Scheyern
Sportzentrum statt Ortsmitte?

ST Scheyern kritisiert Planungen zum neuen Dorfkern und fordert Engagement der Gemeinde

17.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:12 Uhr |

Zahlreiche Scheyrer kamen am Donnerstagabend zur Bürgerversammlung. - Foto: Lodermeyer

Scheyern (PK) Ende September hatte die Gemeinde Scheyern stolz den Siegerentwurf zur neuen Ortsmitte präsentiert - bei der Bürgerversammlung am Donnerstagabend allerdings sind erneut auch grundsätzliche Zweifel am Projekt laut geworden.

Insgesamt hatten sich 42 Architekten für den Wettbewerb beworben, davon kamen zehn über Losverfahren zum Zug, die Gemeinde wählte fünf weitere noch selbst aus. "Wir sind kein ...hausen, sondern Scheyern in Bayern", freute sich Bürgermeister Manfred Sterz (Freie Wähler) über dieses Interesse der Planer. Letztlich entschied sich die Gemeinde für den Entwurf der Freisinger Deppisch Architekten, mit denen aktuell über die Zusammenarbeit verhandelt wird. Thomas Eckert von den Dömges-Architekten - das Büro begleitet die Gemeinde im Verfahren - stellte den Entwurf knapp vor. "Das Denkmal ist an allen Seiten frei", erklärte er die Pläne zur ehemaligen Waldbauernschule. Im Dachgeschoss ist ein Sitzungssaal vorgesehen, dazu gibt es neu ein zweites Treppenhaus sowie einen Aufzug im Anbau. Im geplanten Rathaus - der Neubau steht leicht schräg neben dem Bestand - ist im Erdgeschoss ein großes Foyer geplant, im ersten Stock die Verwaltungsbüros. Dazu gibt es einen Dorfplatz, einen Standort für den Maibaum, Spielplatz und Gastronomie sowie eine Bibliothek. "Jetzt läuft der Prozess, wir stehen im Dialog mit den Planern", sagte Eckert.

Allerdings lösten die Pläne nicht nur Begeisterung unter den Scheyrern aus. Stefan Koller, Vorsitzender des ST Scheyern, fragte: "Was kostet das", wollte er wissen. "Und ist das wirklich nötig? Ihr sagt, das alte Rathaus ist zu klein - aber in der Gemeinde arbeiten nur 16 Leute." Die genauen Kosten für das Projekt wollte Sterz noch nicht beziffern. "Das läuft über die Kubatur: Pro umbauten Kubikmeter bezahlt man aktuell 400 Euro", sagte er. Er verwies darauf, dass die Gemeinde die ehemalige Waldbauernschule ja unter Auflagen gekauft habe: "Wenn wir das jetzt nicht machen, dann wird der Kauf rückabgewickelt." Auch sei ein neues Rathaus nötig: Manche Mitarbeiter hätten in der Verwaltung keinen eigenen Schreibtisch, sondern müssten täglich schauen, wo ein Platz frei wäre. Auch die Barrierefreiheit sei ein Thema: "Ich habe Hochzeiten im Sitzungssaal, bei denen die Oma nicht dabei ist, weil sie im Rollstuhl sitzt und die Treppe nicht hochkommt", sagte Sterz.

Doch Koller wollte diese Antwort nicht einfach akzeptieren. "Wir haben mehr als 900 Mitglieder, davon spielen 280 aktiv Fußball", sagte der STS-Vorsitzende. Doch die Sportplätze im Gemeindegebiet bedeuten Probleme: Für Kinder sind teils gefährliche Wegstrecken zurückzulegen; in Scheyern gibt es Probleme mit den Anwohnern, in Mitterscheyern spitzt sich die Situation womöglich ebenfalls zu, da nebenan nun gebaut werde. "Wir versuchen, vernünftige Arbeit zu leisten", sagte Koller. "Aber das, was wir in den vergangenen 20 Jahren im Verein aufgebaut haben, werden wir so nicht halten können." Gleiches gelte für die anderen Vereine im Ort, beispielsweise die Schützen, die nur bis 2024 fest mit ihrem aktuellen Schützenheim auf dem Kasernengelände planen können. Die Handballer im Ort seien schon lange nach Pfaffenhofen gegangen, auch die Skiabteilung müsse langfristig eine neue Heimat suchen. "Wo kommen die hin", wollte Koller wissen. "Ich erwarte, dass sich die Gemeinde um uns kümmert. Ich will keine Ansprüche geltend machen, aber ich will die Frage stellen, ob es statt dem Rathaus noch etwas Wichtigeres gibt." Koller forderte daher, die Pläne für ein neues Sportzentrum voranzutreiben. "Wir sollten hier eine Arbeitsgruppe machen, wie es in Scheyern mit den Vereinen weitergehen soll", sagte Koller.

Sterz verwies erneut darauf, dass die Gemeinde für die Waldbauernschule eben tätig werden müsse - oder das Gelände wieder zurück geben muss. "Man kann das wunderbar zu einem Politikum machen: Sportzentrum oder Ortsmitte", sagte Sterz.

Auch Martin Koch, beim ST Scheyern in der Jugendleitung aktiv, sagte: "Wir brauchen eine Richtung. Wir müssen wissen, wie stehen die Gemeinde und die Gemeinderäte zu einem Sportzentrum" Im Wahlprogramm hätten alle Parteien versprochen, dass sie etwas für die Vereine tun wollen. Und auch Mathias Hoiß von der Zweiten Mannschaft des STS forderte: "Die Gemeinde soll hier dran bleiben. Der Verein präsentiert sich seit Jahren gut, aber so können wir das nicht halten."

Bürgermeister Sterz erklärte: "Wir brauchen einen Standort für ein Sportzentrum." Der gewünschte Ort am Viether Berg funktioniere nicht, da das Kloster als Grundeigentümer nicht mitmache. Das ebenfalls einmal angedachte Gelände am Gabis sei nicht praktikabel. "Dann machen wir jetzt eine Arbeitsgruppe und wir ziehen einen Radius um Scheyern, was von der Entfernung vertretbar wäre", schlug Sterz vor. "Dann schauen wir, wo es freien Grund gibt und wo es ginge - und dann können wir mit den Grundbesitzern reden."

Neben der Diskussion um ein mögliches Sportzentrum kamen aber auch Punkte zur Ortsmitte an sich zur Sprache. Josef Daxberger sagte: "Wir sind alle dafür, dass das Denkmal erhalten wird. Aber wurde wegen des Biergartens mit den Anwohnern geredet" Schließlich gebe es beim Sportheim wegen der Gastronomie Probleme mit den Nachbarn, das solle hier vermieden werden. "Nicht dass im Nachhinein die Schimpferei losgeht", sagte Daxberger. Sterz verwies auf Öffnungszeiten bis 22 Uhr.

Mike Jäger vom Gewerbeverein regte zudem an, statt einer Gastronomie ein Geschäft einzuplanen. "Wir hatten vorher Kleinvermietung, vielleicht geht das jetzt wieder? Und eventuell ist auch etwas zur Nahversorgung möglich" Schließlich gebe es im Ortskern und auch in Laufweite zum Seniorenheim keinen Lebensmittelladen.

Eine Lanze für die Pläne der Gemeinde brach schließlich Heidelore Ebner, Behindertenbeauftragte der Gemeinde. "Der Sportverein mag 900 Mitglieder haben - aber in Scheyern gibt es mehr Menschen mit Gehbehinderung oder mit Behinderung", sagte sie. "Das alte Rathaus hat eine steile Rampe, schwere Türen und innen nur eine Treppe. Ich bin eine Befürworterin des neuen Rathauses. Das soll man jetzt nicht zerreden, sondern bauen." Für diese Aussage erntete Ebner Applaus.

Ein eigener Beitrag zur Situation in Fernhag rund um das dortige Wohnheim folgt.

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