Stars der Statistik

Ein Gespräch mit dem 100 000. Ingolstädter und den Eltern des 125 000.

22.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:27 Uhr

Sie geben dem Bevölkerungswachstum ein Gesicht (v. l.) Yasemin Izci, der 100 000. Schanzer Richard Finkenzeller, der 125 000. Schanzer Josef Stich mit seinem Vater Anton Stich und Mutter Sabine Stich mit Luise Franziska, geboren im August 2012. Josefs Schwester ist die Nummer 127 620. Die Luftaufnahme im Hintergrund hängt im zweiten Stock des Neuen Rathauses und zeigt die Stadt anno 1960. - Foto: Strisch

Ingolstadt (sic) Nie war in Ingolstadt eine Geburt statistisch bedeutender: Richard Finkenzeller, der 100 000. Einwohner, machte die Schanzer am 20. Juni 1989 zu Großstädtern und gab dem rapiden Wachstum ein Gesicht.

Ebenso Josef Stich, der Ingolstädter Nummer 125 000. Er wurde am 16. Oktober 2010 geboren. Finkenzeller arbeitet als Kfz-Mechatroniker bei der Firma Praunsmändtl, vor vier Wochen ist seine Lebensgefährtin, die Berlinerin Yasemin Izci (23), hergezogen. Im Gespräch mit Josefs Eltern Anton und Sabine Stich machen sie sich Gedanken über den rasanten Wandel der Stadt – und über deren Reiz.

 Wie haben Sie erfahren, dass Ihr Bub der 125 000. Schanzer ist? 

Sabine Stich: Das war im Klinikum. Chefarzt Prof. Aydeniz kam und hat gesagt, dass er eine tolle Nachricht habe: Der Josef sei der 125 000. Ingolstädter. Er fragte, ob wir was dagegen hätten, dass ein paar Leute von der Presse kommen. Da waren wir ziemlich überrascht.

 

 Und dann stand schon der OB mit Blumen im Zimmer? 

Sabine Stich: Er kam einen Tag später mit einem Strauß.

Anton Stich: Der Josef hat den Ingolstädter Plüschdrachen bekommen, anstelle des Panthers, weil der da wahrscheinlich als Plüschtier nicht verfügbar war. Und was noch?

Sabine Stich: Eine Münze hat er auch noch bekommen und ein Ingolstadt-Handtuch.

 

 Der Josef kam ein paar Tage zu früh. Die Verwaltung hat schon gespannt mitgezählt. Also statistisch gesehen . . . 

Sabine Stich: . . . hat der Josef des super gemacht!

 

 Herr  Finkenzeller, als Ihre Geburt 1989 Ingolstadt zur Großstadt erhob, war das Einwohnermeldeamt nicht ganz so fix. 

Richard Finkenzeller: Bei mir haben sie erst nach ein paar Monaten gemerkt, dass wir über die 100 000 drüber sind. Da haben sie erst wieder zurückrechnen müssen. Und dann haben meine Eltern Post bekommen.

 

Wie ist es so als statistische Berühmtheit der Stadtgeschichte?

Finkenzeller: Ist zwar schön, aber letztlich bin ich ja auch nur einer von vielen.

Anton Stich: Der DK könnte ja mal anregen, dass die nächste Straße nach ihm benannt wird. Da gibt’s bestimmt was, so viel, wie in Ingolstadt gebaut wird.

 

Haben Sie vor gut zehn Jahren, als sie hergezogen sind, geahnt, wie rasant diese Stadt wächst?

Anton Stich: Ich bin gegen Ende meines Studiums, es muss ’89 gewesen sein, an Ingolstadt vorbeigefahren und habe dabei im Radio gehört, dass gerade die 100 000 überschritten wurde.
 

Wie haben sie Ingolstadt am Anfang empfunden?

Sabine Stich: Ich bin in Bad Griesbach bei Passau geboren. Aber auch in Ingolstadt habe ich nie das Großstadtgefühl gehabt. Es war für mich von Anfang an eine angenehme Stadt.

 

Wie empfinden Sie das heute?

Sabine Stich: Genauso.

Anton Stich: Ja, genauso. Man hat alles, was man braucht, aber es ist richtig angenehm hier.

Finkenzeller: Ich kann dem nur zustimmen.

 

Angesichts des starken Verkehrs und des knappen Wohnraums hört man aber auch oft: Jetzt könnte es langsam wieder nachlassen, dieses Wachstum.

Finkenzeller: Wegen Audi ist der Verkehr zu den Stoßzeiten etwas extrem, aber sonst ist es in der Stadt richtig angenehm, auch von den Leuten her. Gut, das Partyleben ist nicht mehr ganz das, was es vor ein paar Jahren war. Auch einige familiäre Kneipen haben zugemacht. Das finde ich schon schade.

Anton Stich: Man gewinnt von der Autobahn her immer einen falschen Eindruck. Da sagt jeder: Das ist eine Industriestadt. Es ist auch eine Industriestadt, aber eine mit viel Charme. Man braucht halt nur ein bisschen, um den Charme kennenzulernen. Ich bin aus München gekommen und wollte zuerst nicht nach Ingolstadt ziehen. Aber schon bald habe ich gesagt: Ich will nicht mehr nach München. In Ingolstadt setzt man sich aufs Rad und ist sofort im Grünen.

 

Frage an die Neubürgerin aus Berlin: Welchen Eindruck haben Sie bisher von Ingolstadt?

Yasemin Izci: Die Leute sind sehr hilfsbereit und geben mir viele Tipps, was ich alles besichtigen soll. Ingolstadt ist eine freundliche und ländliche Stadt!
 

Was kann Ingolstadt von Berlin lernen?

Izci: Nichts!

 

Was wünschen Sie der Stadt?

Anton Stich: Dass sie ihren Charme behält und dass man eine Stadtentwicklung mit Augenmaß betreibt. Die Peripherie wird sicher weiter wachsen, aber ich hoffe, dass der Stadtrat so weitsichtig ist, dass er nicht alle Grünflächen zubauen lässt.

Sabine Stich: Eines muss ich anmerken: Es heißt immer, dass die Krippen ausgebaut werden, aber für den Josef haben wir hier keinen Platz bekommen. Er geht jetzt in Schrobenhausen, wo ich arbeite, in die Krippe.

Anton Stich: Tja, der 125 000. Ingolstädter geht in Schrobenhausen in die Krippe.

Sabine Stich: Aber bei unserer nächsten Bewerbung schreibe ich es dick oben drauf: 125 000!