Ingolstadt
Piratiger Aschermittwoch - Nach dem Hype

Deutlich weniger Piraten als im Vorjahr im Ingolstädter Festsaal – Viel Kritik, kaum Aschermittwochs-Spott

13.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:30 Uhr

Der Ingolstädter Bundestagskandidat Andreas Popp in Angriffslaune: „Wenn es darum geht, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, dann ist das sicher die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung.“ - Foto: Ziegler

Ingolstadt (DK) Männer in Lederhosen und Frauen in Dirndl schreiten voran, weiß-blaue Stangen schwenkend, an denen orange Piratenflaggen wehen. Hinter ihnen marschieren die Mitglieder zum Techno-Defiliermarsch in den Festsaal ein. Woanders würden die „Großkopferten“ empfangen und eingeklatscht, sagt Benedikt Schmidt, der Kreisvorsitzende der Ingolstädter Piraten. „Beim politischen Aschermittwoch der Piraten stürmt die Basis den Saal.“

Woanders würden die „Großkopferten“ empfangen und eingeklatscht, sagt Benedikt Schmidt, der Kreisvorsitzende der Ingolstädter Piraten. „Beim politischen Aschermittwoch der Piraten stürmt die Basis den Saal.“

Als einer der Ersten ergreift Stefan Körner das Wort, der bayerische Landesvorsitzende der Piraten. „Wenn man in Bayern an Politiker denkt, dann denkt man als erstes an dieses sich drehende Fähnchen im Wind namens Horst Seehofer“, sagt er. Der Söder wolle Wählerstimmen fangen, indem er gegen den Länderfinanzausgleich und die Griechen poltere. Brüderle sei der heißblütige 67-jährige Hoffnungsträger der FDP. Nach Körner spricht Heide-Marie Weiherer aus Niederbayern über ihre politische Sozialisation: „Ich bin damals bei der CSU gelandet. Ursprünglich aus dem irrigen Glauben, dass ich da was politisch verändern kann.“ Doch ihren damaligen Parteikollegen sei es um Konformität gegangen.

So richtig will der Funke nicht auf die 160 Zuhörer überspringen. Im Vorjahr waren es 240. „Das war noch die Hype-Phase nach der Berlin-Wahl“, sagt Benedikt Schmidt. „Das heute ist der harte Kern.“ Schmidt sagt es ohne Trauer. „Die Piratenpartei ist ein nach innen gekehrter Brummkreisel“, erklärt er. „Das ist ein ständig waberndes Selbstheilungsgebilde.“ Beim Aschermittwoch der Piraten gehe es nun darum, auch wieder auf die anderen Parteien zu schauen. Daher das Motto der Veranstaltung: „The Shitstorm strikes back“.

Doch mit dem Zurückschlagen ist das so eine Sache. Denn der interne Diskurs bei den Piraten funktioniert in der Regel per Twitter oder über andere Internetdienste. Die große politische Rede findet selten statt. Auch braucht es Übung, um die richtige Mischung aus Hybris, Diffamierung und Spott für einen politischen Aschermittwoch zu treffen.

Der Ingolstädter Bundestagskandidat Andreas Popp ist sich dessen wohl bewusst. Statt auf Spott setzt er auf Kritik. Angela Merkel habe ihre Regierung ja als „die beste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“ bezeichnet. Das sei schon richtig. „Wenn es darum geht, möglichst viele Minister aufgrund gefälschter Doktortitel zu verlieren, wenn es darum geht, auf Kosten der Staatsverschuldung mit Milliarden um sich zu schmeißen und sich dabei noch unbeliebt zu machen und wenn es darum geht, dass die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, dann ist das sicher die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung.“ Popp redet sich in Rage. Seine zum Schluss hin immer schneller und lauter vorgetragene Rede endet mit der Feststellung: „Es wird Zeit, dass die Piraten in den Bundestag einziehen“ und dem Bekenntnis: „Mein Name ist Andi. Und ich bin Pirat.“ Applaus brandet auf. In diesem Moment ist es wirklich ein politischer Aschermittwoch.

Von Tom Webel