Riedenburg
Richter kippen Fremdenverkehrsbeitrag für Flughafen

03.12.2020 | Stand 07.12.2020, 3:33 Uhr
Der Flughafen in Heringsdorf auf der Insel Usedom darf nach Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern nicht über die Fremdenverkehrsabgabe subventioniert werden. −Foto: Sauer/dpa-Archiv

Riedenburg/Heringsdorf - Satzungen über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe können generell der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Opfer fallen.

Das zeigt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Oktober vergangenen Jahres. Darin erklärte der Erste Senat in Greifswald die Fremdenverkehrsabgabe der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf für unwirksam. Der auf der Insel Usedom gelegenen Kommune wurden außerdem die Kosten des Verfahrens aufgebürdet, eine Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist im Internet unter dem Aktenzeichen 1 K 444/15 einsehbar.

Dem Oberverwaltungsgericht missfiel, dass die Gemeinde mit den Einnahmen aus der Abgabe den Regionalflughafen in Heringsdorf jährlich mit 125000 Euro unterstützte. Wortwörtlich heißt es in dem Urteil: "Die Subventionierung einer kommunalen Infrastruktureinrichtung ist keine Maßnahme der Fremdenverkehrswerbung. " Geklagt hatte die Betreiberin einer Pension, die im Oktober 2015 eine Summe von 845 Euro an Fremdenverkehrsabgabe hätte zahlen sollen.

Die Gemeinde hatte gegenüber dem Oberverwaltungsgericht argumentiert, dass der Regionalflughafen dem touristischen Marketing diene, denn an 25 Flugtagen erscheine der Name Heringsdorf etwa 300-mal auf den Anzeigetafeln von Flughäfen und damit werde für das Ostseebad geworben.

Die Verwaltungsrichter kamen aber zu einer anderen Rechtsauffassung und urteilten, dass die "angegriffene Fremdenverkehrsabgabensatzung zwingend gegen höherrangiges Recht verstößt". Zwar werde eine Infrastruktureinrichtung gesichert, die dem Fremdenverkehr in Heringsdorf zugutekomme, weil Feriengäste und andere Besucher der Gemeinde den Flughafen für die Anreise auf dem Luftweg nutzen könnten. "Insoweit mag in Existenz sowie Weiterbetrieb des Flughafens und in der damit verbundenen Erreichbarkeit eine Attraktivitätssteigerung für die Gemeinde in touristischer Hinsicht liegen", urteilen die Verwaltungsrichter, stellen dann aber fest: Werbung für den Fremdenverkehr könne darin nicht erkannt werden.

Es müsse außerdem keinesfalls zwingend um die Subventionierung des genannten Regionalflughafens gehen, das Urteil gelte in gleicher Weise etwa für den Bau eines Hallenbades, die Errichtung von Sporteinrichtungen, einer Strandpromenade oder neuer Fahrradwege. Von derlei Infrastrukturmaßnahmen profitiere zwar auch der Fremdenverkehr, eine Werbung für den Tourismus, die durch eine öffentliche Abgabe refinanziert werden dürfe, liege jedoch nicht vor. Dann definieren die Richter sehr präzise, was sie unter Fremdenverkehrswerbung verstehen: Print- oder Internetwerbung, Prospekte, Veranstaltungen, Messeauftritte und dergleichen.

Das Oberverwaltungsgericht lehnte aber noch einen weiteren Punkt in der Abgabensatzungen der Gemeinde Heringsdorf ab, in der es um die Finanzierung der Zimmervermittlung als Serviceleistung für unterkunftssuchende Besucher der Gemeinde ging. Diese sei nicht abgabefähig, heißt es in bestem Juristendeutsch.

Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald arbeitete sich in seinem Urteil aber nicht nur an den Ausgaben, sondern auch an den Einnahmen durch die Fremdenverkehrsabgabe ab. Generell bejahten die Richter, dass die Kommune eine Fremdenverkehrsabgabe erheben kann. Die Gemeinde dürfe dabei nicht nur die unmittelbaren Nutznießer des Tourismus, sondern auch "mittelbar Bevorteilte, bei denen sich der Vorteil nicht aus Wirtschaftsbeziehungen zu erholungssuchenden Fremden, sondern aus der Beziehung zu unmittelbar Bevorteilten ergibt", heranziehen. Derlei mittelbar Bevorteilte sind zum Beispiel Einzelhändler oder eben auch eine Steuerkanzlei, die Gastronomen in ihrer Mandantschaft hat.

rat