Thalmässing
Steine und Scherben erzählen Geschichte(n)

Zum 30-jährigen Bestehen des Museums Fundreich in Thalmässing erinnert Sonderausstellung an die Anfänge

19.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:50 Uhr
  −Foto: Fotos: Karch

Thalmässing (HK) Doppelte Zeitreise im Museum Fundreich Thalmässing: Einerseits machte die Sonderausstellung "Am Anfang nichts als Steine und Scherben" die Vor- und Frühgeschichte in unserer Region lebendig, andererseits erinnerten sich die Gäste an die Geburtsstunde des Mu-seums vor 30 Jahren.

Zu einem Familientreffen der besonderen Art ist die Eröffnung der Sonderausstellung "Am Anfang nichts als Steine und Scherben" geworden. Mehr als viele steife Reden zeigten die lebhaften Gespräche, dass das Miteinander unter den Heimatkundlern und Archäologen groß geschrieben wird. Und aus diesem Miteinander ist vor 30 Jahren das kleine Museum mit seinen vielen Schätzen geworden. Denn das, was mit den Funden einer Grabung im Hirgast in Alfershausen Ende des 19. Jahrhunderts passiert war, sollte mit Schmuckstücken, Waffen oder Töpfen aus den Grabungen in neuerer Zeit rund um Thalmässing nicht geschehen. "Ein im Hirgast entdecktes Schwert ist verschwunden, es soll nach England gegangen sein", blendete Bernd Mühldörfer 140 Jahre zurück. "Und viele andere Funde sind in alle Winde verstreut."

Landrat Herbert Eckstein als "Chef" des Museums versuchte sich bei seiner launigen Eröffnungsrede als Interviewer und ließ die Männer der ersten Stunde zu Wort kommen. "Die Funde sollten in der Region bleiben", nannte der Archäologe Ulrich Pfauth die Intention in den 1980er-Jahren. Beim damaligen Landrat Helmut Hutzelmann sei die Anregung vom damaligen Kulturreferenten des Landkreises, Reinhard Wechsler, auf offene Ohren gestoßen. "Die Geschichte der Region sollte umfassend erarbeitet werden."

Dafür haben sich die Mitglieder der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg (NHG) gewaltig ins Zeug gelegt, wie sich Bernd Mühldörfer, der die Ausstellung konzipiert hat, erinnert. "Wir haben uns bemüht, alle Töpfe zeitnah zu restaurieren." Eine Aussage, die Martin Nadler, den Leiter der Außenstelle Nürnberg des Landesamts für Denkmalpflege, schmunzeln ließ: "Er kennt alle Töpfe persönlich."

Das Gräberfeld in Landersdorf mit seinen mehr als 30 Grabhügeln und über 100 kleinen Brandgräbern wurde zur Keimzelle für das Museum Fundreich. Karl-Heinz Denzler, der vor Kurzem verstorbene Thalmässinger Heimatkundler, hatte die Nekropole 1967 entdeckt. In den 80er Jahren führte das Landesamt für Denkmalpflege die Grabungen fort. Schon 1988 standen die ersten restaurierten Funde für das neue Museum zur Verfügung. Das hätte eigentlich 2013 sein 25-jähriges Bestehen feiern können. Statt der großen Jubiläumsfeier gab es eine komplette Neukonzeption, die sich nicht mehr an den Epochen orientiert, sondern zu einem thematischen Rundgang durch vergangene Zeiten einlädt. "Die neuen Medien und die Digitalisierung bieten so viele Chancen", erklärte Herbert Eckstein. "Aber man muss immer dahinter sein, dass ein Museum lebendig bleibt." Bei einer solchen Einrichtung sei man nie fertig, sondern müsse immer weitermachen, sonst sei man auf einem absteigenden Ast.

Für Bürgermeister Georg Küttinger ist das Museum Fundreich, das mit dem Geschichtsdorf in Landersdorf und den archäologischen Themenwegen eine Einheit bildet, ein fester Bestandteil im Thalmässinger Kulturangebot. Und die Kombina-tion dieser drei Angebote sei ein Alleinstellungsmerkmal. Der Tourismus habe sich in Thalmässing zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Das richtige Rezept sei es, Bestehendes weiterzuentwickeln und Neues anzubieten. Das geschehe im Museum in vorbildlicher Weise. Der Bürgermeister freute sich auch über die gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt und der Naturhistorischen Gesellschaft. Ihm bleibt nur eines - zu hoffen, "dass es so weitergeht".

30 Jahre Museum Thalmässing sind aber nicht nur ein Sy-nonym für viele Keramikscherben, kunstvollen Schmuck, prächtig verzierte Gebrauchsgegenstände oder gut erhaltene Skelette, sondern auch für das Engagement vieler Wegbegleiter. Landrat Herbert Eckstein nannte nur einige Namen. Zum Beispiel den von Karl-Heinz Denzler, "der erste Impulse gegeben hat und sich sicher freuen würde, was daraus geworden ist". Oder den von Fritz Weglöhner, der viele Exponate zur Verfügung gestellt und auch regelmäßig durchs Museum geführt hat. Willi Pommer, Hans Renner, Fritz Loy, Ernst Winkler, Gerhard Schieferdecker, Walter Küttinger, Paula Waffler oder Traudl Schieferdecker, Waltraud Denk und Walburga Dorner sind nur einige weitere Namen, die Eckstein nannte. "Ohne diese Unterstützung würde es das Museum nicht geben."

Eines seiner besonderen Exponate, der Rinderanhänger von Landersdorf, ist zum Symbol für die Heimatkunde geworden. Eine Replik wird an verdiente Heimatkundler verliehen. Und er steht als große Skulptur vor dem Museum, geschaffen vom Thalmässinger Bildhauer TEVAUHA.

Wer sich große materielle Schätze im Museum erwartet, wird enttäuscht werden. "Goldexponate werden Sie hier nicht finden", machte Bernd Mühldörfer gleich zu Beginn seines Vortrags klar. Auch Silber und Bernstein seien nicht darunter. Aber viele Scherben. Kein Wunder, wurden doch in der Ausgrabung bei Landersdorf bis zur Reuther Platte rund 400 Gefäße gefunden - viele davon in Scherben. Viele Stunden Arbeit hat die NHG investiert, um diese Bruchstücke wieder zu einem Ganzen zusammenzusetzen. Dass dies gelungen ist, davon konnten sich die Gäste der Ausstellungseröffnung bei einem Rundgang überzeugen.

Rechtzeitig zum Jubiläum ist auch der 140 Seiten starke neue Führer durch das Museum herausgekommen, der informativ und unterhaltsam die Geschichte dieser Region beleuchtet. "Da blättert man gern drin", lobte deshalb der Landrat das Gemeinschaftswerk. "Das ist ein Einstieg für Oberexperten, aber auch für Neugierige."

Die Ausstellung ist noch bis 30. September 2019 zu sehen, Geöffnet ist sie dienstags bis sonntags von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr.

Andrea Karch