"Sei kein Schokoladenfrosch . . ."

06.03.2007 | Stand 03.12.2020, 6:59 Uhr

Ingolstadt (DK) Jedes vierte Kind in Ingolstadt, das eingeschult wird, und jeder dritte Jugendliche ist zu dick. Heute ist der Tag der gesunden Ernährung. Für den DONAUKURIER Anlass, die Aktivitäten des Gesundheitsamts zur Ernährungsberatung an Kindergärten und Schulen vorzustellen.

Erst vor wenigen Tagen war Sigrid Helmer, diplomierte Ernährungsberaterin am Gesundheitsamt, im sozialpädagogischen Hort des Peter- Steuart-Kinderhauses. Wie ernähre ich mich richtig? Was ist gesund und schmeckt gut? Wie viel Zucker ist eigentlich in Cola? All diese Fragen konnte Sigrid Helmer bei dem Aktionstag für Kinder aus dem Piusviertel beantworten. Die Kleinen durften dabei sogar selbst ein Buffet zubereiten.

Gesundes Grün

Zuerst ging es allerdings um die Ampel. Rot, Gelb, Grün – das sind bei der Ernährungsberatung an den Schulen die alles entscheidenden Farben. Die Ernährungsampel zeigt, was gesund ist (Grün), was man in Maßen essen darf (Gelb) und was ungesund ist (Rot), erklärt Helmer.

Die Kinder müssen die mitgebrachten Lebensmittel entsprechend einordnen. "An was erinnern euch die drei Farben?" Die achtjährige Leyla antwortet wie aus der Pistole geschossen: "Da fehlt noch Schwarz – für die Deutschlandfahne." Sie weiß das noch von der Fußball-WM.

Leo hat die richtige Antwort, zumindest in Teilen, sofort parat. "Rot, da ist viel Zucker drin", ruft er. "Fett, ungesund und süß", bestätigt die Ernährungsberaterin. Gelb hingegen – das sind Fleisch, Fisch und Milchprodukte, grünes Licht gibt es für Obst, Gemüse, Getreide, Kartoffeln, Reis oder Brot. Helmer: "Das ist wie bei einer Verkehrsampel."

Fast schon zum Inventar gehört die Ernährungsberaterin derzeit in der Schule in der Ungernederstraße. Hier ist sie zurzeit in allen 20 Klassen tätig. Die Schülerinnen und Schüler werden im Rahmen der Aktion "Gesundes Frühstück und Pausenbrot" geschult. Sie bereiten sich dabei etwa selbst ein Frühstücksbuffet zu. Und: Das Pausenbrot wird vor der Pause gegessen. "Damit die Pausenzeit frei ist für Bewegung." Infos gibt es jedoch nicht nur für die Kinder. Am morgigen 8. März etwa gibt es ein Elternfrühstück. Denn auch hier gibt es laut Helmer enorme Wissenslücken. 70 Prozent der Kinder müssten ohne Frühstück in die Schule gehen.

Wann hört das Normalgewicht auf, wann fängt das Übergewicht an? Anette Nagel, promovierte Ernährungsberaterin und Vorsitzende des Kuratoriums Schulverpflegung, gibt als Richtwert für ein Kind mit 1,20 Meter Körpergröße (etwa fünf Jahre) zwischen 19 und 27 Kilogramm an. Ein 1,50 Meter großes Kind darf danach zwischen 34 und 47 Kilo wiegen. Ein Negativbeispiel aus England macht derzeit Schlagzeilen: der zwölf ährige Connor bringt 90 Kilogramm auf die Waage. Seiner Mutter wird der Vorwurf der Kindesmisshandlung gemacht.

Ein so krasser Fall ist Sigrid Helmer in Ingolstadt nicht bekannt. Krankhafte Fettsucht, Adipositas genannt, gibt es jedoch auch hier. "Bei fast einem Drittel der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen", weiß die Ernährungsberaterin.

Neben ausgewogener Ernährung – dem einzigen Mittel, das wirklich zu einer dauerhaften Gewichtsabnahme führe – sei auch Bewegung äußerst wichtig. Das entsprechende Programm für Kinder, das das Gesundheitsamt dazu anbietet, hat einen lustigen Namen: "Sei kein Schokoladenfrosch – hüpf mit!"

Die Beratung in Schulen und Kindergärten macht Sigrid Helmer schon seit 1990. Unter Leitung des damaligen Oberbürgermeisters Peter Schnell war da ein Arbeitskreis Gesundheitsvorsorge gegründet worden. Seit die Gesundheitsämter 1996 unter kommunale Leitung gestellt wurden, ist Helmer für die Gesundheitsbehörde als Ernährungsberaterin tätig. Doch nicht nur das. Auf ihrer Visitenkarte steht neben "Diplom Oecotrophologin" auch "Gesundheitsvorsorge" und "Selbsthilfekontaktstelle". So betreut Helmer ebenso Selbsthilfegruppen und kümmert sich um die jährlich stattfindenden Gesundheitstage.

13 Stück Zucker im Cola

Übrigens: In einer Dose Cola sind 13 Stück Zucker. In einem Glas Nutella 79. Zumindest letzteres isst man freilich nicht auf einmal. Außerdem: Solche Leckereien vollkommen zu verdammen, ist nicht das Ziel der Ernährungsberaterin. Denn, was verboten ist, reizt bekanntlich besonders.