Pfaffenhofen
Schüler bestimmen, was sie lernen

Ansturm beim Info-Tag der Pfaffenhofener Montessori-Grundschule

22.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Der achtjährige Markus zeigt Isabella (11) und seinen Eltern Jennifer und Frank Stocker, wie er Multiplizieren lernt. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Spielerisch lernen, was man wissen will: Auf dieses Konzept für Schüler setzt die Montessori-Grundschule in Pfaffenhofen. Am Samstag schauten sich gut 200 Interessierte beim Info-Tag an der Schule um.

Peter Ramm kommt gerade mit seiner fünfjährigen Tochter Magdalena aus der "Blumenklasse". Montessori-Schüler haben hier gezeigt, was "Freiarbeit" bedeutet. Und davon ist der Vater begeistert: "Mit gefällt das Konzept, dass Kinder an dieser Schule selbstständig aussuchen können, was sie machen wollen." Eben das macht Montessori aus: Neben dem sogenannten "gebundenen Unterricht", in dem die Schüler in allen üblichen Fächern unterrichtet werden, können sie in der Freiarbeit selbst entscheiden, was sie vertiefen möchten.

Und das ganz spielerisch mit Gegenständen, die so gar nicht nach Lehrmaterial aussehen: Perlen, Holzwürfel, Sand und vieles mehr. "Von der Hand in den Kopf", das war die Erkenntnis von Maria Montessori, wie Kinder am besten lernen; nämlich dem Wortsinn nach durch Begreifen.

Wie das geht, erklärt Janett Köhler, seit 2002 Lehrerin an dieser Schule, am Beispiel von Mathe: Kinder "begreifen" Zahlenräume mit farbigen Perlen, die bis zu zehn Stück auf Schnüre aufgereiht sind. Zehn Zehner-Schnüre nebeneinander gelegt ergeben ein Quadrat mit 100 Perlen. Legt man zehn dieser Quadrate übereinander, bekommen die Kinder eine sicht- und begreifbare Vorstellung von Kubik. Multiplizieren lernen sie mit einem "Einmaleins-Brett" und farbigen Holztäfelchen mit Ziffern. Köhler zeigt ein Kärtchen mit einer Rechenaufgabe: 3208 mal 921. "Das rechnen bei uns Schüler in der zweiten Klasse." Bruchrechnen, was Kindern sonst erst an weiterführenden Schulen beigebracht wird, lernen sie hier in der vierten Jahrgangsstufe.

Die Pfaffenhofener Montessori-Schule ist 1988 gegründet worden als gemeinnützige Gesellschaft, an der die Stadt eine Sperrminorität von 25 Prozent hält. Das Schulgeld beträgt 183 Euro, Geschwisterkinder zahlen weniger. 149 Schüler werden hier von 13 Lehrkräften unterrichtet. Hinzukommt eine Montessori-Therapeutin und eine Theater-Pädagogin - Theaterspielen steht auf dem Lehrplan. Außerdem werden in einer eigenen Klasse acht Schüler vom Förderzentrum unterrichtet, die im Zuge der Inklusion in die Freiarbeit mit einbezogen werden. Ein großes Plus: Seit zwei Jahren ist die Pfaffenhofener Einrichtung als einzige Montessori-Schule im Freistaat staatlich anerkannt. Schüler müssen, wenn sie auf eine weiterführende Schule gehen, keinen Probeunterricht und keine Prüfung mehr ablegen.

Markus Stocker, 8, hat im vergangenen Jahr die Schule gewechselt. Jetzt nutzt er den Info-Tag, um seiner Familie die Schule zu zeigen. Was ihm hier besonders gefällt? "Dass wir uns hier nicht streiten", sagt er. "Und dass es leise ist."

Philomena ist erst drei Jahre alt, aber weil ihre Eltern nach Pfaffenhofen ziehen und hier bauen wollen, schaut sich ihre Mutter schon jetzt die Schule an. Staatliche Schulen, meint die Mutter von Philomena, könnten darauf keine Rücksicht nehmen, weil sie ihre Lehrpläne einhalten und nach jedem Halbjahr vorgeschriebene Lernziele erreicht haben müssen. Montessori-Schulen sind da freier.

Unumstößlich ist allerdings, dass die Kinder zum Ende der Grundschulzeit dasselbe Pensum beherrschen wie alle anderen Viertklässler auch. Erst in der vierten Klasse gibt es Noten, bis dahin nur Mitteilungen wie zum Beispiel: "Das Kind hat das Einmaleins verstanden." "Das reicht doch", sagt Barbara Fingos, 46. Sie ist mit ihrem 16-jährigen Sohn Elias eigens aus Aichach gekommen, weil der sich noch einmal seine alte Schule anschauen wollte. Zwei Jahre hat sie ihn täglich 30 Kilometer hin- und 30 Kilometer zurückgefahren, dann konnte ihr Sohn auf den Schulbus umsteigen. Inzwischen hat Elias eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker begonnen. Was ihm an seiner Schulzeit besonders gefallen hat? "Man wird zur Selbstständigkeit erzogen." Nicht nur das ist das Ziel der Freiarbeit. Hier kommen an mindestens sieben Stunden in der Woche zwei Jahrgangsstufen zusammen, jeweils die Hälfte einer Klasse. Jedes Kind sei neugierig, sagt Köhler, wolle lernen, aus eigenem Antrieb, aber sein eigenes Tempo bestimmen. Das berücksichtigt die Montessori-Pädagogik. Vor allem aber lernen die Jüngeren im Umgang mit den Älteren - und umgekehrt - Teamfähigkeit, soziale Kompetenz und Rücksichtnahme.

Schulleiterin Inge Marschall glaubt, dass diese Fähigkeiten auch in der freien Wirtschaft gefordert werden. Auf der Veranstaltung eines Autokonzerns hätten die Arbeitgeber formuliert, was sie von ihren zukünftigen Auszubildenden und Mitarbeitern erwarten. Nämlich Antworten auf die Fragen: Wie löse ich Konflikte? Kann ich auch Schwächere mitnehmen? Wie ist es um meine Teamfähigkeit bestellt? Und, ganz simpel: Wie hinterlasse ich den Tisch, wenn ich mit dem Essen fertig bin? Die Schulleiterin freute sich: "Genau das bringen wir unseren Schülern bei."