Ingolstadt
Reklame zum Aufschauen

Die einheitlichen Plakatrahmen bleiben umstritten jetzt prangt darauf auch noch Firmenwerbung

03.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:06 Uhr

Werbung in 2,50 Metern Höhe (bis zur Unterkante gemessen): Neuerdings werden die einheitlichen Rahmen auch mit gewerblichen Plakaten bestückt. Ursprünglich war das nicht so gedacht. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Die normierten Plakatrahmen an Laternenmasten waren nie unumstritten. Seit Kurzem darf ein Teil davon laut einem Stadtratsbeschluss auch für Firmenwerbung genutzt werden. Die Berliner Firma Mediateam vermarktet die Plakathalter im Auftrag der Stadt. Das stößt nach wie vor auf Kritik.

Auf der Adenauerbrücke und weiter Richtung Münchener Straße grüßt freundlich ein Küchenfachgeschäft. Von Laternenmast zu Laternenmast. Dort sind die Rahmen mit den Werbeplakaten befestigt. Firmenreklame - so war das ursprünglich nicht gedacht, als die Stadt 2012 daranging, die Plakatierung zu vereinheitlichen. Das Ziel waren standardisierte Rahmen für Plakate, die auf Veranstaltungen vor allem kultureller Art hinweisen, betreut und gefüllt von einem einzigen Unternehmen im Auftrag der Stadt, die an den Einnahmen beteiligt ist und sich sonst um nichts mehr kümmern muss. Den Zuschlag erhielt die Berliner Werbeagentur Mediateam, die seither das Monopol für die Vermarktung der - nach Auskunft der Stadt - insgesamt 580 Plakatrahmen ausübt; die Begeisterung hält sich seither jedoch in Grenzen. Sie würden zu hoch hängen und seien zu unauffällig, heißt es. Und jetzt prangt darauf auch noch Firmenwerbung. Wie kam es dazu?

Der Vertrag der Stadt mit Mediateam sei vor Kurzem modifiziert worden, berichtet Ingrid Schmutzler vom Presseamt der Stadt. "Die Nachtragvereinbarung sieht vor, dass bis zu 200 Plakatrahmen für gewerbliche Aushänge genutzt werden dürfen." Auch "Hinweiswerbung" im Umkreis von 100 Metern um das werbende Geschäft ("In 100 Metern links . . .") sind jetzt möglich. Der Stadtrat habe im Sommer dieser nachträglichen Vereinbarung zugestimmt, erklärt Schmutzler. "Der Vertrag liegt noch in Berlin, es fehlt nur noch eine Unterschrift." Aber das sei eine reine Formsache.

Mehrere Politiker der Opposition wollten das umstrittene Plakatprozedere ändern, ja am liebsten sogar kippen. Unter ihnen Petra Kleine, die Fraktionsvorsitzende der Grünen. "Es gab vier Arbeitskreise, die sich mit den Lichtmastrahmen befasst haben. Wir wollten sogar anfragen lassen, was es die Stadt kosten würde, den Vertrag mit Mediateam zu kündigen." Das habe man dann aber gelassen; der Verdruss über die geltende Regelung bleibt indes groß. "Es war ein schwerer Fehler, mit der Werbeagentur einen Monopolvertrag abzuschließen, der auch noch bis 2027 gilt", sagt Petra Kleine. "Ein unglücklicher Vertrag! Es war beim Stadtratsbeschluss 2012 nicht klar, dass da ein Monopol herauskommt."

Sie und ihre Mitstreiter haben mehrfach mit den Berlinern verhandelt. Das Ergebnis waren einige "Lockerungen", wie sie es nennt. So dürfen Vereine künftig ihre Veranstaltungen an den Ortseingängen auf eigenen Plakatständern (die auf dem Boden stehen) bewerben, aber nur in dem Ort, in dem etwa ein Vereins- oder Stadtteilfest stattfindet. Alles nicht ganz einfach, sagt Kleine. Man habe mit Mediateam noch weitere kleine Modifizierungen für gemeinnützige Vereine (also auch die Feuerwehren) ausgehandelt, "die ebenfalls etwas kryptisch sind". Es sei nötig gewesen, sich nicht weit vom Kontext der Ausschreibung zu entfernen. Im Gegenzug hätten die Berliner durchgesetzt, ihre Plakatdienste in Ingolstadt um Firmenwerbung zu erweitern. "Diese Änderung steht aber zu den Lockerungen in keinem Verhältnis", sagt Kleine.

Daniel Snaider bucht bei Mediateam öfter Plakatrahmen am Straßenrand, um die großen Live-Shows mit Bildern und Geschichten aus aller Welt zu bewerben, die er und sein Team "Erdanziehung" veranstalten. Am heutigen Freitag zum Beispiel geht es ab 20 Uhr in der Halle 9 am Hauptbahnhof nach Island. "Ich finde, dass die neuen, einheitlichen Rahmen eine viel geringere Werbewirksamkeit und Präsenz haben als früher, als wir noch mit eigenen Plakaten werben durften - auf Augenhöhe. Wir merken auch, dass die Besucherzahlen seither gesunken sind. Die Plakate an den Laternenmasten fallen einfach nicht genügend auf!" Aber dafür seien die Kosten gestiegen. Da sei es für Event-Anbieter wie "Erdanziehung" immer schwieriger, mitzuhalten. "Denn man muss schon möglichst flächendeckend plakatieren, damit es etwas bringt", sagt Snaider. Trotz des Internets und seiner Netzwerke sei "crossmediale Werbung" noch wichtig. "Ohne Plakate geht es nicht!"

Der Firma Mediateam macht er keinen Vorwurf. "Die gehen eben unternehmerisch vor. Und die Stadt ist froh, das Problem ausgelagert zu haben." Aber eines wundere ihn da schon: Die Stadt Ingolstadt werbe auch auf mehreren eigenen großen Bannern, etwa für das Stadttheater. "Wenn die Stadt mit dem Plakatkonzept von Mediateam zufrieden ist, müsste sie das doch eigentlich nicht tun. Oder"