Ingolstadt
Statt großem Protest nur ein laues Lüftchen

Sehr magere Beteiligung an Demo gegen Kindergartenträgerschaft von "Atlantik" – Gab es Einschüchterungsversuche?

20.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:27 Uhr

Nur eine kleine Schar von Demonstranten wandte sich auf dem Rathausplatz gegen die Kindergartenträgerschaft des Vereins „Atlantik“. Am Mikrofon hier Linken-Stadtrat Jürgen Siebicke - Foto: Rössle

Ingolstadt (hl) Stadtrat Christian Lange von der Bürgergemeinschaft ging etwas auf Distanz und zog sein Angebot, eine Rede zu halten, zurück. Dass es am Samstag gerade mal 20 Leute zum vereinbarten Treffpunkt am Volksfestplatz für den Demonstrationszug gegen die Kindergartenträgerschaft des umstrittenen türkischen Vereins „Atlantik“ geschafft hatten, machte ihn doch sehr nachdenklich: „Dann ist das offenbar doch nicht so ein großes Anliegen“, äußerte er Skepsis an der Besorgnis, die sich in dieser Sache angeblich in liberalen Kreisen türkischer und türkischstämmiger Mitbürger breitgemacht haben soll.

Auch Langes Stadtratskollege Jürgen Siebicke (Linke) war ins Grübeln gekommen: Man sei alarmiert gewesen, weil das Thema aus dem Kreis der laizistischen Türken in Ingolstadt an einzelne Stadtratsvertreter herangetragen worden sei, doch diese Beteiligung sei enttäuschend, sagte Siebicke. Dennoch hielt er am Nachmittag eine kurze Rede auf dem Rathausplatz. Das Häuflein der Protestler wäre hier am Rande des Tumultfestivals aber recht unscheinbar ausgefallen, wenn es sich nicht durch Lautsprecher bemerkbar gemacht hätte.

Jürgen Siebicke forderte die Stadt auf, die Integration von Migrantenfamilien über die Kindergartenarbeit im Piusviertel lieber in eigene Hände zu nehmen. Er finde es bedauerlich, wenn innertürkische Konflikte über dieses Erziehungsthema nach Ingolstadt gespült würden, sagte Siebicke. Er spielte damit auf die Auseinandersetzungen um die islamisch-fundamentalistische Gülen-Sekte an, die von Kritikern mit „Atlantik“ in Verbindung gebracht wird. Der Verein bestreitet, ein Ableger der Gülen-Sekte zu sein.

Auch Manfred Lindner, örtlicher Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), forderte den Stadtrat bei der Kundgebung auf, seine für den kommenden Donnerstag anberaumte Abstimmung über die Kindergartenträgerschaft nochmals zu überdenken. Die GEW und der örtliche DGB suchten hier noch kurzfristig das Gespräch mit den Fraktionen, kündigte Lindner Kontakte für den Beginn der Woche an.

Christian Lange stellte klar, am Donnerstag zwar gegen die Trägerschaft durch „Atlantik“ stimmen zu wollen, insgesamt riet er aber am Rande der Demo zu einer abwartenden Haltung. Die Stadt und der ohnehin geplante Beirat könnten die Entwicklung rund um den Integrationskindergarten ja beobachten und nötigenfalls beizeiten ein anderes Trägermodell durchsetzen.

Einige türkische Teilnehmer berichteten von angeblichen verbalen Einschüchterungsversuchen durch Aktivisten von „Atlantik“ im Vorfeld der Aktion. Ob sich dies unter potenziellen Mitwirkenden herumgesprochen hatte und deshalb die Resonanz so dürftig ausfiel, steht dahin. So blieb der Protest jedenfalls ein laues Lüftchen.