Berlin
Schweigen, Vertuschen, Scham

Das packende Aufklärungsdrama "Alles Isy" läuft heute im Ersten

04.09.2018 | Stand 23.09.2023, 3:59 Uhr
Der 16-jährige Jonas (Michelangelo Fortuzzi) ist in seine beste Freundin Isy (Milena Tscharntke) verliebt. −Foto: Lämmerer/ARD/rbb

Berlin (DK) Was lange währt, muss nicht immer gut werden. In diesem Fall schon. Mehr als ein Jahrzehnt arbeiteten die Autoren und Regisseure Mark Monheim ("About a Girl") und Max Eipp an diesem Projekt, jetzt feiert das Drama "Alles Isy" im Ersten Premiere. Es geht um Schuld und Verantwortung, um Schweigen, Vertuschen, Scham, Ohnmacht. Der Film wirft einen Blick auf den Lebensbereich, in dem die meisten sexuellen Übergriffe stattfinden - im nahen Umfeld, unter vertrauten Menschen.

Auf einer Party kommt für die 16-jährige Isy alles zusammen: Eifersucht, Liebeskummer, Alkohol, Drogen. Und schon kippt sie um. Jonas, ihr guter Freund, der sie unerwidert liebt, und seine beiden Kumpels, der lautstarke Lenny und Mitläufer Martin, machen sich erst lustig, nutzen dann aber die Situation aus und vergewaltigen das Mädchen. Isy hat keine Erinnerung, was passiert ist, will auch nicht, dass ihre besorgte Mutter die Polizei einschaltet. Die Familien von Isy und Jonas sind auch noch sehr gut befreundet. Als Jonas' Vater Richard, ein karrierebeflissener Jurist, von der Tat erfährt, will er einen Skandal verhindern und versucht, das Verbrechen unter den Teppich zu kehren. Seine Frau Carola (Claudia Michelsen) macht sich Vorwürfe, rät Jonas aber auch davon ab, sich zu stellen. Hält Jonas das aus? Und was ist mit Isy?

Sehr glaubhaft erzählen Monheim und Eipp diese Geschichte, in der es letztlich nur Verlierer gibt. Die beiden schauen genau hin, die Sprache passt, die Figuren sind nicht schwarz und weiß, sie sind ambivalent, und die emotionalen Konflikte und Dilemmas, in denen alle Beteiligten - auf der Ebene der Jugendlichen wie der Erwachsenen - sich befinden, sind den kompletten Film über spürbar und nachvollziehbar.

Die dynamische, sehr unruhige Kamera bei den Szenen auf der Party und unter den Jugendlichen, bringt das Lebensgefühl der Teenager gut zum Ausdruck. Schauspielerisch überzeugt vor allem das junge Ensemble: Milena Tscharntke als traumatisierte Isy, Michelangelo Fortuzzi als von Schuldgefühlen geplagter Jonas, Ludwig Simon als Lenny, der sogar Jonas' Mutter anbaggert. Auch wenn das Ende dieses so wunderbar stimmig und schlüssig erzählten, packenden (Aufklärungs-) Dramas ein wenig sprunghaft wirkt und man sich ein wenig mehr Klarheit gewünscht hätte, "Alles Isy" ist ein wichtiger, mutiger, konsequenter und - großes Lob an die Macher - ein sehr jugendaffiner Film geworden.

"Alles Isy", heute, ARD, 20.15 Uhr.

Volker Bergmeister