Ingolstadt
Ring frei für die Busse?

SPD-Stadtrat Robert Bechstädt schlägt eine Ringbuslinie um den Stadtkern vor – Konzept wird kontrovers diskutiert

27.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:04 Uhr

Kaum befahren: Große Zellgasse und Sebastian-Kneipp-Straße im Roten Gries führen bislang nur in die Feldschütt. Sollte eine Verbindung bis zur Gerolfinger Straße ausgebaut werden, befürchten nicht nur Anlieger massiven Schleichverkehr durch das Westviertel Richtung Ringstraße, um das Nadelöhr Gerolfinger Straße zu umgehen.

Ingolstadt (DK) Das Thema Verkehr bleibt weiterhin in den Schlagzeilen. SPD-Stadtrat Robert Bechstädt schlägt eine Ringbuslinie rund um den Stadtkern vor (siehe DK vom Samstag), um den Straßenverkehr zu entlasten. Nicht jeder ist jedoch mit dem Konzept der SPD einverstanden.

In einem sind sich indes alle einig: Der öffentliche Personennahverkehr in Ingolstadt bedarf der Verbesserung. Nur, wie die nötigen Schritte aussehen sollen, darüber gehen die Meinungen auseinander. SPD-Stadtrat Robert Bechstädt schlägt zur Entlastung des Straßenverkehrs eine Ringlinie für Busse um die Stadt vor, mit der dem „Chaos auf den Straßen“ begegnet werden soll. Diese würde über acht Knotenpunkte verfügen, die die neue Ringlinie mit den anderen INVG-Linien verbinden sollen. Das Besondere an dem Plan ist die Erschließung der Staustufe für den Busverkehr, die Oberbürgermeister Christian Lösel im Sommer in die Wege geleitet hat. Bislang können nur Radfahrer und Fußgänger die Staustufe passieren. Im Westen soll die Ringbuslinie aber nicht wie im Vorschlag der Stadt vorgesehen, über die Antoniusschwaige führen, sondern in einem Bogen westlich daran vorbei.

Der Rote Gries ist zwar als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, doch Bechstädt betont, dass es sich die Stadt in der entsprechenden Verordnung vorbehält, „Straßen, Wege oder Pfade zu errichten oder zu ändern“. Im konkreten Fall geht es um die Befestigung und Asphaltierung der vorhandenen Feldwege. Nach dem Bericht im DK seien „jede Menge“ Reaktionen bei ihm eingegangen, berichtet Bechstädt. „Die meisten davon fielen sehr positiv aus“, sagt der Stadtrat. „Und zwar nicht nur aus der SPD, sondern auch parteiübergreifend.“ Natürlich müsse man aber abwägen, was machbar sei und was nicht. „Mir ist bewusst, dass das kein Projekt ist, das man von heute auf morgen realisieren kann“, sagt Bechstädt.

Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Joachim Genosko, spricht zwar von einem „interessanten Vorschlag“, doch die eigentlichen Probleme würden durch das neue Konzept nicht gelöst. „Der Ziel- und Quellverkehr kommt von außerhalb der Stadt. Dieser Verkehr würde von der Linie nicht profitieren“, sagt Genosko. Aber auch auf der innerstädtischen Ebene gäbe es Schwachpunkte. „Wenn man dazu gezwungen ist, umzusteigen, wird der öffentliche Nahverkehr weniger attraktiv“, findet der Fraktionsvorsitzende. Um Verzögerungen zu vermeiden, müsste man die Busse außerdem in einem sehr dichten Takt fahren lassen. „Es wäre den Menschen meiner Meinung nach mehr geholfen, wenn man das vorhandene Schienennetz ausbauen würde“, sagt Genosko. Park-and-Ride-Parkplätze außerhalb des Stadtkerns würden den Pendlerverkehr entlasten. „Man muss den Verkehr von der Straße bekommen, wenn man die Situation verbessern will“, findet der CSU-Politiker.

Peter Springl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, weist darauf hin, dass mit der Schaffung einer neuen Ringlinie mehr verbunden sei, als „Striche in eine Karte“ hineinzuzeichnen. Vor allem die Vernetzung mit den vorhandenen Linien bereite ihm Sorgen. „Man muss auf jeden Fall prüfen, mit welchem Aufwand eine solche Anbindung verbunden ist“, so Springl. Grundsätzlich findet er aber, dass das SPD-Modell durchaus eine Idee sei, die man genauer überprüfen könne. „Man sollte die Idee nicht gleich wieder beerdigen, sondern auf jeden Fall weiter dranbleiben“, findet der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler.

Anders sieht das Georg Niedermeier, der für die Bürgergemeinschaft Ingolstadt im Stadtrat sitzt. „Eine solche Linie, wie sie die SPD vorschlägt, ist meiner Meinung nach nicht zu realisieren“, meint Niedermeier. „Das Verbindungsstück über den Roten Gries besteht aus nicht asphaltierten Straßen, mit drei 90-Grad-Kurven.“ Diese für den Busverkehr zu erschließen, sei zu teuer und zu aufwendig. Außerdem würde ein Ausbau dieser Verbindung dem „Schleichwegverkehr“ Tür und Tor öffnen. „Viele Autofahrer würden diese neue Route benutzen, um die Neuburger Straße und die Gerolfinger Straße zu umfahren.“ Auch ein Fahrverbot für Autofahrer auf dieser Strecke könne daran nichts ändern. Stattdessen spricht sich Niedermeier für den Bau einer vierten Donauquerung aus, die die B 13 und B 16 im Westen der Stadt miteinander verbinden soll. „Langfristig sollte man auch die Einführung einer Stadtbahn als Option ansehen“, findet er.

Christoph Lauer, neues Mitglied der Stadtratsfraktion der Grünen (er rückte für den neuen Umweltreferenten Rupert Ebner nach), findet es ebenfalls gut, dass die SPD die Problematik anspricht. Eventuell könne eine Ringlinie auch sinnvoll sein, fügt Lauer an. „Hier muss man aber die Prüfung durch die INVG abwarten.“ Generell müsse es das Ziel sein, ein System zu schaffen, bei dem die Fahrgäste „von Haustür zu Haustür“ befördert würden. Wichtig seien zum Beispiel direkte Anbindungen aus dem Süden an das Klinikum und an Audi. „Hierzu sollte man das aktuelle System prüfen und abwägen, wo man manche Linien anders gestalten kann.“ Auch die Erschließung neuer Linien könne zur Verbesserung des Systems beitragen.

Die INVG will prüfen, ob Bechstädts Modell zu realisieren ist. „Wir werden dies in aller Sorgfalt untersuchen“, sagt der Geschäftsstellenleiter der INVG, Hans-Jürgen Binner. Heute im Laufe des Vormittags treffen sich Binner und Bechstädt, um über die Pläne des SPD-Stadtrats zu beraten. „Erst danach kann ich Genaueres sagen“, meint Binner dazu.