Zug/Ingolstadt (DK) Der Schweizer Raffineriebetreiber Petroplus hat wegen seiner Finanzprobleme damit begonnen, drei seiner insgesamt fünf europäischen Verarbeitungsanlagen herunterzufahren. Zunächst wird die Produktion im französischen Petit-Couronne bei Rouen gestoppt.
Das könne bis Freitag dauern, sagte gestern Yvon Scornet von der Gewerkschaft CGT. Während auch die Raffinerien in Antwerpen (Belgien) und in Cressier (Schweiz) stillgelegt werden sollen, wird die Produktion in Ingolstadt und im britischen Coryton vorerst aufrechterhalten. „Wir sind mit Rohöl versorgt und wir laufen“, bestätigte eine Sprecherin der Petroplus-Raffinerie Ingolstadt.
Der Betrieb mit rund 330 Beschäftigten und einer Verarbeitungskapazität von täglich etwa 110 000 Barrel (je 159 Liter) wird über die Transalpine Ölleitung (TAL) von Triest aus versorgt. Wie lange die Verarbeitung noch laufen kann, vermochte die Sprecherin aber nicht zu sagen.
In Ingolstadt werden vor allem sogenannte Mitteldestillate hergestellt – also Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin für die Luftfahrt – sowie Schwefel für die Industrie. Mit den drei Raffinerien in Frankreich, Belgien und der Schweiz legt Petroplus Verarbeitungskapazitäten von zusammen 337 300 Barrel pro Tag still. Allein in Petit-Couronne sind etwa 550 Beschäftigte von der Stilllegung betroffen. Insgesamt verarbeitete Petroplus mit etwa 2500 Beschäftigten bislang rund 667 000 Barrel Rohöl pro Tag. Gewerkschafter Scornet sprach in Inforadio France in Hinblick auf Petit-Couronne von einer „versteckten Produktionsschließung“.
Die Anlage verdiene schon seit drei Jahren kein Geld mehr. Petroplus war Ende vergangenen Jahres von den Banken eine Kreditlinie über eine Mrd. Dollar (765 Mio. 1) gesperrt worden. Damit kann Europas größtes unabhängiges Raffinerieunternehmen kein Rohöl mehr am Markt zur Verarbeitung kaufen; eine eigene Ölförderung hat es nicht. Petroplus verhandelt nun mit den Geldgebern über neue Finanzierungsmöglichkeiten.
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