Gachenbach
Rechtzeitig einen Gang zurückgeschaltet

05.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:17 Uhr
Luft an- und Hemdkragen zuhalten: Bei der Gemeinderundfahrt stellten Bürgermeister Alfred Lengler und ein Mähdrescher die Ratsmitglieder vor Herausforderungen. −Foto: Hofmann

Gachenbach: Wenn eine Gemeinde locker auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise schauen kann, dann Gachenbach. Fast alles, was viel Geld kostet, ist schon erledigt. Teuer zu stehen kommt Bürgermeister Alfred Lengler allerdings ein lockerer Spruch, wie unsere wie immer nicht ganz ernst gemeinte Bestandsaufnahme zeigt.

 

Man fragt sich unweigerlich: Wie haben sie das gemacht, dass sie das alles vorher schon gewusst haben? Und warum haben sie nichts gesagt, die Gachenbacher? Warum haben sie nicht schon vor zwei, drei Jahren angekündigt, dass da eine schwierige Zeit auf die Menschheit zukommen wird, eine Zeit, in der man Abstand halten und mit dem Geldausgeben vorsichtig sein soll? Eine Zeit, in der es gut ist, wenn man alles so weit schon erledigt hat, was man erledigen sollte? In der man große Sachen wie, sagen wir mal, die Sanierung einer jahrhundertealten Kirche lieber gleich so weit in die Zukunft verschiebt, dass man jetzt erst mal in aller Ruhe das Geld zusammenhalten kann.

 

Seien wir ehrlich: Es ist doch gut, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist, auf dem Beinberg. Denn wäre es nicht verdammt ärgerlich gewesen, wenn man zum 500-Jährigen der Wallfahrt zu Maria Beinberg ein Riesenfestprogramm auf die Beine gestellt hätte, sich vorher vielleicht noch gestresst hätte, um mit der umfangreichen Kirchensanierung noch rechtzeitig fertig zu werden und das Stüberl für den Besuch all der vielen Gäste von nah und fern herauszuputzen - und dann sagen muss: Tut uns leid, Leute, der ganze Aufwand war umsonst, weil jetzt müssen wir wegen Corona eh alles absagen? Dann doch lieber gleich ohne jede Erwartung in so ein Festjahr gehen, weil dann ist die Enttäuschung nicht auf einmal so groß, sondern quasi linearer, weil sie sich gleichmäßig über mehrere Jahre verteilt (eine Argumentation, die wir dank Corona inzwischen auch in anderen Lebensbereichen gut nachvollziehen können). Und was nützt ein saniertes und auf den Besucheransturm vorbereitetes Wallfahrerstüberl, wenn sich da eh niemand drin aufhalten dürfte - nicht, weil die Decke herabkrachen oder ein Brand fatal enden könnte, sondern weil das die Corona-Regeln so wollen? So gesehen war das Ganze für Maria Beinberg eine Win-win-Situation? Oder doch eher Lose-lose?

 

Der eigentliche Beweis, dass die das in Gachenbach schon lange gewusst haben mit den Corona-Abstandsregeln, ist aber natürlich das neue Feuerwehrhaus in Peutenhausen. Da hat man in der Gemeinde Gachenbach in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Sitzungssälen für den Gemeinderat durchprobiert: das alte und offenbar nicht mehr sinnvoll sanierbare Gemeinde- und Feuerwehrhaus in Peutenhausen, das alte, vor einigen Jahren sanierte Bürgerhaus in Gachenbach, das mittelalte Wasserzweckverbandsgebäude in Gachenbach (von einer geplanten oder verworfenen Sanierung ist hier gerade nichts bekannt) - alle haben schon irgendwie gepasst, waren aber nicht so richtig groß. Und dann, als man plötzlich einen richtig großen Sitzungssaal braucht, ist gerade wenige Wochen vorher das neue, moderne Feuerwehrhaus in Peutenhausen fertig geworden. Ein Feuerwehrhaus, über das schon seit Jahren geredet worden ist und das nun das erste im Gemeindebereich ist, bei dem man auch richtig von einer Fahrzeughalle reden kann. Und das wird genau dann fertig, als man eine große Halle braucht, in der man zusammen, aber mit Abstand tagen kann? Kann kein Zufall sein. Noch dazu bei dieser perfekten Lüftungsanlage: Tore auf, sibirische Kälte rein, Viren erfroren, Tore wieder zu.

 

Apropos Abstand: In manchen Gemeinderäten wäre man ja froh, wenn die Fraktionen etwas mehr Abstand voneinander hätten, damit's nicht dauernd kracht zwischen ihnen. Gachenbach dagegen ist sozusagen der Kuschelgemeinderat (nur im übertragenen Sinne, versteht sich, wir haben ja Corona). Alle haben sich lieb, und wenn es sich Bürgermeister Alfred Lengler (CSU) mal fraktionsübergreifend mit seinen Räten verscherzt, dann normalerweise nicht wegen irgendwelcher politischer Alleingänge, sondern weil er, der frisch gebackener Besitzer eines E-Bikes ist, bei der Gemeinderundfahrt mit dem Radl übermütig wird und ein paar zusätzliche Runden durch Siedlungen drehen will, um zu schauen, wie der Löwenzahn zwischen Fahrbahn und Gehsteig wuchert. Oder weil er partout einen Sachvortrag über den Zustand einer Landstraße halten muss, während beim Ortstermin der Mähdrescher vom Feld nebenan die ganze Gruppe einnebelt (siehe Beweisfoto oben).

Ansonsten muss man aber auch hier sagen: Alles richtig gemacht. Offenbar, weil man in Gachenbach die Pandemie samt begleitender Wirtschaftskrise schon im Voraus geahnt hat, sind die teuren Projekte wie Kanalsanierung, Straßenbau, Gewerbegebietserweiterung, Kinderkrippenneubau oder Schulumbau bereits erledigt worden, als die Steuereinnahmen noch so richtig erfreulich waren. Die Gemeinderäte können sich nun mit eher theoretischen Themen wie einer Vorkaufsrechtssatzung befassen, damit die Gemeinde irgendwann all die Grundstücke in den Siedlungen aufkaufen kann, vor denen jetzt noch der Löwenzahn wuchert, wie die Ratsmitglieder spätestens seit den Ehrenrunden bei ihrer Gemeinderundfahrt wissen. Kleine Information am Rande zum Thema Löwenzahn: Bei ihm daheim sei das alles sauber ausgerupft, sagte Lengler bei der Gemeinderundfahrt augenzwinkernd, er habe da schließlich vor 42 Jahren speziell jemanden dafür angestellt. Als Ehefrau Magdalena, mit der der Bürgermeister seit 42 Jahren verheiratet ist, dieses Zitat in der Zeitung las, soll sie an den Gatten spontan Gehaltsnachforderungen für 42 Jahre gestellt haben. Lockere Sprüche können manchmal teuer werden...

Ansonsten scheint Alfred Lengler aber alles im Griff zu haben. Und das nicht nur in Gachenbach. Nachdem er bereits bei der Landkreis-CSU aufgeräumt hat (was offenbar nicht so einfach war, schließlich hat's zehn Jahre gedauert) und ihr zudem die Bürde erspart hat, den Landrat stellen zu müssen, nimmt er sich nun die Verwaltungsgemeinschaft vor. Die Vertreter aus den vier anderen VG-Gemeinden waren ja offenbar so froh, dass Lengler es versäumt hat, einen Schritt zurückzutreten, als bei der ersten Sitzung nach der Kommunalwahl ein neuer Vorsitzender gesucht wurde, dass sie ihn gleich einstimmig gewählt haben. Und so werkelt Lengler nun in der VG, weil daheim in Gachenbach hat er ja nicht mehr viel zu tun, außer ab und zu mal die Tore des Peutenhausener Feuerwehrgerätehauses zum Lüften zu öffnen und, Routine seit Jahren, dem Biber seine Grenzen aufzuzeigen.

Gut, da ist noch das Thema Schule. Und zwar die Mittelschule in Aresing, an der die Gemeinde Gachenbach sozusagen Anteile hält und die demnächst, offenbar eher in sehr naher als in mittlerer Zukunft, saniert werden muss. Das könnte finanziell betrachtet für Gachenbach schon noch unangenehm werden. Alfred Lengler kann sich da sicherlich bei seinem Brunnener Bürgermeisterkollegen Thomas Wagner erkundigen, wie das so ist, wenn einem für ein Bauprojekt in der Nachbargemeinde die Millionen sozusagen magnetisch aus der Haushaltskasse gezogen werden - siehe den Blick in die Gemeinde Brunnen in unserer Dienstagsausgabe.

SZ

Bernd Hofmann