Schrobenhausen
Physik, Chemie und ein bisschen Bier

Gymnasiasten haben die wohl bayernweit einzige Schul-Brauanlage gebaut

08.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Foto: DK

Schrobenhausen (SZ) Die P-Seminare Chemie und Physik stellten jetzt die Ergebnisse ihrer Arbeit der Öffentlichkeit vor. Die Jugendlichen demonstrierten überzeugend, wie sich Wissenschaft in die Praxis umsetzen lässt. Heraus kamen dabei drei selbst designte Biere und eine schuleigene Bierbrauanlage.

Als Dank für die Unterstützung während der Seminarphase überraschten die Schüler und Schülerinnen des Fachbereichs Physik ihren Lehrer Michael Schindler mit einem T-Shirt. "Physik und Bier - deshalb bin ich hier" steht in großen Buchstaben darauf. Das war eine deutliche Anspielung auf Schindlers Aussage zu Beginn des Seminars: "Wer hier nur herkommt, weil es um Bier geht, kann gleich wieder gehen." Tatsächlich erzählte eine Chemieschülerin in ihrem Vortrag sogar, sie möge eigentlich gar kein Bier. Das sorgte natürlich für Lacher im Publikum, aber macht die eigentliche Motivation der Jugendlichen deutlich: Es geht um das Veranschaulichen von Theorie und vor allem um das Experimentieren - selbstständig etwas auszuprobieren, Zusammenhänge zu durchdenken und die eigene Arbeit zu verbessern, bis das Ergebnis überzeugt.

Das ist beiden P-Seminaren sichtbar gelungen: Die Chemiker und Chemikerinnen - hier sprachen die Jungs übrigens von einem deutlichen "Frauenüberschuss" - testeten an zwei gemeinsamen Brautagen zunächst den Brauvorgang an sich. Unter Anleitung von Lehrer Johannes Kremsreiter dienten ein großer Kochtopf und weitere Haushaltsutensilien dabei als "Brauanlage", chemische Vorgänge wurden betrachtet und konnten am Präsentationsabend einwandfrei referiert werden. Proben der Zutaten Hopfen und Malz in zwei verschiedenen Varianten hatten die Jugendlichen vorbereitet und gaben diese während ihres Vortrages durch die Zuschauerreihen. Nach den gemeinsamen Brauerfahrungen setzten die Jugendlichen dies zu Hause in Eigenarbeit fort und kreierten drei eigene Biere samt Flasche, Etikett, Namen, Marketing-Idee und passendem Speisevorschlag. Isabella Gaßner empfahl etwa zu ihrem "Sassy Stout", das sich am irischen Guinness orientiert, wegen der schokoladigen Note süße Sahnewindbeutel. Dagegen sei das "Summer Ale" von Anja Widhofer eher ein fruchtiges Frauenbier, das zu gegrilltem Gemüse passe. Und Patrizia Heinzmann - das ist die junge Dame, die eigentlich gar kein Bier mag - verlegte sich auf die Entwicklung eines Radlers, bei dem sogar für die Zitronenlimo ein eigenes Rezept entwickelt wurde, und taufte es "Mountain Explorer."

Irgendwann lassen sich die Rezepte des Chemie-Seminars vielleicht in der Brauanlage der Physiker herstellen - versucht wurde das bisher noch nicht. Beeindruckend ist jedenfalls, was die Jungen und Mädchen - auch in diesem Fach waren einige Mädchen dabei, die laut Lehrer Schindler sogar maßgeblich zum Erfolg der Anlage beitrugen - auf die Bühne gebracht haben. Er habe die Schüler sogar manchmal aus der Werkstatt herausschmeißen müssen, weil sie mit der Arbeit gar nicht aufhören wollten, erzählt Schindler. Das ganze P-Seminar war von großem Ehrgeiz gepackt und hatte Glück, denn viele Sponsoren unterstützten die Jugendlichen vor allem mit Material, der Herstellung von Bauteilen und einer Menge Know-how. Sonst hätten sie das extrem kosten- und zeitintensive Projekt kaum meistern können. Deutlich wurde bei der Präsentation, dass die Physiker und Physikerinnen mit viel Überlegung und Struktur an die Aufgabe herangingen. Alles lief von der Handskizze bis zur CAD-Konstruktion in einzelnen Arbeitsgruppen. Das Team Maischebottich baute einen Industrie-Kochtopf um. Das Team Rührwerk entdeckte, dass sich ein Scheibenwischer bestens eignet, um den Rührstab anzutreiben. Das Team Heizung schwenkte aus verschiedenen Überlegungen von einer Ölheizung auf eine Induktionsplatte um. Mit ihren Initialen verewigten sich die Läuterbottich-Teamer auf dem darin verbauten Schlitzboden. Um herauszufinden, wie der optimale Verlauf der Verrohrung sein muss, baute das Team Rohre + Pumpe die Wege mit Duplo-Steinen auf. Die Gegenstromkühlung, die sich eben dieses Team einfallen ließ und dafür viele Berechnungen anstellen musste, ist ein echtes Schmuckstück innerhalb der Anlage, denn sie kühlt extrem schnell. Im Team Steuerung musste Lehrkraft Michael Schindler mit dem Zeichnen des Schaltplanes helfen, den Bau der Anlage mit Rechner und Steuersoftware übernahmen die Teilnehmer selbst.

Eine tolle Anlage ist in der Zusammenarbeit entstanden und schöne Details haben sich die Schüler einfallen lassen. Ein kurzes Stück der Verrohrung ist durchsichtig, so dass man sehen kann, wie die Flüssigkeit hindurchläuft, und der Deckel des Maischebottichs ist aus Plexiglas. Dadurch kann von oben das Rührwerk beobachtet werden. So ließen sich nach der "Enthüllung" der Apparatur die Zuschauer die Funktionsweise aus der Nähe erklären und die Jugendlichen taten dies gern und geduldig - verständlich, dass sie stolz sind auf die einzigartige Schul-Bierbrauanlage.