Offenbau
Protest gegen die Agrarindustrie

Offenbauer Familie Dollinger beteiligt sich an Demonstration in Berlin - Mutter Claudia auf der Bühne

21.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:42 Uhr
  −Foto: privat (4), Hirschberger/dpa

Offenbau/Berlin (HK) Unter dem Motto "Wir haben Agrarindustrie satt" sind am Samstag rund 35000 Menschen - so die Veranstalter - durch das Regierungsviertel in Berlin-Mitte gezogen. Die Demonstration für eine nachhaltigere Landwirtschaft fand parallel zur Ernährungsmesse Grüne Woche statt. Mittendrin unter denjenigen, die den Wandel forderten: die Familie Dollinger aus Offenbau.

Der Biohof Dollinger in Offenbau ist eine echte Besonderheit unter den vielen landwirtschaftlichen Betrieben, die es in der Region gibt: Nicht nur, dass er neuerdings einen eigenen Kindergarten betreibt, er verfolgt seit mittlerweile fünf Jahren auch das Konzept der sogenannten Solidarischen Landwirtschaft: Diese ist ein Zusammenschluss von Produzenten der Landwirtschaft und Verbrauchern; beide Seiten organisieren gemeinsam die Produktion der Lebensmittel und kommen für die realen Kosten auf.

Unverpackt, regional, saisonal: Das sind die Kennzeichen, die für eine nachhaltige Erzeugung stehen. Der Dollingerhof versorgt einmal pro Woche mehr als 500 Mitglieder mit Gemüse, Kartoffeln, Obst, Getreide, Eiern, Fleisch und Milchprodukten.

Wer sich derart engagiert, hat auch in Berlin etwas zu sagen. So war Claudia Dollinger Mitglied im Trägerkreis der Berliner Demo; sie vertrat das Bundesnetzwerk Solidarische Landwirtschaft zusammen mit Judith Hitchman, der Präsidentin von Urgenci. Dies ist die weltweite Vertretung der Solidarischen Landwirtschaft mit ihren mehr als zwei Millionen Mitglieder. Eine Produktion "für Menschen, nicht für Märkte", forderte Dollinger kämpferisch als Rednerin auf der großen Bühne vor dem Brandenburger Tor.

Claudia Dollinger fordert einen Umbau der Landwirtschaft und eine Umverteilung der Subventionen. Die Agrarindustrie sei es nicht, die die Welt ernährt. Weltweit gesehen seien es mit 70 Prozent und mehr vor allem die kleinbäuerlichen Betriebe, die die Menschen satt machten. Diese kleinbäuerlichen Strukturen verschwänden aber nach und nach von der Bildfläche, weil sie mit den Bedingungen des Marktes nicht mithalten könnten, klagte sie an. "Wir wollen einen Systemwandel, keinen Klimawandel", brachte die Offenbauerin es auf den Punkt. Unter dem Beifall von tausenden Demonstranten. Die Agrarindustrie verdränge die kleineren Betriebe und sei einer der Hauptfaktoren, die den Klimawandel und das Artensterben befördern.

Dollinger betonte, dass es nicht um ein Gegeneinander von konventionell und biologischer Produktion gehe. Der Ansatz müsse vielmehr dahin gehen, "gemeinsam die Bedingungen zu schaffen, für eine Landwirtschaft, die den Menschen ernährt, nicht Märkte oder Spekulanten; dass wir die Arten erhalten und die Klimakrise lösen".

Während Claudia Dollinger auf der Bühne mehr Solidarität für Bauern forderte, nahmen ihr Mann Karl und Tochter Marlene am Treckerzug teil. 171 Traktoren aus dem ganzen Bundesgebiet waren nach Berlin gefahren, um für eine Agrarwende zu demonstrieren. Unter dem Motto "Gutes Essen braucht Solidarität" und "Unser Essen darf uns nicht die Welt kosten" organisierte die Solawi Dollinger fürs Netzwerk auch einen Mottowagen der begleitet wurde von zahlreichen Mitgliedern der Solidarischen Landwirtschaft. Nach Berlin mit dem Bulldog gefahren ist die Familie allerdings nicht, Claudia Dollinger zufolge hat sie sich ein Exemplar ausgeliehen. Die engagierte Frau aus Offenbau war nicht nur auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor gefragt, sondern stand auch der Hauptstadtpresse im "Tagesspiegel" Rede und Antwort.
 

Volker Luff