Rohrbach
Politikergschwerl und Essiggurken

Luise Kinseher bietet grandiosen Auftritt beim Zeidlmaier

17.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:02 Uhr
Mit ihrem Programm "Mamma Mia Bavaria" begeisterte Luise Kinseher am Donnerstagabend in Rohrbach. −Foto: Schmid

Rohrbach (PK) Als eines der absoluten Highlights des Kulturprogramms im Gasthof Zeidlmaier war Luise Kinseher in Rohrbach zu Gast.

Sie beschäftigte sich am Donnerstagabend in ihrem aktuellen Programm "Mamma Mia Bavaria" mit bayerischer Landespolitik ebenso wie mit europäischen und weltweiten Entwicklungen - und nimmt dabei in diversen Rollen auch so manche Entwicklung im Alltagsleben aufs Korn, wobei sie ihr Publikum eng mit einbezieht.

Luise Kinseher ist bekannt als Mama Bavaria vom Nockherberg und diversen bayerischen Fernsehserien. Doch wer denkt, sie könne sich nicht als waschechte Preußin verkleiden, wurde gleich zu Beginn eines Besseren belehrt. Mit Trenchcoat verkleidet, eine ältere Besucherin auf der Suche nach ihrem Mann mimend, nimmt sie sofort Kontakt zum Publikum auf. "Auf Fragen antworten, da zieren Sie sich! ", lästert sie. Außerdem vergleicht sie die chinesische Mauer mit der Lkw-Kolonne am Inntaldreieck oder erläutert, warum es sich nicht rentiert, Langstreckenflüge zum Machu Picchu auf sich zu nehmen - um schließlich Platz für Mamma Bavaria zu machen.

"Jahrelang hab ich jetzt hing'redt an des Politikergschwerl", lamentiert Kinseher, schnell resignierend, weil es ja "nichts genutzt hat! " Sie nimmt Söders Weltraumprojekt ins Visier - nicht ohne Aiwangers dialektischen Anteil daran "Holt! Ich will auch in die Rokete! " außer Acht zu lassen -, um später festzustellen, dass Söder das alles sowieso nur deshalb macht, weil er als Kind Captain Kirk sein wollte.

Als Mama Bavaria in der siebten Reinkarnation kann sie ihre Kinder nicht im Stich lassen, meint sie. Kinseher geht geschichtlich auf die einzelnen Wiedergeburten ein und erläutert dabei auch, wie es ihren Götterkolleginnen und -kollegen so geht: "Die Europa habe zu viele Kinder bekommen, Germania sei ausgewandert und Frankonia sei zu Waltraud und Mariechen mutiert - und deshalb werde sie jetzt Bayerische Ministerpräsidentin. " Warum das allerdings nicht möglich ist, erläutert Kinseher eingehend am Beispiel Geiselhörings, ihres Heimatortes, Ilse Aigner, Sisi und dem bayerischen Horoskop, das vom Vatikan unter Verschluss gehalten wird. Über den alten bayerischen Spruch "Wer sich nichts derheirat und nichts derirbt, der bleibt a armer Hund bis a stirbt! " kommt sie schließlich zu den Veränderungen beim Heiraten wie auch zur Beziehung zwischen Mann und Frau selbst im Laufe der Zeit.

Begeistert hängt das Publikum an ihren Lippen, wenn sich Kinseher wortakrobatisch vom Trüffelschaum und Schuhbecks Ingwer über den Heiratsschmuser zu Ludwig II hangelt, um schließlich die Internationalität der bayerischen Sprache darzulegen - nämlich anhand des Satzes "Der Weiberer hockt mit ei'm Flitscherl auf'm Canapé. "

Geschickt zieht sich das Thema "Mama" als roter Faden durchs Programm, "denn die hat ja jeder, auch der Trump, auch wenn sie es bestreitet! " Was sie sofort an "ihren Horsti" erinnert. Was der mit England gemeinsam habe: "gehen und doch bleiben, also to brexit", sagt Kinseher und schwadroniert munter über Heimat, Schweinebraten, Gerüche, Geräusche und Ungeziefer wie Läuse, Borkenkäfer und Flächenfraß.

Da vergleicht sie auch die Welt mit dem Zimmer eines Pubertierenden. "Schau hi, da liegt a toter Fisch im Wasser, den mach' ma hin?", singt sie gemeinsam mit dem Publikum. Im Laufe des Abends zeigt sie noch mit Jodeln und weiteren Liedern ihr gesangliches Talent.

Als Betrunkene im Bademantel philosophiert die niederbayerische Schauspielerin am Beispiel eines Essiggurkerls, warum die Menschen in den letzten 5000 Jahren nicht glücklich geworden sind - und bezieht dabei, teilweise zu deren Leidwesen, ihr Publikum immer wieder mit ein. Von täglichen Gewohnheiten, Gentechnik über das Matheabitur bis hin zu den drei bayerischen Lebensweisheiten: "Leben und leben lassen", "hock di her, dann sind wir mehr" und "a bisserl was geht immer", seien ihre Aufgaben vielfältig und als Mama Bavaria versucht sie einen unsichtbaren schützenden Schirm zu spannen - und erntet dafür tobenden Applaus. In Ihrer Zugabe schlüpft sie in die Rolle der Betrunkenen und führt ihre Mischung von Chi Gong und Schuhplatteln vor - bis zum Abschied: "Ich hab Euch wirklich alle lieb, aber jetzt glangt's a! "

Birgit Schmid