Ingolstadt
Spannende Einblicke

20.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:08 Uhr

Wir spielen Krankenhaus: Der siebenjährigen Verena wird probehalber der Arm eingegipst. Mit Kind und Kegel besuchten die Ingolstädter am Samstag den Notfalltag am Klinikum. - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) In der Teddyklinik herrscht Massenandrang, vor dem Geldautomaten ist inmitten des Trubels ein Mann zusammengebrochen und jede Stunde eine Operation: Der Notfalltag am Klinikum Ingolstadt ist nichts für schwache Nerven. Über 4500 Besucher waren am Samstag da.

Am Morgen geht es noch gemächlich los: OB Alfred Lehmann, Vorsitzender des Klinikum-Zweckverbands, durchschneidet das rote Band und eröffnet offiziell die für zwei Millionen Euro modernisierte Notfallklinik. Auf 3000 Quadratmetern herrscht nun doppelt so viel Platz, es gibt jetzt auch eine eigene Station mit 19 Betten, wo Patienten über einen längeren Zeitraum beobachtet werden können.

Schon bald kommen Menschen mit Schmerzen und Verletzungen in die Notfallklinik, auch kläglich weinende Kinder, für die es eine eigene Ambulanz gibt. Das ist der Zeitpunkt für die neugierigen Besucher, sich zurückzuziehen. Das Programm des Notfalltags bietet auch genug Möglichkeiten, sich ein Bild von der Akutversorgung machen.

In einem Raum beispielsweise wird an einer lebensgroßen Puppe – genannt Herr Huber – demonstriert, wie eine Notoperation eingeleitet wird. Verschiedene Geräte piepsen, Herr Huber wird binnen 20 Sekunden in Schlaf versetzt, dann bekommt er den Beißkeil eingesetzt und den Beatmungsschlauch eingeführt. Routiniert arbeitet das dreiköpfige Team, zwischendurch bläst sich die Wärmematte automatisch auf. Nicht einmal zwei Minuten dauert es, und Herr Huber ist vorbereitet.

Anschauliches Bildmaterial aus der Notfall-Endoskopie hat Dr. Christian Gollwitzer vorbereitet: Der Oberarzt veranstaltet ein heiteres Ratespiel, was in Magen und Darm so alles an verschluckten Fremdkörpern aufzufinden ist: die klassische Fischgräte, ein Lorbeerblatt, aber auch ein Zahnbohrer, zwei Batterien und – kaum zu glauben – eine Armbanduhr. Ein älterer Mann hat die Anweisung des Arztes missverstanden und eine Tablette geschluckt – mit der Packung. Die scharfkantige Metallfolie hat sich in der Speiseröhre verkeilt. "Wir haben eine kleine Glaskappe darübergestülpt, um das gefährliche Teil zu entfernen", so Gollwitzer.

Dann zeigt der Oberarzt auch ein Foto von einem tiefen Riss in der Speiseröhre. Hat vielleicht ein Knochensplitter den Patienten verletzt? Dr. Gollwitzer schüttelt den Kopf: "So etwas kommt von heftigem Erbrechen. Eine Verletzung typisch für Barthelmarktzeiten."

Heftig zur Sache geht es im Foyer, wo ein Mann neben dem Geldautomaten zusammengebrochen ist. Die Reanimation der Puppe ist in vollem Gange: "Wichtig ist, sich alle zwei bis drei Minuten bei der Herzdruckmassage abzuwechseln, denn die ist sehr anstrengend und darf nie aussetzen", erläutert ein Mediziner.

In der Teddyklinik ist die Hölle los: Die Kinder stehen Schlange und lassen die Plüschtiere mit Bauchschmerzen und gebrochenen Beinen röntgen. Am Schluss gibt es süße "Medikamente". Dr. Guido Brosinger, Facharzt der Kinderchirurgie, verbindet jeden Teddy. "Manchmal", erzählt er, "können Kinder ganz tapfer sein und versuchen ihre Schmerzen zu verheimlichen, weil sie wieder nach Hause wollen. Deshalb braucht man in der Kinderchirurgie ganz viel Erfahrung. Wir haben auch zwei Mal am Tag Visite."

Draußen vorm Klinikum zeigen Feuerwehr und Rotes Kreuz, wie sie im Notfall helfen. Großes Interesse weckt der neue BRK-Schwerlasttransporter für Patienten ab 140 Kilogramm Gewicht, der rund 140 000 Euro kostet. Mit an Bord ein Blutdruckmessgerät mit einer Manschette für XXL-Arme, die auch um eine Mädchentaille passt. Die Trage hält bis zu 320 Kilogramm aus. Sie wird über eine Laderampe ins Fahrzeug gehievt. "Wir müssen ja auch auf unsere Bandscheiben achten", erklärt die Rettungsassistentin Sandra Kolb.