Ingolstadt
Rasante Wort- und Musikkunst

Lizzy Aumeier und ihr Salonorchester im Kulturzentrum neun Ingolstadt

07.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:52 Uhr
Begeistern mit ihrer Strauß-Gala: Alice Graf (Piano), Svetlana Klimova (Violine), Gaby Athmann (Querflöte), Irene von Fritsch (Violoncello) und Lizzy Aumeier (Kontrabass) als Salonorchester Weiße Lilien. −Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Sie fechten so manchen heftigen Strauß aus, hauen sich weibliche Spitzen und Kabarettfetzen nur so um die Ohren.

Doch musikalisch ist alles aus einem Guss, wenn das Damen-Quintett um Lizzy Aumeier loslegt.

Auch wenn sich die Mitglieder des einzigen bayerischen Damensalonorchesters zunächst nicht einig sind, für welchen Strauß ihr Programm "Küss die Hand" als Hommage gedacht ist. Da ist Lizzy Aumeier (Kontrabass) alias Marianne Strauß, die diese Ehre selbstverständlich vehement für ihren verstorbenen Ehemann Franz Josef Strauß einfordert, nachdem Pianistin Alice Graf alias Adele Strauß, "dritte und letzte Ehefrau" des Walzerkönigs Johann Strauß, das Publikum in der gutbesuchten Halle neun zur großen Johann-Strauß-Gala willkommen geheißen hat. Was nicht nur Irene von Fritsch (Violoncello) irritiert, die als Anne Sinclair natürlich davon ausging, dass der Abend eine Hommage für ihren Ex-Ehemann Dominique Strauss-Kahn werden solle, sondern auch Gaby Athmann (Querflöte) alias Rebecca Strauß, "Mudda von Levi Strauss, dem berühmtesten Franken nach Lothar Matthäus". Ruhender Pol im Schlagabtausch der vier bleibt Svetlana Klimova, die als Konzertmeisterin gebucht ist und verkündet: "Ich spiele alles - egal welcher Strauß. Hauptsache, ich bekomme mein Geld".

Los geht es jedoch nicht mit Vater oder Sohn Strauß, sondern Wolfgang Amadeus Mozart und der "Kleinen Nachtmusik", in die kurze Sequenzen anderer, teils moderner Lieder, eingewebt sind. Es folgt eine Runde Volksmusik, die teilweise an Zigeuner- oder Schrammelmusik erinnert, und ein kräftiges Hatschi aus mehreren Nasen beendet den wunderbaren Strauß-Walzer "Rosen aus dem Süden", den Aumeier augenzwinkernd als "Dosen aus Tüten" angekündigt hat. Passend zu ihrem vorangegangenen Exkurs in die Political Correctness der Sprache, die beispielsweise notwendig mache, die "Sackgasse" in "Beutelweg" umzubenennen. Kopfschüttelnd merkt Aumeier an, "Mohrenkopf darf man nicht mehr sagen - Mohrrübe schon noch".

Einfach genial die Mischung aus Konzert, Kabarett und Musiktheater, die vom ersten Moment an zündet. Natürlich müssen sich Aumeiers Zuschauer in der ersten Reihe warm anziehen. "Name? ", fragt sie knapp und dann "Regine, hast du diese verbrecherischen Grünen gewählt? " Regine bekennt sich "nicht schuldig", Josef muss erklären, was er als Banker tut, und der leidenschaftliche Nichttänzer Fred darf eine Runde Walzer mit Aumeier tanzen, die ihn kurz tröstet: "Das passt, ich bin gehbehindert".

"Die schöne blaue Donau" darf bei einer Strauß-Gala natürlich ebenso wenig fehlen wie die Ouvertüre der Operette "Zigeunerbaron", wunderschön auch "Schenkt man sich Rosen in Tirol" aus dem Vogelhändler von Carl Zeller und viele, viele weitere Operetten- und Walzermelodien, die zu Potpourris verschmolzen werden.

Nach der Pause haben sich die fünf Musikerinnen umgezogen, sind nun sie selbst im schwarzen Abendkleid und haben nur noch ein leises Lächeln für die geifernden Strauß-Frauen aus der ersten Runde übrig. Dafür tritt der Maestro (Andreas Stock) nun sogar leibhaftig auf, um das Quintett zu dirigieren, obwohl Aumeier zu Bedenken gibt: "Den können wir uns gar nicht leisten". Sie können. Und der Radetzkymarsch seines Vaters gelingt mit oder trotz Dirigent genauso gut wie alles zuvor, womit die technisch versierten und ausdrucksstarken Musikerinnen ihr Publikum begeistert haben.

Nach einem Aufruf zu "mehr Respekt und weniger Missgunst" endet ein ebenso stimmungsvoller wie amüsanter Konzert-Kabarettabend mit ernstem Unterton und zwei Zugaben, dem fetzigen Can-Can aus Offenbachs Orpheus in der Unterwelt und Engelbert Humperdincks "Abendsegen".
 

Andrea Hammerl