Eichstätt
Rettung aus Pferdegetümmel

Zum letzten Sommerbarock-Vortrag über Athanasius Kircher

06.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:23 Uhr

Eichstätt (buk) Der Name Athanasius Kircher (1602–1680) war im Lauf der Reihe der Sommerbarock-Vorträge an der Katholischen Universität bereits mehrfach gefallen. Unter dem Motto „Wissenskunst im Barock. Athanasius Kircher und die barocke Universalwissenschaft“ wurde das Eichstätter Publikum nun über die Jesuitengestalt aus dem 17. Jahrhundert detaillierter aufgeklärt. Als Referentin für den neunten und letzten Vortrag der Reihe war die Berliner Philosophie-Historikerin Anne Eusterschulte in den Kapuziner-Hörsaal gekommen.

Kennenzulernen war in diesem Vortrag ein faszinierender Forscher des Barock, der den Versuch unternommen hatte, sämtliche Wissensbereiche und Disziplinen der Wissenschaften und Künste aller Sprachen und Kulturen seiner Zeit zu vereinen. Anders formuliert: Kircher versuchte, die gesamte historische Welt enzyklopädisch abzubilden. Unter anderem befasste er sich während seines Wirkens am Collegium Romanum in Rom mit der Medizin, der Mathematik und der Musik, mit Geologie und ägyptischen Hieroglyphen – und natürlich mit der Bibel. All dies und die Wirkzusammenhänge und Bauprinzipien in der Natur versuchte er getreu seinem Motto „Alles in einem“ zusammenzusehen, wie die Referentin darstellte.

Dabei fasziniert an Kircher schon sein abenteuerliches Leben, das er in zahllosen Gefahren mehrfach zu verlieren drohte: So geriet er etwa in ein Pferdegetümmel oder in eine Wassermühlenanlage, er nächtigte nach einer Theateraufführung auf dem Heimweg durch den Wald aus Furcht vor Wildschweinen auf einem Baum, brach ins Eis des Rheines ein und musste das kalte Wasser durchschwimmen und ließ sich für seine Studien in den aktiven Vesuv abseilen.

Nicht minder erstaunlich aber ist eine Sammlung von Antiquitäten und Memorabilien, die er zusammen mit eigenen Erfindungen im „Museum Kircherianum“ in Rom zeigte: eine Galerie der Natur- und Menschheitsgeschichte, worin Kircher Kammern des Wissens errichtete, in denen er sich auch selbst inszenierte. Die Zeitgenossen konnten in diesem Museum Experimente zur Lichtbrechung oder zur Akustik, zur Wasserkraft, Magnetismus und Mechanik bestaunen. So brachte Kircher etwa in einem Raum eine wasserkraftbetriebene automatische Orgel zum Klingen oder er erzeugte in einer Dunkelkammer kinematographische Effekte, die die Zeitgenossen verblüfften oder gar zu Ohnmachtsanfällen führten.

Kircher kam es darauf an, durch Naturkunde den Weg zur Gottesgläubigkeit finden zu lassen. In seinem Buch „Arca Noë“ (erschienen 1675) suchte er auch ein Ereignis aus der Bibel wissenschaftlich zu ergründen: Er wollte herausfinden, wie groß die Arche Noah und mit welcher Innenarchitektur sie ausgestattet war. Dazu berechnete er etwa, welche Mengen an Futter für die Vielzahl der Tiere an Bord gelagert werden musste. Schade, dass nur zwei Dutzend Zuhörer den Weg zu diesem Schlussvortrag gefunden hatten. In der künftigen Wintervortragsreihe könnte das Publikum wieder größer werden: Dann geht es um das Rahmenthema „Venedig“, wie die Organisatoren am Ende verrieten.