht, und die Busfahrt nach Riedenburg wurde vom Landkreis bezahlt. Wegen des Geburtenrückgangs sind die Anmeldezahlen aber rückläufig und somit auch Platz für alle neuen Fünftklässler aus Pförring.

Für die Riedenburger Realschulen ist das eine schlechte Nachricht. "Das schmerzt uns", gibt Christian Fackler, Schulleiter der Mädchenrealschule unumwunden zu. "Pro Jahr kommen zwei bis drei neue Schülerinnen aus der Marktgemeinde Pförring zu uns. Auf sechs Jahre hochgerechnet verlieren wir eine halbe Klasse." Es sei eine jahrzehntelange Tradition gewesen, dass Pförringer Schüler nach Riedenburg kommen, auch aktuell gebe es Eltern, die ihre Kinder gerne an der Mädchenrealschule anmelden würden. Die Mehrkosten könnten viele aber zum Umdenken verleiten, sinkende Klassenzahlen würden für Schulen rückläufige Lehrerstunden bedeuten. "Es geht auch um Arbeitsplätze", sagt Fackler und der Direktor der Staatlichen Realschule, Thomas Dachs, ergänzt: "Wir sind um jeden Schüler dankbar." Geburtenrückgänge und der Verlust von Einzugsgebieten setzen vor allem kleinen Schulen zu, da die Anzahl der Schulklassen sich verringern könnte. Das Schulwegkostenfreiheitsgesetz sieht auch einen Ermessensspielraum vor und lässt eine Toleranzgrenze zu. Solange der Anfahrtsweg zu einer Schule mit gleichem Bildungsangebot Mehrkosten von 20 Prozent gegenüber der Schule mit den geringsten Fahrtkosten nicht übersteigt, zahlt auch hier die Kommune die Monatskarte.

Das Problem ist aber, dass die Anfahrtskosten zu den Riedenburger Realschulen die Preise der Monatskarte nach Kösching und Ingolstadt mindestens um 25 Prozent übersteigen. Bislang legte das Eichstätter Landratsamt seinen Ermessensspielraum dennoch zugunsten der Pförringer Schüler aus, die Riedenburger Realschulen besuchen wollten. Damit ist jetzt Schluss, die Mehrkostengrenze muss strikt eingehalten werden.

Auch die Gemeinde Mindelstetten ist betroffen. Die Kosten für die Monatskarte aus dem Kernort und dem Ortsteil Hiendorf zur Staatlichen Realschule Riedenburg - nicht aber zur Mädchenrealschule - liegen über der Toleranzgrenze. Alle anderen Ortsteile bekommen die Monatskarte bezahlt. Bürgermeister Alfred Paulus (CWG) geht von einer Größenordnung von fünf Schülern aus, die im kommenden Schuljahr die Staatliche Realschule in Riedenburg besuchen würden. "Wir kämpfen darum, dass die Fahrtkosten nach Riedenburg weiterhin vom Landkreis gezahlt werden", sagt Paulus.

Die neue Regelung betrifft dabei nur Schüler, die ab dem kommenden Schuljahr auf die Realschule wechseln. Für Pförringer, die bereits in Riedenburg eine Realschule besuchen, wird die Monatskarte weiterhin bis zum Ende der Realschulzeit wie gewohnt bezahlt. Sachgebietsleiter Geyer versteht dennoch die Riedenburger Sorgen vor sinkenden Schülerzahlen: "Für die Schulen ist das schwierig. Aber wenn wir die Vorschriften der Schülerbeförderungsverordnung nicht einhalten, erhalten wir den Zuschuss von 60 Prozent der Beförderungskosten vom Freistaat Bayern nicht."

Diese Bezuschussung durch den kommunalen Finanzausgleich ist auch der Grund, warum es ebenfalls nicht möglich ist, eine Realschule in Riedenburg zu besuchen und von 133,50 Euro Beförderungskosten die 102 Euro erstattet zu bekommen, die das Ticket nach Kösching kosten würde. "Der Landkreis darf nur den tatsächlich zurückgelegten Schulweg bezahlen", erklärt Geyer. Andernfalls würde man gegen die Rechtslage verstoßen und die Ausgleichszahlungen des Freistaats Bayern nicht erhalten. Der Gesetzgeber begründet die Nicht-Übernahme so genannter fiktiver Kosten mit den Bedenken vor Mehrkosten, der Gefahr, dass Schulverkehr zu nächstgelegenen Schulen unrentabel und eingestellt werden könnte, wenn weniger Schüler diesen nutzen, und dem grundlegenden Interesse, dass die Schüler die nächstgelegene Bildungseinrichtung besuchen. Sonst würde die Planung, wie Schulen sich entwickeln, erschwert werden.

Die Argumentation, dass die Fahrtkosten nach Kösching und Ingolstadt aufgrund von Subventionen billiger sind und daher die Toleranzgrenze von 20 Prozent überschritten werde, zähle laut Geyer nicht. Die einzige Bewertungsgrundlage für den Vergleich der Fahrtkosten zu den verschiedenen Schulen sind die Tarifpreise der Nahverkehrsunternehmen. Wie diese zustande kommen, ist für die Kostenübernahme irrelevant. Die Konsequenz: Schüler aus Pförring, Ettling, Dötting und Wackerstein müssen die Fahrtkosten nach Riedenburg zahlen. Für Schüler aus Forchheim oder Lobsing dagegen wird die Busfahrt bezahlt.

Kommentar von Christian Missy

Dass die Kommunen die Fahrtkosten für Schüler übernehmen, ist richtig und wichtig. Die Entscheidung, eine weiterführende Schule zu besuchen, darf nie von der Frage abhängen, ob sich die Familie die Monatskarte für den Bus leisten kann. Dass allerdings nur der preisgünstigste Weg vom Steuerzahler übernommen wird, ist ebenfalls logisch. Für die Schulstadt Riedenburg wird die Nähe zum verhältnismäßig preisgünstigen Nahverkehrsnetz INVG so zum Problem. Es bleibt zu hoffen, dass kurzfristige Schwankungen der Schülerzahl die Investitionen in qualitative Schulbildung durch ausreichendes Lehrerpersonal nicht beeinflussen.

Der Verlust des Einzugsgebiets Pförring schwächt die Position der Riedenburger Realschulen aber langfristig. Da die Gesetzeslage nachvollziehbar ist, bleibt den Direktoren wohl nichts anderes übrig, als die neue Situation zu akzeptieren.

Das sagt das Busunternehmen

Die Nicht-Übernahme der Busfahrtkosten durch den Landkreis Eichstätt wirkt sich natürlich auch auf den örtlichen Nahverkehr aus. Seit Jahrzehnten hat das Unternehmen Bäuml aus Lobsing die Konzession für die Schülerbeförderung von Pförring zu den beiden weiterführenden Schulen nach Riedenburg. Auf der Linie VLK 70 sammeln drei Busse der Firma Bäuml die Schüler in den Pförringer Ortsteilen ein und bringen sie auch wieder nach Hause. „Solange Bedarf vorhanden ist, befördern wir die Pförringer nach Riedenburg, bis der letzte Schüler die Realschule verlassen hat“, sagt Firmeneigentümer Gerhard Bäuml. Da aber ab September voraussichtlich weniger Fünftklässler Monatskarten nach Riedenburg kaufen werden und sukzessive die ehemaligen Zehntklässler als Buskinder wegfallen, erwartet Bäuml geringere Einnahmen. „Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wäre es dann eine Option, Busse zusammenzulegen, um Kosten zu sparen.“ Bäuml erwartet aber eine schleichende Verringerung der Schüler, die von Pförring nach Riedenburg den Bus nehmen. Sollte irgendwann die Zahl auf null sinken, könnte die Linie aus dem Fahrplan genommen werden. cmi