Pfaffenhofen - "Was soll der Staat noch anderes machen, als Ihnen einen Bewährungshelfer zur Seite zu stellen", fragt Amtsrichterin Nicola Schwend den Angeklagten Max P.
(Name geändert), der sich am Anfang der Verhandlung nicht sehr einsichtig zeigt. Die Anklage: Erschleichen von Leistungen in einer Gesamthöhe von 152,40 Euro. Trotz laufender Bewährungsstrafe soll der 49-Jährige von Jahresende 2019 bis Mitte des Jahres 2020 insgesamt zwölfmal auf den Weg von Pfaffenhofen nach München beziehungsweise von München nach Pfaffenhofen in öffentlichen Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein unterwegs gewesen sein. Dabei habe eine Fahrt 12,70 Euro gekostet, so die Staatsanwältin.
"Was haben Sie dazu zu sagen? ", fragt Richterin Schwend in Richtung des Angeklagten. "Ja, ich bin Schwarzgefahren. Aber jetzt habe ich doch eine Monatskarte bis Dezember", sagt der Pfaffenhofener und zeigt der Richterin diese nach Aufforderung.
Sein Ziel bei den Fahrten: eine Klinik in München zur Substitutionstherapie. Denn der 49-Jährige war jahrelang heroinabhängig und nimmt nun seit eineinhalb Jahren an einem Selbsterziehungsprogramm teil. "Das Problem ist, dass dies nicht das erste Mal war und Sie derzeit noch auf Bewährung sind. Warum nehmen Sie denn nicht die Hilfe Ihres Bewährungshelfers in Anspruch", fragt die Richterin weiter, die anschließend aus einem Protokoll des Bewährungshelfers vorliest. Daraus wird deutlich, dass der Angeklagte nach dessen Einschätzung sehr unzuverlässig ist und weder persönlich noch telefonisch für den Helfer zur Verfügung steht. "Was soll ich dazu sagen? ", fragt der Angeklagte. "Ich will meine alte Bewährungshelferin zurück. Jetzt habe ich so einen Neuen", sagt der derzeit Arbeitslose und redet sich dabei allmählich um Kopf und Kragen. Seine Verteidigerin unterbricht ihn und bittet die Richterin um eine Minute Pause. Die beiden verlassen den Saal und kommen wenig später zurück. Danach zeigt sich der Angeklagte wesentlich einsichtiger: "Ich kaufe mir doch jetzt regelmäßig Fahrkarten. Ich will nicht mehr Schwarzfahren. Aber ich muss das Geld immer auslegen und zuerst die Karten nachweisen, bevor ich das Geld erstattet kriege. "
"Warum suchen Sie sich denn keinen Arzt hier in der Nähe? ", fragt die Amtsrichterin. "Der Arzt in Manching nimmt keine neuen Patienten mehr auf", antwortet der Angeklagte. Die Richterin hat keine weiteren Fragen.
Was folgt sind fast zehn Minuten, in denen Schwend die Vorstrafen des Angeklagten verliest. Ingesamt 25 verschiedene Delikte hat er sich bereits zu Schulden kommen lassen und sich laut Protokoll jedes Mal danach einsichtig gezeigt.
Nachdem auch die Staatsanwältin keine weiteren Fragen hat, verweist sie in ihrem Plädoyer darauf, dass das Geständnis und die Substitutionstherapie zugunsten des Angeklagten sprechen. Aber er sei nun einmal ein renitenter Wiederholungstäter mit einer schnellen Rückfallgeschwindigkeit. Daher fordert die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten ohne Bewährung.
Die Verteidigerin tritt für eine deutlich mildere Strafe ein. Entscheidend sei für sie, dass der Angeklagte der Therapie nachgehe, jetzt einen gültigen Fahrausweis für einen Monat besitze und sich einsichtig gezeigt habe. Auch sieht sie Schwarzfahren eher als "Bagatell-Kriminalität" und hält daher eine sechsmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung für angemessen.
Nach einer kurzen Pause verkündet die Richterin das Urteil. Sie verhängt eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. In der Urteilsbegründung sagt die Amtsrichterin, für Max P. spreche, dass er keine Vergnügungsfahrten unternommen habe. Dennoch sei er ein hartnäckiger Wiederholungstäter und anders als die Verteidigerin könne sie bei ihm auch keine große Einsicht erkennen.
PK
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