Eichstätt
Open Air am Berg: Haftstrafe für Kassier

32-Jähriger muss für über zwei Jahre ins Gefängnis und über 50000 Euro zahlen - Berufung angekündigt

28.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:04 Uhr
Open Air am Berg - ein Fall für das Amtsgericht. −Foto: Chloupek

Eichstätt/Ingolstadt - In einem Punkt waren sich Gericht und Verteidigung am Mittwoch einig: Untreue ist wegen der typischen Beweisprobleme einer der schwierigsten Straftatbestände.

Das war's dann aber auch schon mit den gemeinsamen Einschätzungen. Während Verteidiger Markus Meier mangels "lückenloser, stringenter und fehlerfreier Beweisführung" einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert hat, sah es das Schöffengericht am Ingolstädter Amtsgericht als erwiesen an, dass der Angeklagte den Großteil der ihm vorgeworfenen Taten begangen hat, verurteilte den ehemaligen Kassier des Vereins, der das Musik-Festival Open Air am Berg bei Eichstätt organisiert, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und blieb damit nur drei Monate unter dem von Staatsanwältin Johanna Harrer geforderten Strafmaß.

Eine Aussetzung zur Bewährung ist bei Strafen von über zwei Jahren von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Wie berichtet, hatte die Staatsanwaltschaft dem 32-Jährigen zur Last gelegt, mit unberechtigten Überweisungen, Barabhebungen und Tankabrechnungen über 70000 Euro veruntreut zu haben. Der Angeklagte hat zwar die Vorgänge als solche nicht bestritten, jedoch behauptet, es habe sich lediglich um die Erstattung vorher getätigter Auslagen gehandelt. Zudem habe er für das Festival erforderliches Wechselgeld getauscht, wobei er zeitweise sogar einen höheren fünfstelligen Wechselgeldbestand in seiner Werkstatt gelagert habe. Das ist nur eine von mehreren Behauptungen, die - wie der 32-Jährige selbst eingeräumt hat - für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar sind.

So ging es auch dem Gericht. Zwar sei es grundsätzlich glaubhaft, dass Aufwendungen erstattet und Wechselgeld beschafft worden seien, sagte der Vorsitzende Stephan Gericke bei der Urteilsbegründung, aber nicht "in der Höhe". Den vom Angeklagten geltend gemachten Aufwendungen seien keine Anschaffungen des Vereins zuzuordnen. Der Verein habe zwar für die Durchführung der Festivals Wechselgeld benötigt. Das erkläre aber nicht angebliche Wechselvorgänge unmittelbar nach einem Festival. Auffällig sei außerdem der enge zeitliche Zusammenhang der Bargeldabhebungen vom Konto des Vereins und Einzahlungen auf dem Privatkonto des Kassiers.

Die Behauptung des Angeklagten, er habe - stillschweigend - dem Verein 17000 Euro Schwarzgeld aus einer Nebentätigkeit geliehen und es sich anschließend wieder zurückgeholt, sei als "Schutzbehauptung" unbeachtlich. "Das Gericht muss Einlassungen ohne objektive Anhaltspunkte nicht glauben", stellte Richter Gericke klar. Als wenig glaubhaft bewerteten die Richter auch die Angaben des 32-jährigen Verwaltungswirts zu fehlenden Unterlagen. Dass Dokumente auf dem Postweg verloren gingen, komme vor. Wenn aber neben dem Versandbeleg auch der PC, auf dem die Abrechnungen gemacht wurden, entsorgt worden sein soll, stelle dies, so Gericke, eine "auffällige Häufung dar.

Zugunsten des Angeklagten habe das Gericht berücksichtigt, dass er keine Vorstrafen hat. Andererseits, so Richter Gericke, habe der Kassier mit seiner gewerbsmäßigen Untreue den gemeinnützigen, vor 25 Jahren gegründeten Verein in kürzester Zeit in die Insolvenz getrieben. Für die 75 (! ) Fälle, die es als erwiesen ansah, ordnete das Gericht außerdem die Einziehung von rund 52000 Euro an. Noch auf der Anklagebank hat der Verurteilte angekündigt, in Berufung zu gehen. Man wird sehen, ob die gemeinsamen Einschätzungen von Verteidigung und Landgericht weiter reichen.

EK

Andreas Müller