Neuburg (DK) Herzergreifend-romantisch, gewürzt mit Mantel- und Degen-Flair, einer kräftigen Prise Humor und einem Hauch feiner Ironie, präsentiert das Rumänische Staatsballett Oleg Danovski Fantasio eine wunderbare Ballettinszenierung. "Romeo und Julia" reißt das Publikum hin.
Vor einem für Tourneetheater relativ aufwendigem Bühnenbild tanzt sich das ausgezeichnete Ensemble in opulenten Kostümen in die Herzen des Publikums im ausverkauften Neuburger Stadttheater. Selbst wenn die Handlung der berühmtesten Tragödie Shakespeares nicht bekannt wäre, ließe sie sich aus der dynamisch-intensiven Bewegungssprache der packenden Inszenierung von Choreograf Horatiu Chereches leicht erschließen. Die Feindschaft zwischen den beiden Veroneser Familien Montagues, der Romeo entstammt, und der Capulets, der Julia angehört, pflegen sogar die Diener. Die begegnen sich auf dem Markt und verwandeln das heitere Markttreiben schnell in eine Kampfszene, in die auch die jungen Adligen eingreifen. Im ersten Akt geht das noch einmal gut, weil der Stadtherr Prinz Escalus die beiden Parteien zwingt, die Waffen niederzulegen, im zweiten Akt aber endet der dramatische Schwertertanz tödlich für Romeo Freund Mercutio, den Romeo rächt, indem er Julias Cousin Tybalt tötet. Faszinierend, mit welcher Grazie die Tänzer ihr maskulines Kampfspiel darbieten, gekonnt die pfiffigen Einfälle der Choreografie, die Mercutio nach dem Verlust seines Schwertes über die Arme der Nebendarsteller hechten und so wieder in den Besitz der Waffe kommen lässt. Die absoluten Höhepunkte neben den präzise tanzten Ensemblenummern sind natürlich die Pas de deux, zunächst von Julia (Irina Ganea-Mihaiu) mit Graf Paris (Bogdan Birsanescu), dem ihr von den Eltern zugedachten Bräutigam, dann mit Romeo (Adrian Mihaiu). Ganea-Mihaius zerbrechliche, ätherische Erscheinung verstärkt die Tragik der Liebenden und ist prädestiniert für atemberaubende Hebefiguren, sie beherrscht Arabesken, Pirouetten und Fouettes par excellence. Mühelos hebt Adrian Mihaiu seine Partnerin, schwingt sie um den eigenen Körper als wiege sie nicht mehr als eine Feder.
Gelungen der Mix aus klassischen, modernistischen, lyrischen und scherzhaften Tanzelementen, die Shakespeares Vorlage, die vom Wechsel tragischer und komödienhafter Szenen lebt, bestens wiedergeben. Eine stringente, spannungsreiche Inszenierung, die von der ersten bis zur letzten Minute fesselt, einschließlich der ausgedehnten Sterbeszenen. Mögen die in manchen Opern aufgesetzt wirken und sich zäh in die Länge ziehen, so staunt der Besucher, wie schön Sterben im Ballett inszeniert werden kann. Immer wieder steht der tödlich getroffene Mercutio auf, greift noch einmal zu Schwert oder Mandoline, und das in herausragender Geschmeidigkeit. Am Ende gehört Shigeyuki Kondo wie die beiden Hauptdarsteller zu den Publikumslieblingen, die mit Bravorufen im ohnehin langanhaltenden Applaus belohnt werden. Romeo und Julia sterben einsam in ihrer Grabkammer, weniger dramatisch, dafür umso ergreifender in ihrem Leid um den beziehungsweise die Geliebte. Chapeau!
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