Offenbau - Seit fünf Jahren wird auf dem Dollingerhof in Offenbau die sogenannte solidarische Landwirtschaft (Solawi) betrieben, bei der Verbraucher und Hof eine Vereinbarung über ein Jahr schließen.
Diese besagt, dass die Konsumenten die Kosten des Hofes übernehmen - und im Gegenzug dessen Ernte bekommen. Bis jetzt kann man von einer echten Erfolgsgeschichte sprechen.
Diese positive Bilanz zogen neben der Bäuerin Claudia Dollinger auch mehrere Mitarbeiter und Mitglieder dieser Vereinigung, die über ihre Erfahrungen, aber auch über die Zukunft der Landwirtschaft aus ihrer Sicht berichteten. Demnach sei es ein stetiges Bergauf: Unter anderem wurde auf dem Hof ein Hühnermobil gebaut, Zweinutzungshühner angeschafft, wo auch der Bruderhahn aufgezogen wird, ein Weidemelkstand fertiggestellt, wobei die Kühe mindestens sieben Monate auf der Weide sind. Und nicht zuletzt erfreut sich der mittlerweile gegründete Bauernhofkindergarten mit 15 Plätzen so großer Beliebtheit, dass seine Warteliste voll ist. Der Gemüseanbau hat sich auf vier Hektar vergrößert und viele Diversitätsmaßnahmen wurden begonnen - wie zum Beispiel ein Agroforstprojekt, bei dem Elemente des Ackerbaus mit denen der Forstwirtschaft kombiniert werden. Dazu kommen diverse Aktionen wie das Hack- und Jätefestival im Mai oder das Erntefestival im Oktober. "Das hört sich jetzt alles ganz wunderbar an, bedeutet aber jede Menge Arbeit", macht Claudia Dollinger deutlich.
"Gerade bei der großen Vielfalt, die unser Hof produziert, ist die Organisation nicht leicht", sagt sie. Aber wer Freude an den Kreisläufen der Natur und an biologisch-dynamischer Landwirtschaft habe, der nehme das alles gerne in Kauf. "Wie mein Mann damals bei der Umstellung auf Solawi gesagt hat: ?Ich will Landwirtschaft betreiben, und kein Geld verdienen. " Ein regelmäßiges Einkommen will natürlich trotzdem erreicht werden. Aber eben nicht auf Kosten von Natur und Umwelt.
Dafür, dass schon die Kleinsten einen Bezug zu Natur und Umwelt entwickeln, sorgt der Hofkindergarten unter der pädagogischen Leitung von Ulli Schleehahn. "Dieser Hof ist dafür ein echtes Geschenk", sagt sie, denn hier könnten die Kinder in die Zyklen der Natur eintauchen und jahreszeittypisches sowie wetterbedingtes Arbeiten erleben. Ebenso den Duft vom Heuboden oder des Käsekellers. "Das hier ist kein Streichelzoo, in dem einfach nur Bilder ausgemalt werden. Hier wird Bildung nicht nur vermittelt, sondern richtig gelebt, so dass die eigenen Kompetenzen erschlossen und verinnerlicht werden können", zeigt sie sich überzeugt.
Die Vermittlung dieser Werte schon bei Kindern - zum Beispiel durch einen Schulgarten, in dem eigene Kräuter angebaut werden oder gemeinsames Kochen in der Schule - ist nur eine von vielen Forderungen, die die Solawi-Mitglieder an die Politik stellen.
Bekanntlich sind auch konventionell produzierende Landwirte derzeit mit den politischen Vertretern alles andere als zufrieden und tun dies deutschlandweit in Demonstrationen kund. Das findet man auch auf dem Biohof völlig gerechtfertigt. "Auch wenn wir zum Teil andere Herangehensweisen haben, sitzen wir alle im selben Boot", sagt Claudia Dollinger. Auch sie würde sich regelmäßig an Demonstrationen beteiligen. In Berlin trat sie für eine nachhaltige Landwirtschaft ein und durfte sogar auf der Bühne eine Rede halten.
Egal ob Biobauer oder nicht: Nur gemeinsam könne man etwas erreichen - und die Politik müsse endlich ihre Hausaufgaben machen und ihrer ureigenen Aufgabe nachkommen, "nämlich für die Menschen und den Planeten das Beste zu erreichen". Es dürfte nicht weiterhin nach Fläche, sondern nach Mehrwert für die Gesellschaft "und dem, was auf den Höfen passiert", Fördergeld gezahlt werden, findet sie. Und so zeigt sich, dass die Kluft zwischen den Forderungen des Bayerischen Bauernverbandes und von Biobauern doch besteht, nicht unbedingt alle an einem Strang ziehen. Die Tierhaltung solle sich zum Wohl der Tiere grundlegend ändern, sagt Dollinger, es solle einfach weniger Fleisch produziert werden. "Und vor allem müsste es viel teurer verkauft werden, denn schließlich handelt es sich um Lebensmittel, die über ein reines Konsumgut hinausgehen. " Die Produkte der Landwirtschaft verdienten es ebenso wie ihre Hersteller, wertgeschätzt zu werden.
Und noch eine Forderung an Politiker hat Claudia Dollinger parat: Sie sollten dafür sorgen, dass auch einkommensschwache Menschen sich gutes Essen leisten können.
HK
Tobias Tschapka
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