(reh)
Stadtgeflüster vom 22. August 2013

21.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:45 Uhr

(reh) US-Wissenschaftler haben was herausgefunden. Schon wieder. Wie das Qualitätsmagazin „The Onion“ (auf Deutsch: Die Zwiebel) jetzt berichtete, liefern die Experten beruhigende Nachrichten zur Verträglichkeit von Mobilfunkaktivitäten und Automobilität.

Es sei, so erklärt die umfangreiche Studie der (mutmaßlich) angehenden Nobelpreisträger, „völlig okay“, die Aufmerksamkeit beim Autofahren gerecht zu verteilen. Also: Ein Auge auf den Verkehr zu richten, während man mit dem anderen seine verschiedenen sozialen Kanäle wie Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Vine, Snapchat und alle anderen unverzichtbaren Programme verwaltet. Natürlich geht auch eine blockartige Splittung der Betreuung am Steuer. 30 Sekunden lenken, 30 Sekunden posten oder twittern pro Minute – auch gut. Hauptsache: Die Fifty-fifty-Regel, wie man die Erkennnisse der Amerikaner nennen könnte, ist ungefähr erfüllt.

Bei „The Onion“ handelt es sich übrigens um jenes Presseorgan, das den nordkoreanischen Playboy Kim Jong-un zum „Sexiest Man Alive“ wählte, ihn also zum attraktivsten lebenden männlichen Wesen auf diesem unseren Erdball kürte. Der „Herzensbrecher aus Pjöngjang“, wie er in der Laudatio bezeichnet wurde, nahm diese Auszeichnung sehr ernst und ließ sie gleich über den staatlichen Nachrichtendienst weiterverbreiten. Auch wir sollten der erwähnten Verkehrsstudie von „The Onion“ hier entsprechend den völlig verdienten Raum bieten.

Denn das Fifty-fifty-Konzept wird auch bei uns in der Schanz bereits konsequent umgesetzt. Nicht nur am Steuer eines Autos sogar! Ganz modern wird jegliche Fortbewegung in der realen Welt mit der auf digitalen Pfaden verknüpft. So blieb zum Beispiel eine junge Frau nachhaltig in Erinnerung, die jetzt quer über die Mercystraße im Ingolstädter Süden flanierte. Regelkonform zur US-Studie hielt sie den Blick die meiste Zeit auf das Display ihres Mobilfunkgeräts gerichtet. Die heranrollenden Autofahrer und Radler links und rechts konnten sie in der Konzentration nicht stören. Die erwähnten US-Wissenschaftler wären begeistert – mit einer kleinen Einschränkung vielleicht. Wahrscheinlich hat die gute Frau in diesem Moment gar nicht ihre sozialen Kanäle bedient, sondern einfach nur mit dem Navigationsgerät vor Augen die andere Straßenseite angesteuert. Bis ihr die freundliche Stimme aus dem Apparat verkündete: „Sie haben Ihr Ziel erreicht!“

Diese studienerprobte Handyfixierung ist aber gewiss nur eine Generationenfrage. Davon weiß besonders ein Kollege zu berichten, der sich noch auf die gute alte Weise auf seine Mittagspause vorbereitet. Vor dem Weg in die Kantine schaut er immer kurz aus dem Fenster: Komme ich trockenen Fußes die paar Meter hin oder brauche ich einen Regenschirm? Neben ihm starrt der Praktikant im Teenageralter prüfend auf sein Handy und trägt bei: „Regenwahrscheinlichkeit – 50 Prozent!“ Also auch wieder „Fifty-Fifty“.