Düsseldorf
"Sind bereit, auf eigenen Beinen zu stehen"

Metro wird aufgespalten: Media-Saturn-Chef Haas soll auch neue Dachgesellschaft Ceconomy leiten

15.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:54 Uhr

Düsseldorf (DK) Für Media-Saturn beginnt Mitte kommenden Jahres ein neues Kapitel. Dann wird sich der "Gemischtwarenladen" Metro, zu dem der Ingolstädter Elektronikriese mehrheitlich gehört, aufspalten. Ab Sommer heißt die neue Dachgesellschaft Ceconomy - und diese wird sich allein auf Unterhaltungselektronik fokussieren. Der designierte Vorstandschef Pieter Haas erhofft sich davon starken Rückenwind.

 

Wenn sich ein Ehepaar scheiden lässt, dann ist häufig der Grund dafür, dass man nicht mehr wirklich zusammenpasst. Innerhalb der Metro Group war diese Erkenntnis schon länger da: Das Großhandels- und Lebensmittelgeschäft von Real sowie den Metro-Cash-&-Carry-Märkten war mit dem Unterhaltungselektronikhandel von Media-Saturn nur schwer unter einen Hut zu bringen. So richtig erschlossen hat sich dieses Durcheinander an Geschäftsmodellen wohl kaum jemandem. Das wird sich nun ändern: Sommer kommenden Jahres wird die Trennung vollzogen - vorausgesetzt, die Metro-Hauptversammlung stimmt am 6. Februar dafür. Das allerdings gilt als sicher.

Die neue Dachgesellschaft für die Unterhaltungselektronik-Sparte heißt dann Ceconomy. Den Vorstandsvorsitz wird Pieter Haas übernehmen - in Personalunion mit seiner jetzigen Position als Media-Saturn-Chef. Mit der Aufspaltung, ist Haas überzeugt, werde das Unternehmen neue Kräfte freisetzen: "All das, was wir einnehmen, können wir zu hundert Prozent in Unterhaltungselektronik investieren." Was er damit meint: Um das komplexe Lebensmittelgeschäft der Metro und die als Sorgenkind geltende Supermarktkette Real muss man sich künftig in Ingolstadt keinen Kopf mehr machen. Eine "Quersubventionierung" ist also nicht mehr zu befürchten.

Auch wenn es bei knapp 22 Milliarden Euro Jahresumsatz etwas seltsam klingt, bezeichnet Haas Ceconomy als ein Start-up. Weil es sich aus seiner Sicht um einen völligen Neuanfang handelt. "Wir wollen neue Wege gehen", sagt der Österreicher mit den niederländischen Wurzeln. Vor allem, glaubt er, werde Media-Saturn künftig mehr wahrgenommen werden. "Bislang waren wir immer im Windschatten von Metro-Cash-&-Carry." Jetzt ziehe man sozusagen aus dem Elternhaus aus: "Wir sind bereit, auf eigenen Beinen zu stehen."

Der Sitz von Ceconomy wird - wie der der Metro - in Düsseldorf sein. Bald soll ein eigenes Gebäude bezogen werden. Mit rund 50 Mitarbeitern wolle man starten, verrät der Media-Saturn-Chef, mittelfristig sollen es bis zu 80 werden. Für die Media-Saturn-Mitarbeiter in Ingolstadt bedeute die Aufspaltung keine Veränderungen, verspricht Haas. Es werde keine "Zwangsumsiedlungen" nach Düsseldorf geben. Er selbst werde künftig zwischen Ingolstadt und Düsseldorf pendeln, drei Tage hier, zwei Tage dort. Wobei er auch zuvor schon häufig zwischen beiden Städten hin- und herreiste.

Im Vorstandsgremium von Ceconomy wird Haas künftig flankiert von Mark Frese (Finanzen) und Dieter Haag Molkenteller (Recht, Compliance). Den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt der ehemalige Co-Vorstandschef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen.

Vor allem hat Haas bei seiner Präsentation eine Erkenntnis im Gepäck, die derzeit zahlreiche Unternehmen ereilt: Langfristig könne man nicht mehr nur allein mit dem Verkauf von Produkten Geld verdienen. Deshalb werde man künftig verstärkt Kundendaten sammeln und auswerten - natürlich nicht personalisiert, wie Haas betont. Zu diesem Zweck wird unter dem Dach der Ceconomy demnächst die Retail Media Group gegründet, die sich um derartige Aktivitäten kümmern soll.

Keinen Hehl macht Haas daraus, dass es vor allem das Zusammenspiel der Daten ist, aus dem Profit zu schlagen sei. Etwa, wenn man die Daten von Media-Saturn und Real zusammenführe, und dadurch wisse, welcher Laptop-Käufer welchen Wein bestelle. Man wolle auch andere Firmen ins Boot holen, um Daten auszutauschen.

Weit über eine Stunde redet Haas, klickt sich durch unzählige Folien, meist mit Zahlen und Grafiken, die ihn positiv stimmen. Allerdings spricht er auch Baustellen an: Weniger gut läuft es etwa für den zugekauften Online-Elektronik-Anbieter Redcoon. Zuletzt zog sich das Portal mangels Erfolg aus zahlreichen Ländern zurück - aktiv ist man noch in Polen, Deutschland und Italien. Wobei man in den beiden letztgenannten Ländern das Portal ebenfalls auf den Prüfstand stellen will.

Ausnahmsweise kein Thema in Düsseldorf: der Dauerzwist mit dem Media-Saturn-Minderheitsgesellschafter Erich Kellerhals. Denn der Streit ist zumindest für den Moment auf Eis gelegt. Die Chancen auf dauerhaften Frieden? Noch ungewiss. Dass Kellerhals sein verbales Dauerfeuer Richtung Düsseldorf mittels eigener Homepage vorübergehend eingestellt hat, ist aber wohl nicht das schlechteste Zeichen. Der bisherige Metro-Chef Olaf Koch hat aber garantiert eine Sorge weniger - denn er wird auf keinen Fall mehr mit Kellerhals zu tun haben. Das Unternehmen, das Koch künftig steuert, heißt zwar ebenfalls wieder Metro, besteht aber im Prinzip nur noch aus Metro-Cash-&-Carry und Real. Weiter werden dem Vorstand Pieter Boone, Heiko Hutmacher und Christian Baier angehören. Den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt wohl Jürgen B. Steinemann.

Die Aktien der bisherigen Metro AG sollen im Verhältnis 1:1 aufgeteilt werden. Das bedeutet: Jeder Aktionär des alten Konzerns erhält nicht nur eine Ceconomy-Aktie, sondern zusätzlich auch eine Aktie der neuen Metro AG. Beide Unternehmen sollen im MDax notiert werden. Billig wird die Aufspaltung des Konzerns nicht: Die Kosten wurden mit rund 100 Millionen Euro veranschlagt. Aber das kennt man ja von prominenten Scheidungen. Immerhin fließen in diesem Fall keine Tränen. Zumindest vorerst nicht.